Wettbewerb zur Erneuerung des Wandbildes am Schloss auf der Berliner Pfaueninsel

Online-Präsentation der Beiträge

Das Schloss auf der Berliner Pfaueninsel wurde in den Jahren 1794 bis 1795 unter Leitung des Hofzimmermeisters Johann Gottlieb Brendel im Auftrag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. (1744-1797) errichtet. Bei dem pittoresken Bauwerk handelt es sich um ein eingetragenes Denkmal nach dem Berliner Denkmalschutzgesetz sowie um einen bedeutenden Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“.

Seit 2020 wird für das Pfaueninselschloss von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms 2 (SIP 2) eine Generalsanierung durchgeführt, die 2025 abgeschlossen werden soll. Einen besonderen Umgang erforderte dabei die Holzverkleidung der Fassaden. Sie wies bei allen vorherigen Maßnahmen jeweils eine begrenzte Lebensdauer auf und musste in entsprechenden Intervallen erneuert werden. Der konzeptionelle Schwerpunkt des aktuellen Sanierungsprojekts liegt in der Fortführung dieses historischen Wechselzyklus und in der Behebung eventueller Baufehler früherer Maßnahmen. Die letzte, in den 1970er Jahren durchgeführte Gesamtsanierung wird dabei als eine besondere Leistung der West-Berliner Denkmalpflege respektiert. Folgerichtig wird das überkommene äußere Erscheinungsbild möglichst weitgehend erhalten, beziehungsweise entsprechend wiederhergestellt. Das gilt auch für den Umgang mit dem 1974/75 von dem Berliner Künstler Thomas Harndt ausgeführten Wandbild an der Südwestfassade des Schlosses, welches aufgrund seines schlechten Erhaltungszustandes fachgerecht eingelagert werden musste.

Bereits zur Erbauungszeit des Schlosses existierte ein Wandbild in der Bogennische an der weithin sichtbaren Hauptansichtsseite des Bauwerks. Ausführender Künstler war der aus Livorno stammende Architektur-, Landschafts- und Dekorationsmaler Peter Ludwig Burnat. Auf Zeichnungen, Gemälden und Druckgrafiken des frühen 19. Jahrhunderts ist das ungefähre Aussehen des Wandbilds überliefert: Es zeigte einen Ausblick durch einen gemauerten Rundbogen mit hochgezogenem Fallgitter in eine parkartige Landschaft. Auf diese erste Fassung bezog sich später dann auch das Wandbild der 1970er Jahre.

Die aktuell in der Bogennische am Pfaueninselschloss vorhandene Leerstelle wird im Zuge der Hüllensanierung wieder geschlossen werden. Dabei soll das Wandbild von Thomas Harndt jedoch nicht kopiert, sondern in einer mit der Entstehung in den 1970er Jahren vergleichbaren Herangehensweise als zeitgenössische Interpretation erneuert werden. Unter Berücksichtigung der ursprünglichen Gestaltungsidee soll dabei das Konzept der Illusionsmalerei, die durch einen gemalten Torbogen hindurch nicht etwa den Blick in einen Innenraum, sondern den Ausblick in eine Landschaft vortäuscht, Anwendung finden.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde von der SPSG ein Einladungswettbewerb für Künstler:innen aus dem Bereich der Theater- und der Wandmalerei durchgeführt. Die Verfahrensform eines nichtoffenen Wettbewerbs mit vorgeschaltetem zweistufigen Einladungsverfahren wurde gewählt, um die gewünschte Qualität und Eignung der Teilnehmenden sicherzustellen und die Teilnehmerzahl sinnvoll zu begrenzen.

Die vier eingereichten Wettbewerbsbeiträge wurden am 03.07.2024 durch ein interdisziplinär besetztes Preisgericht intensiv diskutiert, bewertet und schließlich prämiert, wobei für den Siegerentwurf auch eine Realisierungsempfehlung ausgesprochen wurde. Die Realisierung wird in die aktuelle Sanierungsmaßnahme integriert werden und ist für das Frühjahr 2025 geplant.
 

