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Die Sanierung des Schlosses auf der Pfaueninsel

10. Februar 2023 Von Carlo Paulus

Interview mit Projektleiter Max Daiber, SPSG

Lieber Herr Daiber, nach zwei Jahren Vorbereitungszeit begannen im Herbst 2021 die für die Öffentlichkeit sichtbaren Sanierungsmaßnahmen am Pfaueninselschloss mit der Einrichtung der Baustelle und des Gerüstaufbaus. Was ist seitdem passiert?

Wir haben die Holzverschalung des Schlosses abgenommen, um an das darunterliegende Fachwerk heran zu kommen und weil sie schadhaft war. Anschließend fand eine Sichtung des Fachwerks und in Teilen auch der Dachkonstruktion statt. Das Dach wurde bereits neu eingedeckt und die Brücke zwischen den beiden Türmen mit einem Spezialverfahren saniert. Im Inneren wurde das Treppenhaus restauriert. Dort wurden Risse an den Wänden gekittet und Fehlstellen farblich angepasst. Kleinere Arbeiten fanden auch an den Spiegelrahmen der Wohnräume des Schlosses statt.
 

Wie ging die Abnahme der Holzverschalung genau vonstatten?

Zunächst muss man sagen, dass die Verschalung mit einem asbesthaltigen Anstrich versehen und dadurch kontaminiert war. Das hat dazu geführt, dass wir die Verschalung in einem so genannten Schwarzbereich abnehmen mussten. Auf dem Gerüst wurden hinter einer Plane staubdichte Kammern gebildet, was die Arbeit natürlich sehr erschwert hat. Die Zimmerleute haben dann in Schutzanzügen die Bretter abgedeckt. Sie wurden anschließend in Säcke verpackt und zu einer Deponie gebracht.
 

Was kam unter der Holzverschalung zum Vorschein, wie sieht das Schloss jetzt aus?

Das Schloss hat gerade ein völlig anderes Erscheinungsbild als das, welches die Besucher später zu Gesicht bekommen. Zu sehen ist ein Holzfachwerk, das mit Ziegeln ausgemauert ist. Die Schäden am Fachwerk waren teilweise recht beeindruckend. Wir hatten vor der Sanierung bereits einige Stellen geöffnet, sodass wir wussten, dass es Schäden gibt, aber wir kannten nicht das komplette Ausmaß. An manchen Stellen war von großformatigen Balken fast nichts mehr vorhanden. Dort hatten sich Insekten ihre Höhlen geschaffen und auch Pilze das Holz weitgehend zersetzt.
 

Was bringt die besondere Konstruktion des Schlosses für Herausforderungen bei der Sanierung mit sich?

Das Pfaueninselschloss ist das einzige Fachwerkschloss der Stiftung. Bei dieser Konstruktion ergibt sich ein gewisses Risiko für die Innenräume. Denn wenn saniert wird, ist wirklich nur eine einzige „Haut“ zwischen Innen und Außen. Man muss daher unheimlich aufpassen, dass Baustoffe nicht ins Innere gelangen. Und wenn Zimmerleute einen Riegel oder Pfosten des Fachwerks austauschen, entstehen Schwingungen, die sich auf keinen Fall ins Innere übertragen dürfen, sodass es dort zu Rissbildungen kommt. Besonders gefährdet sind die Putzoberflächen in den Innenräumen, darunter auch die Deckengemälde. Die Papiertapeten oder textile Wandbespannungen können schon mehr aushalten. Eine weitere Herausforderung bei der Sanierung ist natürlich die Insellage der Baustelle. Wir haben insgesamt nicht viel Platz auf der Baustelle, denn die Pfaueninsel ist ein Naturschutzgebiet und ein Gartendenkmal. Jeder Transport auf und von der Insel muss im Vorfeld gut geplant sein.
 

Zurück zum Fachwerk: Wenn nun ein Balken entdeckt wird, der zerfressen ist, wird er dann komplett ausgetauscht?

Es wird versucht, nicht den ganzen Balken oder die ganze Schwelle auszutauschen. Man versucht eigentlich nur, das wirklich geschädigte Holz herauszunehmen, um die alte Konstruktion zu stärken und so viel wie möglich von ihr zu behalten.
 

Hat die Abnahme der Holzverschalung auch bauhistorische Erkenntnisse gebracht?

