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Es werde Licht!

26. Mai 2023 Von Luise Klähn

Leuchterumzug von Schloss Königs Wusterhausen nach Jagdschloss Stern

Der Förderverein des Jagdschlosses Stern-Parforceheide e.V. bat um einen neuen Kronleuchter für den Saal, um auch am Abend und in der dunklen Jahreszeit Veranstaltungen anbieten zu können.– Nun erstrahlen sowohl der Saal im Jagdschloss Stern als auch die Offiziersgalerie in Schloss Königs Wusterhausen in neuem Licht.

Eine kurze Geschichte der Beleuchtung

Der Kronleuchter hat seinen Namen nicht von Ungefähr – als kostbares Kunstwerk dient er zuallererst der „Bekrönung“ eines Raumes, war aber auch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein bei besonderen Anlässen der unumstrittene König unter den Beleuchtungskörpern. Dass Licht und Beleuchtung lange Zeit ein Luxusgut darstellten, ist heute fast vergessen. Doch in früheren Jahrhunderten war die Nacht, im wahrsten Sinne des Wortes, finsterer. Wer sein Tagewerk nach Sonnenuntergang fortsetzen wollte, musste unter Umständen tief in die Tasche greifen: Talglichter aus Schlachtabfällen waren zwar durchaus preiswert zu bekommen, aber ihr Licht war vergleichsweise schwach, sie rußten stark und verströmten zu allem Überdruss auch noch einen unangenehmen Geruch. Für höfische Gemächer keine Option.
Für die gesellschaftliche Elite des 18. Jahrhunderts hatten es also Kerzen zu sein. Kerzen aus gebleichtem Bienenwachs, um ganz genau zu sein.
Diese Kerzen waren so kostbar und aufwendig in der Herstellung, dass die sogenannten „Lichtkammern“ von Schlössern in den Zuständigkeitsbereich des Silberkämmerers fiel. Dieser wachte akribisch über die Verteilung dieser kostbaren Leuchtmittel, und stellte sicher, dass ein jeder gemäß Rang und Namens die ihm zustehende Menge an Kerzen erhielt.

Unter diesen Umständen erklärt sich auch die Kostbarkeit des Kronleuchters: Um ihn zu bestücken, bedurfte es gleich mehrerer dieser wertvollen Bienenwachskerzen. Und um ein höfisches Fest, sei es ein Staatsbesuch, ein Bankett oder eine Hochzeit, auszuleuchten, bedurfte es nicht nur eines, sondern einer Vielzahl dieser Kronleuchter, nebst zahlreichen Wand- und Tischleuchtern.

Die Nacht zu erhellen und zum Strahlen zu bringen, war also ein Macht- und Statussymbol sondergleichen. Dabei spielte natürlich auch die handwerkliche und künstlerische Ausformung eine herausragende Rolle, um den Eindruck noch zu steigern – von Glas- und Kristallbehang über Porzellanblumen bis hin zu Geweihen finden sich alle erdenklichen Spielrichtungen in der Gestaltung dieser Prunkstücke, die zudem versilbert, vergoldet oder – im Fall von Messing – auf Hochglanz poliert waren. Übrigens: All diese verschiedenen Formen und Ausführungen lassen sich auch in den Schlössern der SPSG besichtigen.
Auf teure Bienenwachskerzen kann zwar seit dem späten 19. Jahrhundert  mit Entdeckung der Elektrizität, verzichtet werden, aber die Kronleuchter haben ihren erhabenen Rang in der Schlosseinrichtung keineswegs verloren.

Eine „Flämische Krone“ für den Saal

„Die Nacht zu erhellen“ war auch Anliegen des Fördervereins des Jagdschlosses Stern-Parforceheide e.V. Die SPSG erreichte die Bitte um eine elektrifizierte „Flämische Krone“, die künftig den Saal des Jagdschlosses bekrönen und Abendveranstaltungen ermöglichen sollte. Ein Kronleuchter des flämischen Typs besteht aus Messing, ein Material, dass sich besonders gut für kleinteilige, filigrane Arbeiten eignet. Er besticht durch elegante geschwungene Linien anstatt durch luxuriösen Glasbehang, und erfreute sich insbesondere in Kirchen, Jagdschlössern und Landsitzen großer Beliebtheit.