Die Online-Präsentation zeigt im Folgenden die vier Einreichungen des Wettbewerbs.

Downloads

1. Platz: Julia Heinisch & Frederic Sontag (Video.Sckre), Linz/Ludwigsburg

Tarnzahl 1002, Kennzahl 2727
 

Wir blicken an dem alten Stamm der Tilo-Eiche mit ihrer sperrigen Holztür vorbei durch einen grünen Laubtunnel im Spätsommer. Sonnenflecken spielen auf den unterschiedlichen Strukturen der Baumstämme und Blätter. Ähnlich wie das Geheimnisvolle, dass sich im Inneren der Eiche verbergen mag, lockt den Betrachter auf einer Lichtung in der Ferne der exotische Anblick des Palmenhauses mit Kuppel und die abstrakte Form des geometrisch angelegten Futterschirms in der Hirschbucht. Das Palmenhaus wurde bereits in mehreren Ansichten von Carl Blechen festgehalten.
Neben seinen zahlreichen romantischen Ideallandschaften ist für uns vor allem Blechens Ölbild „Die Wälder bei Spandau“ von 1834 stilistischer und vor allem atmosphärischer Ausgangspunkt. Der Blick durch einen märchenhaften Wald steht nun ganz im Zentrum des Schlossbogens. Sonnengeflutete Flächen lenken die Aufmerksamkeit auf verschiedene Details des Wandbildes, um schließlich das Auge ins Zentrum mit seinen architektonischen Bauwerken zu führen. Verschiedene Laubbäume (Eiche, Buche) rahmen das Bild und dienen dem Betrachter als einführendes Element. Zwischen dem Dickicht finden sich Vertreter der zahlreichen angesiedelten Vogelarten der Insel wieder. Wie beispielsweise Kraniche sowie die Namenspatrone der Insel – die Pfauen. Die Vögel sind am Waldboden auf Nahrungssuche oder ruhen entspannt.
Ergänzend zu den Vorgängerbildern soll diese Version die romantische Idealvorstellung von Natur und Waldleben hervorheben, die der Insel und ihrer Baugeschichte inhärent sind.
Farblich dominieren hellere Farben, als es bei Blechens Waldansicht der Fall ist. Die Farbskala zieht sich von einem partiell satten Grünspektrum über gedecktes Umbra hin zu changierenden Lichttönen. Ein erdiges Tonspektrum findet sich in der Rahmung der Bäume wieder.

Der Entwurf mit der Tarnzahl 1002 zeigt einen von sich oben berührenden Bäumen gerahmten Blick in eine ferne helle Landschaft. Durch die Pfauen im linken Vordergrund und die Tilo-Eiche rechts ist die Szene in der Pfaueninsel verankert, bis in die Ferne sind Elemente der Pfaueninsel in die Landschaft integriert. Ein gemalter rustizierter Bogen verbindet die Szene mit der realen Architektur des Schlosses. Die Gesamtkomposition ist laut Text der Künstler:innen an Blechens Blick auf Spandau orientiert. Wie dessen Gemälde verbindet dieser Entwurf den romantischen Blick in die gerahmte Ferne mit einer klaren topografischen Verortung, hier auf der Pfaueninsel.
Die inhaltlichen Bezüge werden durch das Preisgericht als gelungene Auseinandersetzung mit der Entwurfsaufgabe bewertet. Lediglich über die Tilo-Eiche wird kontrovers diskutiert: Einerseits ein inhaltlich starker und für das Waldmotiv präziser Bezug zur Pfaueninsel; andererseits wird der eigentliche Entdeckungsmoment auf der Pfaueninsel hier nun vorweggenommen.

