Die beiden kyrillischen Graffiti „Sieg ist ein gutes Wort“ und die Jahreszahl „1945“, eingeritzt von sowjetischen Soldaten in die Wandfelder der Blauen Galerie, gehören zu den wenigen, in den preußischen Schlössern heute noch erhaltenen Zeugnissen der Zeit der Besetzung durch die Rote Armee am Ende des Zweiten Weltkrieges.
In den letzten Kriegstagen werden die Neuen Kammern zu einem von mehreren Auslagerungsdepots von Kunstwerken bestimmt. Es befinden sich hier fast alle 2.400 Porzellane aus dem Schloss Charlottenburg sowie viele Gemälde aus Berlin und Potsdam. Im Freudentaumel des Sieges gegen das nationalsozialistische Deutsche Reich bietet die wandfeste Ausstattung der Festsäle mit seinen reichen Vergoldungen eine geeignete Plattform, um sich für die Nachwelt zu verewigen. Die in den Festsälen deponierten Kunstschätze gelangen schließlich im September 1945 als Trophäen in die Sowjetunion. Als die Neuen Kammern in den Jahren 1982 bis 1986 generalsaniert werden, bleiben die sowjetischen Graffiti unangetastet.
Nach der Befreiung Potsdams durch Truppen der der 1. Ukrainischen und der 1. Weißrussischen Front etabliert sich Anfang Mai 1945 die sowjetische Besatzung in Potsdam. Dazu gehört auch eine Trophäenbrigade der Roten Armee, deren Ziel es ist, zehntausende von Kunstwerken aus den preußischen Schlössern in die Sowjetunion zu bringen. In der Sowjetunion hatten seit 1941 die deutschen Besatzer unzählige Kunstschätze geraubt.
Auch Siegesfeiern der sowjetischen Truppen in den Neuen Kammern sind nicht auszuschließen. Einen Eindruck der festlichen Zusammenkunft gibt die 1967 in den Neuen Kammern gedrehte DEFA-Produktion „Ich war neunzehn“ des Regisseurs Konrad Wolf. In diesem Film sind auch die Graffiti im Stuckmarmor zu sehen.