Neues Palais / 1933

Die Marmorgalerie als Ort nationalsozialistischer Inszenierung

Die erste Arbeitssitzung des Preußischen Staatsrates findet am 16. September 1933 in der Marmorgalerie des Neuen Palais statt. Noch am Morgen zuvor hat der preußische Ministerpräsident Hermann Göring in der Potsdamer Garnisonkirche am Grab Friedrichs II. einen Lorbeerkranz niedergelegt. Er huldigt dem König, um im Anschluss selbst seine Stelle als Hausherr im Neuen Palais einzunehmen. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 ist der friderizianische Schlossbau stärker in den Fokus der neuen Staatsführung gerückt. Als erstes großes Vorhaben werden die Innenräume des gegenüber dem Neuen Palais liegenden nördlichen Commun-Gebäudes umgebaut, um darin die „Reichsführerschule des deutschen Arbeitsdienstes“ einzurichten.

Das Neue Palais wählt Göring bewusst als repräsentativen Tagungsorts für seinen neuen Staatsrat aus. Er will das Erbe König Friedrich II. – „des Großen“ – symbolisch und deutlich für sich reklamieren. Im Frühjahr 1933 bildet er als preußischer Ministerpräsident den seit 1921 existierenden Preußischen Staatsrat im Sinn der nationalsozialistischen Weltanschauung zu einem repräsentativen Gremium um. Künftig soll der Staatsrat Preußens besondere Rolle beim Aufbau des „Dritten Reiches“ unterstützen. Göring betont bei seiner Eröffnungsrede im Neuen Palais: „Der Preußische Staatsrat solle den Grundstein zu einer ‚wahrhaft nationalsozialistischen Staatsverfassung´ legen.“ Dieses Ziel ist jedoch nichts weiter als ein propagandistischer Schachzug. Denn eigene Machtbefugnisse besitzt das Gremium nicht. Dem Staatsrat gehören hohe Amtsträger der NSDAP, sämtliche Reichsminister, Vertreter der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Kultur an.

Göring lässt sich darüber hinaus in räumlicher Nähe zur Marmorgalerie die aus sechs Zimmern bestehende Wohnung des Marquis d´Argens als private Wohnung einrichten. Er nutzt die friderizianischen Wohnräume in den kommenden Jahren als Ruhezone.

Nur sechs Mal tritt der Staatsrat zusammen, 1936 zum letzten Mal. Danach wird das Gremium bis zum Ende der nationalistischen Gewaltherrschaft 1945 nicht mehr einberufen.

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