Die Landschaft ist hell, mit starken Schatteneffekten und einer Palette zwischen Gelb-Orange und einem leuchtenden Blau dargestellt, was einem ungebrochen naturalistischen Eindruck entgegenwirkt und gleichzeitig einen sommerlichen Eindruck erweckt. Der Farbauftrag ist in Strichen und kleinen Flächen mit klaren Umrissen organisiert. Aus der Nähe betrachtet entstehen dadurch reizvolle, abstrakte Wirkungen, ohne das Sujet der Landschaft in Frage zu stellen. Der freie und gleichzeitig präzise Farbauftrag offenbart reizvolle grafische Wirkungen auch in Details. Seine besondere Qualität wird durch die Jury besonders hervorgehoben und ist von zentraler Bedeutung bei ihrer Entscheidung für diesen Entwurf.

Die freie Qualität des Farbauftrags steht in einer gewissen Spannung zu den überdeutlichen, fast comichaften Bezügen auf Objekte der Pfaueninsel. Ob diese überdeutlichen Bezüge eine märchenhafte oder ironische Qualität besitzen – oder ob sie als zu direkt und ungebrochen rezipiert werden, wurde intensiv erörtert. Die Jury schlägt den Künstler:innen vor, diese Frage noch einmal zu stellen und gegebenenfalls zu diskutieren.

2. Platz: Anna Reiser & Ida Binkert, Basel

Tarnzahl 1003, Kennzahl 2805
 

Die Gestaltungsidee basiert auf einem illusionistischen Ansatz, bei dem eine gemalte Erweiterung eines bestehenden Torbogens den Blick auf eine Landschaft freigibt.
Dieses Konzept nimmt Bezug auf die Entstehungsphase des Schlosses um 1800, als König Friedrich Wilhelm Il. die Pfaueninsel erwarb, sowie auf die kulturellen Strömungen der Romantik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der kulissenhaft anmutenden Ruinenarchitektur des Lustschlosses.
Das Wandbild von Thomas Harndt, das in der Renovierungsphase in den 1970er Jahren entstand, dient als zusätzliche Inspiration.

Auf dem Entwurf wird eine Landschaft abgebildet, die einem Naturraum auf der Insel vor der Umgestaltung zum Landschaftspark durch Peter Joseph Lenné ab 1816 entspricht. Diese unberührte Naturwelt ist auch in den Innenräumen des Lustschlosses, wie in dem „Otaheitischen Kabinett“, erkennbar. Dort sind Ausblicke auf eine exotisch verfremdete Havellandschaft abgebildet. Anstelle eines exotischen Naturraumes fokussiert sich die Landschaft auf dem Entwurf auf eine reale heimische brandenburgische Umgebung, die mit ihren See- und Flusslandschaften als eine beliebte Region zur naturnahen Erholung gilt. Die Wahl des Motivs reflektiert damit das Gedankengut der Romantik, in der die Natur als Rückzugs- und Sehnsuchtsort vor der Industrialisierung betrachtet wurde.
Ein weiterer historischer Bezugspunkt ist der Künstler Carl Blechen, einer der bedeutendsten Landschaftsmaler der Romantik, der von 1832 bis 1834 das „Innere des Palmenhauses“ im Auftrag von König Friedrich Wilhelm III. malte.
In seinen Werken integrierte er die emotionale Tiefe und das Naturverständnis der Romantik mit einer innovativen Verwendung von Licht und Farbe und schuf damit eine Brücke zwischen der Romantik und dem späteren Impressionismus. Sein Schaffen demonstriert eindrucksvoll, wie die Natur durch das Spiel von Licht und Schatten eine besondere Tiefe und Lebendigkeit erhält, Merkmale, die im eingereichten Entwurf integriert wurden.
Die Entwurfsgestaltung greift zudem die Idee der romantischen Ruinenarchitektur des Schlosses auf. Statt eines zweiten Torbogens, wie auf dem Wandbild von Thomas Harndt abgebildet, wird die bestehende Laibung des Torbogens durch die Darstellung verfallenen Mauerwerks einer Ruine malerisch erweitert. Diese Gestaltung soll die Idee einer inszenierten Kulisse unterstreichen, mehr Tiefe schaffen und eine stimmige Illusion auch von verschiedenen Standpunkten erzeugen.
Der Blick auf die gemalte Laibung des Torbogens ist frontal mit einem etwa mittigen Horizont, der auf Augenhöhe einer durchschnittlich großen Frau in Deutschland (1,66 m) liegt. Die Entscheidung für die Zentralperspektive lässt die Landschaft mehr Raum einnehmen.

