Tinka Scharsichaus-der-zeit-gefallen

Für die Ausstellung im Potsdamer Pomonatempel plante die Künstlerin Tinka Scharsich ursprünglich Bilder südländischer Landschaften. Strahlend helle, großzügige Farbflächen untermalt von kleinen, üppig wuchernden Miniaturgärten – Symbol und Zeichen für die römische Göttin Pomona, Göttin der Baumfrüchte, der Ernte, des Wachstums sowie der Wahrheit und des Reichtums. Gesammelte Fundstücke sollten auf den Bilderflächen durch ihre unterschiedliche Materialität Spannungen erzeugen und an Reiseeindrücke erinnern. Doch dann kam Corona, und Reisen war und ist wegen der weltweit grassierenden Epidemie nicht mehr möglich.

Somit sind andere Bilder entstanden, die sich zum einen mit dem Pomona-Motiv beschäftigen zum anderen ein Zeitgefühl ausdrücken, welches sowohl Gegenwärtiges als auch Vergangenes berücksichtigt. Wie der Grundriss des Pomonatempels selbst, sind die Bilder quadratisch. Was sie zeigen, ist nunmehr eine Reise ins Innere. Das Gefühl, aus der Zeit gefallen zu sein, floss unmittelbar in den Entstehungsprozess der Bilder Scharsichs ein.

Kleine Nischen

Die überwiegend weißen Flächen mit ihren feinen Strukturen wirken vielleicht auf den ersten Blick leer und erinnern an vertrocknete Felder. Doch bei näherem Betrachten finden sich in den Bildern unterschiedlichste Details und Anstöße zum Innehalten und Nachdenken. Durch Öffnungen in der Fläche entstandene kleine Nischen bergen versteckte Schätze. Es scheint, als hätten sich die Motive in die innere Mitte der Bildfläche, geschützt von breiten Bildrahmen, zurückgezogen, als wären sie abgetaucht. Ein Zurücknehmen, das Stille erzeugt und Konzentration auf das Wesentliche möglich macht.

Eine Zeit auferlegter Beschränkungen bietet auch die Chance, sich mit längst Vergessenem zu beschäftigen, Dinge zu ordnen, sie auf Sinn und Nutzen zu überprüfen. Vieles von dem, was zuvor für die Gesellschaft „normal“ oder selbstverständlich war, bekommt eine andere oder neue Bedeutung. Kleine Nischen wurden entdeckt und suggerieren ein wenig Halt und Sicherheit. Die Bilder dieser Ausstellung spiegeln diese Gedanken wieder.

Goldene Zeiten

Die Arbeit „Goldene Zeiten“ ist eine Art Memory, auf dem man viele kleine, quadratische, goldene Felder zum Wenden findet. Rückseitig, gewendet bieten sie unterschiedlichste Einblicke in Miniaturwelten, spielerische Leichtigkeit und Lebensfreude werden hier spürbar. Doch das große Ganze scheint ins Wanken geraten zu sein und muss sich mosaikartig immer wieder neu zusammensetzen – nichts ist mehr so wie es war, Fragen dürfen offenbleiben.

Als Abbild taucht in einigen Arbeiten immer wieder auch die Göttin Pomona auf. Sie ist hier nicht nur als Hüterin der Gärten und Früchte zu verstehen, sondern kann mehr noch übergeordnet als Beschützerin des Ursprungs, als Quelle des Lebens, des Wachstums und somit auch als Hoffnungsträgerin gesehen werden.

Zur Künstlerin

Tinka Scharsich wurde in Berlin geboren und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Potsdam.
Weitere Informationen: www.tinkascharsich.wordpress.com

Pomonatempel auf dem Pfingstberg
Pfingstberg
14469 Potsdam

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