Ja, wir haben einen Bauforscher mit eingebunden, der das Alter des Holzes kartiert hat. Er hat durchaus Erkenntnisse gewonnen, in welchen Bereichen beispielsweise bereits in den 1970er Jahren schon Holz ausgetauscht wurde und in welchen Bereichen noch das alte Holz aus dem 18. Jahrhundert vorhanden ist. Diese Dokumente werden wir natürlich archivieren, da sie möglicherweise in Zukunft noch von Interesse sein könnten.
 

Die Schalung wurde abgenommen, die Schäden wurden kartiert – was sind die nächsten Schritte?

Die Schäden am Fachwerk wurden mittlerweile alle behoben. Der nächste Schritt ist nun die neue Holzverschalung, dafür wurde die Unterkonstruktion auch schon vorgerüstet und jetzt wird demnächst die Bretterverschalung angebracht. Im Moment verständigen wir uns mit den Tischlern noch über gewisse Details an den Fenstern. Anschließend wird die neue Holzverschalung nach und nach montiert. Sie war beim Maler und ist bereits zweifach beschichtet. Der letzte Anstrich erfolgt, wenn alles angebracht ist und danach werden noch die Fugen aufgemalt, die der Fassade ja den Anschein eines Mauerwerks geben sollen. Und dann kann das Gerüst auch schon abgebaut werden – das heißt, voraussichtlich im Herbst dieses Jahres wird man das Ergebnis der Fassadensanierung sehen können!
 

Aus welchem Holz ist die neue Verschalung?

Das Material nennt sich „Accoya“, dies ist ein Markenname für veredeltes Holz. Dabei handelt es sich vorwiegend, aber nicht zwingend, um Holz einer bestimmten, ursprünglich aus Neuseeland stammenden Kiefernart, in das bei hohen Temperaturen Essigsäure eingebracht wird, die das Holz feuchtigkeitsresistent macht. Das Verfahren kam 2007 auf den Markt und hat sich seitdem sehr bewährt.
 

Das heißt, obwohl es sich um eine Restaurierungsmaßnahme nach historischem Vorbild handelt, steckt auch durchaus moderne Technologie darin, richtig?

Ja, das ist auch bei der Eisengussbrücke der Fall. Hier haben wir auch ein Spezialverfahren angewendet, das „Metalock-Verfahren“. Dabei werden Riegel in die Rissnähte quer zum Riss eingesetzt und anschließend Schraubgewinde entlang der Rissnaht eingeschraubt. Das Verfahren führt dann zu einer großen Festigkeit. Wir haben zuvor viele Verfahren getestet, aber „Metalock“ war am Ende die einzige Vorgehensweise, die man für die Eisengussbrücke anwenden konnte. Dennoch wird die Brücke nach Abschluss der Sanierung für Besucher nicht begehbar sein, das wäre weiterhin eine zu große Belastung. Aber für Revisionszwecke wird man sie wieder begehen können.
 

Was stehen im Inneren des Schlosses für Maßnahmen an?

Im Inneren führen wir hauptsächlich Konservierungsmaßnahmen, keine größeren Restaurierungen, durch. Ausnahme ist das schon erwähnte Treppenhaus, das wir in das ursprüngliche Erscheinungsbild zurücksetzen, wobei auch dieses bereits eine Zweitfassung aus dem frühen 20. Jahrhundert ist. Ansonsten wird nur konserviert und ein Laie kann danach im Grunde nicht wirklich erkennen, dass etwas passiert ist. Es gibt einzelne Maßnahmen an Textilien, an den Papiertapeten, an der Holzvertäfelung sowie an den Holzfußböden, die im Wesentlichen in diesem Jahr stattfinden.
 

Nach Abbau des Gerüstes ist die Sanierung aber keineswegs beendet…

Genau, es wird danach noch immer ein Bauzaun um das Gebäude stehen, da es mit der Abdichtung des Kellersockels weitergeht. Der Keller hatte bisher keine Abdichtung, aber wir haben festgestellt, dass von unten Feuchtigkeit ins Gebäude vordringt, was zu Schäden an den Fußböden im Erdgeschoss führen kann. Dieses Risiko wollen wir in Zukunft nicht mehr eingehen und daher haben wir uns nach längeren Abwägungen dazu entschieden, horizontale und vertikale Abdichtungen einzubringen, Edelstahlbleche im Mauerwerk und außen eine Dichtschlämme. Das ist noch eine etwas größere Maßnahme, die voraussichtlich im Frühjahr 2024 ansteht. Anschließend müssen die Außenanlagen wiederhergestellt werden und dann muss das ganze Mobiliar, das derzeit in Charlottenburg gelagert wird, wieder zurück ins Schloss gebracht werden, was bis Ende 2024 andauern wird. Von einer Fertigstellung könnte man dann Ende 2024 ausgehen, sodass wir das Schloss aller Voraussicht nach zum Saisonbeginn 2025 wieder für Besucher öffnen können.
 