Für die Realisierung wird eine halbdeckende Malweise mit impressionistischem Duktus verwendet, ohne die Glaubhaftigkeit eines Trompe-l’œils zu verlieren. 

Der Entwurf mit der Tarnzahl 1003 weist dem Betrachter einen Standpunkt in einer fiktiven, grottenartigen Ruine zu, aus der er in eine sommerliche Gewässerlandschaft blickt. Die illusionistisch gemalte Rahmung aus Fels und verwittertem Haustein schließt unmittelbar an den realen, architektonischen Rahmen des Torbogens des Schlosses an. Das Auge schweift über Ufergewächse mit gelben Blüten auf eine Wasserfläche, in der sich die verschiedenen Baumgruppen des Hintergrundes spiegeln. Am rechten Bildrand führt ein Weg direkt in die Tiefe des Bildes. Eine große Wolkenformation lockert den blauen Himmel auf. Die reiche Vegetation und die Laubfärbung suggerieren Hochsommer.

Für die Komposition, die mit den Worten des Urhebers oder der Urheberin „auf eine reale heimische brandenburgische Umgebung, die mit ihren See- und Flusslandschaften als eine beliebte Region zu naturnahen Erholung“ fokussiert, wurde bewusst eine Zentralperspektive gewählt, um dem Bild mehr Raum und Tiefe zu geben.

Die Jury lobt den Diskurs von Natur und Kultur, der aus der Gegenüberstellung von Fels (wie er als solcher zumindest in der Skizze erkennbar scheint) und architektonischer Quaderung spricht. Dies ist eine gelungene Anspielung auf ein vieldiskutiertes Thema aus der Erbauungszeit des Schlosses. Auch die Spannung zwischen realer und fiktiver Welt, die daraus entsteht, dass sich der Betrachter in einem durchgestalteten Gartenbereich befindet und auf eine Art unberührte „Urlandschaft“ der Havel blickt, wird positiv hervorgehoben. Das dadurch angeregte Nachdenken über Perfektion und Zerfall, über heute und morgen, erfährt zudem eine Parallele in der indifferenten Wetterlage des Entwurfs, der über den Sonnenschein hinaus auch Wolken zeigt. Dies ist für die Wirkung der Illusion nicht unwesentlich, zumal das Bild aus verschiedenen realen Witterungsbedingungen heraus erlebt wird. Die Frage, wie sinnvoll es sei, sozusagen durch das Schloss hindurch wieder auf Wasser zu blicken, obwohl sich hinter dem Gebäude deutlich wahrnehmbar die Insel erstreckt, bleibt als Bemerkung stehen.

Vorbehalte ergeben sich in Bezug auf den gewählten Malduktus des Bildes. Die effektvoll verschwärzten Schattenakzente im Bereich der Pflanzen auf der 1:1-Probe, wie auch die pastos wirkende alla prima-Malerei sind gestalterische Elemente einer im Charakter spätromantischen Landschaftsmalerei. Der Urheber oder die Urheberin bezeichnet die Malweise selbst als „impressionistischen Duktus“. Dadurch drängt sich die Assoziation „Ölgemälde“ in den Vordergrund. Als Konsequenz steht die Objekthaftigkeit des Bildes über seiner angestrebten Illusionswirkung. Es wirkt, so die Befürchtung der Jury, zu mächtig für die filigrane, grafische Fassadengestaltung des Schlosses. 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die konzeptionellen Ansätze der Komposition und des Bildinhaltes positiv eingeschätzt werden, dass aber die Art der technischen Umsetzung nicht überzeugt und für diesen sensiblen Ort unpassend erscheint.