Oft ist es einfacher gesagt als getan, die passende Krone für einen Raum zu finden: Leuchter dienten zwar Repräsentationszwecken, waren aber auch Gebrauchsgegenstände. Häufiges Auf-, Ab- und Umhängen haben ihre Spuren an diesen Schätzen gelassen; Korrosion und unsachgemäße Verkabelungen taten ihr Übriges. Ist die Wiederherstellung des Originalzustandes eines Raumes nicht möglich, ist das Ziel eine möglichst getreue Annäherung. Aus der Zeit Friedrich Wilhelms I., Erbauer und Hauptnutzer des Jagdschlosses Stern, haben sich leider keine Inventarbücher erhalten – diese dienen den Kustoden als Hauptquelle, wenn es an die Rekonstruktion von Einrichtungen geht.
Da der Leuchter für den Saal in Jagdschloss Stern und auch wirklich leuchten sollte, war ein elektrifiziertes Stück nötig. Zusätzlich musste er eine bestimmte, der Räumlichkeit angemessene Größe aufweisen. Damit kamen von den knapp 35 Messingkronleuchtern in den Sammlungen der SPSG nicht viele in Frage:
Die Wahl fiel schließlich auf den Messingkronleuchter mit 12 Kerzen in der Offiziersgalerie von Schloss Königs Wusterhausen, der dort als Ersatz für eine verlorene Flämische Krone hing.
 

Leuchtertausch und Spezialflaschenzug

Besagte Flämische Krone von Königs Wusterhausen sollte nun also ins Jagdschloss Stern umziehen.  Nach Königs Wusterhausen durfte stattdessen ein ebenso schöner Leuchter aus der Generaldirektion umsiedeln. Nun dürfen also sowohl die Offiziersgalerie als auch der Saal in neuem Licht erstrahlen.

Das Bewegen von Leuchtern war und ist immer eine spannendes Unterfangen: Zum einen ist der eigentliche Transport wortwörtlich eine fragile Angelegenheit, zum anderen stellt ein solches Abhängen die seltene Gelegenheit dar, den Kronen nahe zu kommen. Die Kunstgutreiniger der Stiftung pflegen die Leuchter nämlich in der Regel mit Hilfe von Leitern; abgehängt werden diese, wie hier, nur in Ausnahmefällen. Aber: Es lohnt sich. Denn der nun im Jagdschloss Stern hängende Leuchter wartete mit einer Überraschung auf – die sogenannte „Seele“, der Schaft des Leuchters, offenbarte sich als ein originales Relikt aus der Zeit um 1700. Bis dato ging man aufgrund der späteren Ergänzungen davon aus, dass der gesamte Leuchter eigentlich aus dem 19. Jahrhundert stammte. Damit passt das Stück umso besser in die Räumlichkeiten des 1730 bis 1732 erbauten Jagdschlosses.

Bei solch einem Umzug kommen nicht nur Spezialexperten mit ihrem Spezialwissen zum Einsatz – sondern auch Spezialwerkzeug. Zunächst werden die Leuchter in Hängegestellen an den Zielort transportiert, manchmal im Komplettzustand, manchmal in Einzelteilen. Dabei hat jeder Leuchter seine ganz eigenen Bedürfnisse, auf deren Einhaltung strengstens geachtet wird.
Sobald der Leuchter vor Ort angekommen ist, in der Regel vormontiert, kommt der entscheidende Moment der Hängung – eine Flämische Krone kann über 70 Kilogramm wiegen, da will jeder Schritt genauestens geplant sein. In Folge von jahrzehntelanger Entwicklungsarbeit haben die Elektriker der Stiftung ein ganz besonderes Flaschenzugsystem entwickelt, das die Montage nicht nur einfacher macht, sondern auch die Sicherheit des Kunstgutes garantiert. Dieser Flaschenzug mit vier Rollen und Hängebügel stellt sicher, dass der Leuchter immer frei in der Luft schwebt und nicht eine Sekunde der Gefahr des Fallens ausgeliefert ist.

Es sind gerade Momente wie diese, die für die Kustodin für Leuchter und Beleuchtungskörper, Dr. Verena Wasmuth, einen Höhepunkt ihres Berufslebens darstellen. Die direkte Arbeit mit dem Objekt eröffnet ein tieferes Verständnis für die Schlossräume und deren Einrichtung – sobald man weiß, wie viel Aufwand in der Montage und Hängung dieser Prachtobjekte steckt, kann man ihren hoheitlichen Glanz umso mehr genießen.

Wer die Schlossräume nun also in ihrem neuem Glanz erleben möchte, dem sei ans Herz gelegt, Schloss Königs Wusterhausen und Jagdschloss Stern einen Besuch abzustatten.

 

 

 

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