Werden die Besucher:innen denn von außen sichtbare Unterschiede zum Vorzustand sehen können?

Das ganze Schloss wird zunächst wie neu erstrahlen, weil ja eigentlich fast alle Oberflächen neu gefasst sein werden, abgesehen von den Natursteinoberflächen. Wobei sich dieser Effekt nach einigen Monaten auch wieder abmildern wird, da eine natürliche Patina entsteht. Im Gegensatz zur Sanierung in den 1970er Jahren bringen wir dieses Mal eine Ölfarbe, keine Kunstharzdispersionsfarbe auf. Die Ölfarbe altert auf eine angenehme Art, sie bleicht sozusagen ein wenig aus und sie wird nicht so stark verschmutzen.
 

Nun noch ein paar Fragen zu Ihrer Person: Was genau sind in der SPSG und konkret bei diesem Projekt Ihre Aufgaben?

Bei der SPSG bin ich in der Abteilung Architektur tätig und arbeite als Projektleiter. Ein Projektleiter vertritt den Auftraggeber, also die SPSG, gegenüber den Gewerken. Das heißt, dass ich die ganzen Planungs- und Bauverträge ausschreibe und nachher kontrolliere, ob die vertraglichen Pflichten eingehalten werden. Als Projektleiter stellt man zudem innerhalb der Stiftung ein Projektteam zusammen, in dem die Anforderungen aus den jeweiligen Fachabteilungen zusammengetragen werden. Und dort hat der Projektleiter die Aufgabe, nach einer zufriedenstellenden Lösung zu suchen, wenn es beispielsweise Zielkonflikte gibt, weil sich Anforderungen unterschiedlicher Fachkollegen widersprechen. Außerdem vertritt der Projektleiter auch die denkmalpflegerischen Belange der Stiftung gegenüber anderen Behörden, wie beispielsweise Naturschutz- oder Wasserschutzämtern, und hat auch hier die Aufgabe, nach einvernehmlichen Lösung zu suchen.
 

Leiten Sie mehrere Projekte gleichzeitig?

In der Regel werden von einem Projektleiter ein bis zwei Projekte zeitgleich, je nach Größe, bearbeitet. Die Projekte dauern ja meist einige Jahre. Mein derzeit zweites Projekt ist die Sanierung der Meierei am Kuhtor im Park Sanssouci.
 

Wie ist Ihr Werdegang; wie sind Sie zur Stiftung gekommen und was waren hier ihre bisherigen Projekte?

Ich habe Architektur an der TU Berlin studiert, anschließend als Architekt gearbeitet und dann ein Referendariat beim BBR – Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung – gemacht. Dort habe ich im Projektmanagement der Museumsinsel meine Liebe zum Denkmal entdeckt. Diese Verbindung aus Projektmanagement und Denkmalpflege war gewissermaßen auch ausschlaggebend, mich bei der SPSG zu bewerben. Hier bin ich nun seit 2008. Eines meiner ersten Projekte war die Sanierung des Schlosses Babelsberg, die ich geleitet habe.
 

Eine letzte Frage: Macht es einen Unterschied, wenn das Projekt, an dem man arbeitet, nicht nur ein „normales“ Baudenkmal, sondern auch Teil eines UNESCO-Welterbes ist?

Zunächst die fachliche Antwort: Jedes Denkmal, ob UNESCO-Welterbe oder nicht, hat die gleiche Aufmerksamkeit verdient, insofern macht es eigentlich keinen Unterschied. Dennoch spürt man bei der Arbeit an einem solchen Projekt natürlich das besondere Augenmerk der Öffentlichkeit – allerdings als Herausforderung, die man gerne annimmt und als zusätzlichen Ansporn begreift!
 

Lieber Herr Daiber, vielen Dank für das Gespräch!

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