3. Platz: Dietrich Richter & Uta Matauschek, Potsdam/Dresden

Tarnzahl 1004, Kennzahl 4120

Genese der Bildidee:
Ausgangssituation ist die zeitgeschichtliche Rezeption (Antikenrezeption) durch Winckelmann’sche Forschungen der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts und Vorbilder, wie die damals topmoderne Anlage in Wörlitz mit Park, der neuen Architektur und ihre gegenseitige metaphorische Einbindung.

  • Anmutung einer mittelalterlichen Burgruine (neogotisch) mit Torbogen inmitten einer unberührten schönen Landschaft als gestalterische Verknüpfung von Architektur und Natur-Idyll
  • Blickfang durch Sichtachsen: Bezugnahme zum Marmorpalais mit dem Neuen Garten und einer Insel als Ideal eines individuellen Sehnsuchts- und Rückzugsortes

Die illusionistische Malerei mit dem Torbogen soll in einen imaginären Landschaftsraum führen, welcher der eigenen Vorstellung und Fantasie Platz einräumen darf. Es gibt keine weiterführende Erzählung, aber die Landschaft eröffnet Assoziationsräume, die im Betrachter Empfindungen auslösen angesichts einer Sehnsucht nach unberührter Natur der idealen Landschaft.
Natur als Bindeglied zwischen Vergangenheit (Schlossruine) und Gegenwart.

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz, Theorie der Gartenkunst, 1777;
...Landschaft als Ensembles von ästhetisch wirksamen Naturerscheinungen, die in ihrem Zusammenwirken hochkomplexe, aber harmonisch zusammenstimmende psychische Wirkungen erzeugen...
„Das Naturschöne konstituiert sich aus dem Verhältnis zwischen bestimmten Qualitäten der Gegenstände und diesen Qualitäten entsprechendem Rezeptionsvermögen der Menschen.“

Unser Entwurf beinhaltet:

  • Bezug zur Schlossfassade durch die neogotische Gestaltung des Fallgitters
  • Wasser und Brücke: metaphorisch für die Insel als Symbol der Abkopplung
  • Wasser als Spiegelung des Himmels für die Möglichkeit, mehr gestalterisches Licht/Reflexion in die Abschattung der Wandnische einzubeziehen
  • Bewachsene Ranke am Fallgitter als Reminiszenz an Zeichnung von Fintelmann von 1810 sowie Bezugnahme auf Rankmotive der textilen Wandbespannungen in den Innenräumen
  • Gliederung des Torbogens durch gemalte Fortsetzung der Fassadengestaltung mittels einer „steinernen“ Laibung mit Halbrundstab für eine feingliedrigere Wirkung (siehe Skizzenblatt A)
  • Bildnerische Auffassung der Bäume/Vegetation orientiert sich an Landschaftsmalern um 1800; Vorbilder u.a. Jakob Philipp Hackert

Der eingereichte Entwurf mit der Kennzahl 1004 zeigt einen Blick durch eine malerisch imitierte Torlaibung auf eine Wasser- und Uferlandschaft mit vereinzelten Laubbäumen. Links durch eine Rosenranke und oben durch ein Fallgitter begrenzt, führt auf der rechten Seite des Entwurfs ein weißer Pfau in die Komposition. Der Blick wird über sandige Pfade zu einer im Mittelgrund befindlichen Bogenbrücke gelenkt. In weiter Ferne scheinen sich Hügel oder Gebirge anzuschließen.

Der Entwurf hat eine liebliche, märchenhafte Wirkung. Der gemalte Gewändebogen und das Falltor weisen gotisierende Elemente auf und finden darüber eine Verbindung zu den baulichen Elementen des Schlosses. Die Referenzen zum 18. Jahrhundert und die Reminiszenzen an die Umgebung sind nicht motivisch umgesetzt, sondern werden atmosphärisch wachgerufen. 

Das 1:1 umgesetzte malerische Detailbeispiel wirkt handwerklich sehr versiert. Es ist ein klarer Rhythmus zwischen malerischer Auflösung und graphischer Dichte eingesetzt worden.

Zwischen Entwurf und Detail besteht eine große Diskrepanz in Farbigkeit und Kontrast, so dass nicht klar wird, welche Art der Ausführung angestrebt wird. 
Kompositorische Bedenken ergeben sich aus zum Teil unklaren Größenverhältnissen (z.B. der Bäume) zueinander und zur Umgebung des Schlosses, ungünstigen Tiefenstaffelungen, wie dem Stein vor der Baumwurzel und dem Baum hinter (auf) der Brücke. Die Abfolge heller und dunkler Partien auf der linken Seite folgt einem eher redundanten Rhythmus. 

Aufgrund dieser Einschätzung und der nicht konsistenten Lichtführung bestehen Bedenken, ob dieser Entwurf in der Fernsicht überhaupt eine Wirkung entfaltet. Insgesamt erscheint der Entwurf eher konventionell und ungebrochen romantisierend. Aufgrund satter Farbgebung und zunehmender Abdunklung zum Rand der Komposition trennt sich das Motiv stark von der hellen Fassade, wodurch der Eindruck einer Rahmung gefestigt wird. 

Es bestehen Fragen, was mit der im Entwurf gemalten Laibung gemeint ist. Sollte diese gemalt werden, bliebe auf dem Boden ein nicht gestalteter weißer Streifen übrig. Sollte die gebaute Laibung gemeint sein, so ist der Entwurf im Maßstab zu klein ausgeführt.

4. Platz: Heike Isenmann & Michael Lenz, Potsdam

Tarnzahl 1001, Kennzahl 2318

„Pfaueninsel! Wie ein Märchen steigt ein Bild aus meinen Kindertagen vor mir auf.“ Dieser Satz aus Fontanes Reisebeschreibungen erzählt von der Magie der Insel, die bis heute gilt. Mit ihren „überschattete[n] Wiesen; Schlängelpfaden, die überall hinführen und nirgends; ein rätselvolles Eiland, eine Oase, ein Blumenteppich inmitten der Mark“ Brandenburg.
Diese idyllische Oase, fernab von der Rauheit des Alltags, möchten wir mit einem märchenhaften Entwurf hervorheben. So ermutigte uns der Torbogen – einer Glasschneekugel gleich – eine Illusion zu zeigen, in welcher sich eine imaginäre Welt eröffnet. Deshalb nehmen wir die bis zum Neuen Garten reichende Fernwirkung des Schlösschens in unsere Gestaltungsidee auf und wiederholen einen verwunschenen Blick auf die abgelegene Idylle des Palais am Heiligen See. So entsteht einerseits ein historischer Bezugspunkt, jedoch ohne geografische Realität. Die Horizontlinien der mäandernden Havellandschaft im Rundbogen sind dabei dem Horizont der Havel optisch angepasst. Andererseits wird den Betrachtenden eine Weite mit einer Sichtachse zu dem märchenhaft gelegenen Lustschlösschen eröffnet und es entsteht eine romantische Szenerie, die zum Fotografieren einlädt, vergleichbar mit einem Studio für Porträtfotografie.

Ob der kleine rote Splitter auf der Stufe als Rubinglas des Alchimisten Johannes Kunckel entdeckt und mit der Goldmacherei verbunden wird, wissen wir nicht, doch gibt es vielerlei Bezüge zur Inselgeschichte in unserer Malerei zu entdecken. Ein Ausblick vorbei an Durchbrüchen von bewachsenen Bambusgittern und üppigen Weinranken beschreibt, angelehnt an das Otaheitsche Kabinett, die Sehnsucht nach Exotik. Wie durch die Durchbrüche der Zinnen des Ruinenbaus die Baumkronen frei gegeben werden, erlaubt die Malerei durch die Weinranken einen Blick auf die Insel. Motive zum Schloss Paretz greifen den Traum von der ländlichen Idylle auf. Hortensien, ernannte Lieblingsblumen der Königin Luise, die auf der Insel aus Versehen durch Schilfdünger blau gezüchtet wurden, wuchern links zum nahen Ufer, rosige Blüten auf der rechten Seite weisen die Richtung zum mannigfaltigen Rosen-Irrgarten. Ein aus den Gräsern auftauchender verschlungener Weg führt den Blick in die Bildmitte, in der das Schloss, eingebettet von schattigen Wiesen, auf der nahen Insel thront. Ein Hauch von Schinkels Himmelsgewölbe aus dem Bühnenbildentwurf für den Auftritt der Königin der Nacht im ersten Akt der Zauberflöte lässt die unterschiedlichen Motive malerisch miteinander verschmelzen. Gleichzeitig wird dadurch auch der damalige Zeitgeist mit der philosophischen Suche nach Zusammenhängen zwischen Gott, Mensch und Kosmos, zwischen Mystik, Magie und dem Glauben an geheime Naturkräfte aufgegriffen.

Als Künstler möchten wir in unserer Illusionsmalerei die Geschichtsjahre der Insel malerisch miteinander verbinden, begonnen beim versteckten Kaninchen, Symbol aus der ersten Erwähnung der Insel Kaninchenwerder. Bis hin zum Flügelschlag eines Schmetterlings.

Bei der Realisierung des Entwurfes setzen wir eine leichte, fast skizzenhaft anmutende Alla-Prima-Malerei mit impressionistischer Wirkung ein, arbeiten mit gebrochenen sanften Farben sowie dem Spiel des Lichts. Die historischen Elemente werden integriert und mit eigenem Pinselduktus und eigenen Techniken umgesetzt.

Der Entwurf mit der Tarnzahl 1001 zeigt einen Blick durch beidseitig rahmende, bewachsene Zaun- und Rankelemente hindurch auf eine idyllische Szenerie. Am Fuße des detailreich ausgebildeten Vordergrundes befindet sich eine steinerne Schwelle. Im Mittelgrund windet sich ein schmaler Weg durch eine Uferlandschaft. Im Hintergrund öffnet sich der Blick auf eine weite Gewässerlandschaft mit dem im Bildzentrum platzierten Pfaueninselschloss auf einer kleinen Insel und dem Marmorpalais am Ufer des linken Bildrandes. Den Abschluss des oberen Bildrandes bilden Punktreihen als kuppelförmige Illustration eines Himmelskörpers – eine Analogie zu Karl Friedrich Schinkels Entwurf „Sternenhalle der Königin der Nacht“ für die Oper „Die Zauberflöte“ Oper von Wolfgang Amadeus Mozart aus dem Jahr 1815.

Der Entwurf setzt diverse konnotationsreiche Einzelmotive als ortsspezifische, historische Referenzen ein. Das Bambus-Rankgitter verweist auf das Otaheitische Kabinett im Pfaueninselschloss, die Platzierung des Rosengewächses am rechten Bildrand deutet auf den nahegelegenen Rosengarten. Im Mittelgrund versteckt sich ein Kaninchen, das an die Ursprünge der Pfaueninsel als „Kaninchenwerder“ erinnert. Motive des Schlosses Paretz und die Platzierung des Pfaueninselschlosses und des Marmorpalais inmitten der Havellandschaft des Bildhintergrunds stellen weitere historische Bezüge her.

In der Ausführung des 1:1 Details wird eine schöne, lockere malerische Handschrift sichtbar, die teilweise skizzenhafte Leichtigkeit besitzt. Sehr gelungen ist die farbige Abstimmung zwischen den fein abgestuften Farbtönen.

Die Gesamtkomposition überzeugt jedoch aus verschiedenen Gründen nicht.

Problematisch in Hinsicht auf die Fernwirkung ist die sehr starke Luftperspektive des Entwurfs. Der hoch angesetzte Horizont und die kontrastreiche Darstellung bis in den Hintergrund hinein verhindern eine Tiefenwirkung, gerade im Bildhintergrund fehlt es an Luftigkeit und Flächigkeit. 

Inhaltlich zwiespältig ist die Fülle an Details und Zitaten, die fast collageartig nebeneinanderstehen. Die dargestellte Inselgeschichte wirkt trotz dieser Fülle lückenhaft, da nur besonders frühe Zeitschichten berücksichtigt werden und dadurch ein verharmlosender Zugang zur Geschichte vermittelt wird. 

Andererseits passt die Referenzialität auch zum Ort, da die Pfaueninsel aus sehr vielen Attraktionen und Überraschungen zusammengesetzt ist. Die Zitate sind für viele Besuchende leicht erkennbar. Sie laden ein, auf eine gedankliche Reise durch preußische Geschichte zu gehen.

In der Auslobung war gewünscht, dass das neue Wandbild sich als Bestandteil der illusionistischen Fassadenarchitektur harmonisch in das Gesamtbild einfügt und nicht als isoliertes Einzelkunstwerk in Konkurrenz zur übrigen Schlossfassade zu treten solle.

Durch seine oben beschriebene Präsenz und Machart kann der Entwurf dieses wichtige Kriterium nicht erfüllen.

Weitere Informationen zu dem Wettbewerb

Verfahren

Der Wettbewerb wurde in Anlehnung an die aktuelle Fassung der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) sowie an den Leitfaden für Kunst am Bau des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen als nichtoffener Wettbewerb mit vorgeschaltetem zweistufigen Einladungsverfahren durchgeführt.
Verfahrenssprache war Deutsch.

Jury

Das interdisziplinäre Preisgericht setzte sich aus unten genannten Personen zusammen:

Stimmberechtigte Preisrichter:innen

Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Dr. Samuel Wittwer, Direktor der Abteilung Schlösser und Sammlungen, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator, Landesdenkmalamt Berlin
Prof. Maren Greinke, Dekanin der Fakultät II, Hochschule für Bildende Künste Dresden
Seraphina Lenz, Freie Künstlerin, Mitglied der Fachkommission des Büros für Kunst im öffentlichen Raum im Kulturwerk bbk berlin GmbH des Berufsverbands bildender Künstler*innen Berlin

Stellvertretende Preisrichter:innen

Julia Hagenberg, Direktorin der Abteilung Bildung und Marketing, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Dr. Ulrike Schmiegelt-Rietig, Provenienzforscherin, Abteilung Schlösser und Sammlungen, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Sabine Ambrosius, Referentin für Weltkulturerbe, Landesdenkmalamt Berlin
Robert Rudat, Künstlerischer Mitarbeiter, Hochschule für Bildende Künste Dresden, Studiengang Szenische Malerei/Theatermalerei
Martin Binder, Freier Künstler, Mitglied der Fachkommission des Büros für Kunst im öffentlichen Raum im Kulturwerk bbk berlin GmbH des Berufsverbands bildender Künstler*innen Berlin

Preisgelder

Die Platzierung der gezeigten Arbeiten ist gemäß Auslobung beziehungsweise Preisgerichtsentscheid mit folgenden Preisgeldern verbunden:
1. Platz: 4.000 Euro zzgl. max. 26.000 Euro Bearbeitungs- und Realisierungsbudget
2. bis 4. Platz: 2.000 Euro

 

Auch interessant