Geschichte des Rosengartens

In seinem Berliner Hausgarten hatte der Arzt Dr. Böhm bis zum Jahre 1821 eine bekannte Rosensammlung von 11.100 Pflanzen zusammengetragen. Durch seine Liebhaberei in finanzielle Schwierigkeiten geraten musste der Arzt seine Sammlung an einen Kollegen verpfänden. Dieser bot am 3. März 1821 dem preußischen König die Sammlung zum Kauf an. Der spätere Gartendirektor Peter Joseph Lenné erhielt den Auftrag, die Rosensammlung zu besichtigen und zu bewerten. Er äußerte in seinem Bericht, dass die kunstvoll erzogenen Hochstämme zum Schmuck der Königlichen Gärten wesentlich beitragen würden, die Strauchrosen dagegen für diese fast ohne Interesse wären. Die Rosensammlung enthielt 200 verschiedene Sorten. Lenné stellte fest, dass bisher in den königlichen Gärten nur auf der Pfaueninsel, in Charlottenburg, im Neuen Garten und in Monbijou Rosen-Sammlungen in 100 verschiedenen Sorten blühten und fuhr fort: „Sans Souci allein, leidet bisher gänzlich Mangel an diesen Pracht-Pflanzen, welche unstreitig zum Schmuck eines Gartens ein wesentliches Bedürfnis sind.“ Er schlug dann vor, die Rosenhochstämme auf den Terrassen von Schloss Sanssouci zu pflanzen oder im Bereich des Freundschaftstempels und taxierte offensichtlich im Interesse seines Dienstherrn den Wert der Sammlung mit 2.000 Talern erheblich unter Wert. Am 7. März 1821 wurde der Ankauf der vollständigen Rosensammlung für 5.000 Taler befohlen mit dem eigenhändigen Zusatz des Königs „Es muss für die Rosen ein schicklicher Platz in der Pfauen Insel ausgemittelt werden.“ 5.000 Taler sind ein Zehntel des Preises, der 1824 für den Kauf des Gutes Klein-Glienicke gezahlt wurde. Eine für einen Pflanzenankauf aufsehenerregende Summe. Die Hofgartendirektion wurde mit der Festlegung des Ortes für den Rosengarten beauftragt. Es wurde ein Gebiet am südlichen Rand der Insel ausgewählt, parallel zu dem in Ost-West-Richtung abschwenkenden Ufer, auf dem Plateau einer nach Osten sanft ansteigenden Erhebung und in Sichtweite zum Schloss. Der Transport der 2.100 Rosenhochstämme und 9.000 Strauchrosen zur Pfaueninsel erfolgte auf dem für die Insel üblichen Wasserwege in vier großen Kähnen. Anfang Mai 1821 war die Anpflanzung schon vollendet. Planung und Anlage des Rosengartens auf der Pfaueninsel vollzogen sich somit längstens in zwei Monaten.

Gestaltung

Die erste bekannte Planzeichnung des Rosengartens ist ein 1822 hergestellter Steindruck. Sie weicht von allen folgenden, im Wesentlichen übereinstimmenden späteren Plandarstellungen ab. Vermutlich folgt sie einem bei der Ausführung veränderten Entwurf. Eine etwa 400jährige Eiche an der westlichen Spitze des Rosengartens wurde mit in die Gestaltung einbezogen und ist auf allen späteren Plänen dargestellt. Fintelmann schrieb 1837 in seinem Wegweiser über die Pfaueninsel: „Es blühen zwar vom ersten Mairöschen bis zum ersten Schnee täglich hier Rosen, doch müssen während des Sommers andere Blumen das schnell gelbende Laub der eigentlich Schatten liebenden Rosen verdecken. An der Stelle derselben findet der spätere Besucher eine einzige Gruppe der schönsten niedlichsten Blumen und seltener zarter Sträucher, alle Stämme umwunden mit Rankgewächsen. Auch dann ist dieses Gärtchen eine Zierde der Anlage.“ Eine bildliche Darstellung des Rosengartens auf der Pfaueninsel ist bisher nicht bekannt. Es müsste sie bei seiner Berühmtheit jedoch geben. Man findet weder in der Beschreibung von Fintelmann noch in der Erörterung von Lenné, dass die Rosen nach Gruppen- oder botanischer Zugehörigkeit gepflanzt waren. Es war ein Rosengarten, bei dem der ästhetische Wert der Pflanzen und die Gestaltung im Vordergrund standen.

Die Darstellung des in sich geschlossen Labyrinthischen, Nicht-Überschaubaren war der leitende Gedanke Lennés für den Entwurf dieses Rosengartens. Eine Wirkung, wie sie Friedrich Förster (1791–1868) in seiner Fortsetzung von Chamissos Schlemihl-Erzählung 1843 beschrieb. Schlemihl „eilte hinaus in den blühenden Irrgarten, zu den berühmten Rosen der Pfauen-Insel, die hier in tausend mannigfaltigen Arten gehegt und gepflegt werden.“

Auf allen überlieferten Plänen weicht die Gestalt des Rosengartens nicht wesentlich von der ab, die Ferdinand Fintelmann auf seinem Inselplan von 1828 darstellt. Der 90 m lange und maximal 28 m breite Rosengarten öffnet sich an keiner Stelle einladend zum Park, wölbt sich aber dem von Osten den Hügel heraufziehenden Mittelweg entgegen, so dass ihn der Spaziergänger bemerken muss, aber an ihm vorübergehen kann. Die drei schmalen Ein- bzw. Ausgänge, die das y-förmige innere Wegenetz erschließen, muss der Interessierte geradezu suchen. Nur nach Nordwesten hin gibt es eine Öffnung direkt im Bewegungsfluss der Wege – nämlich zu dem schmalen, mit blauen Hortensien und Rhododendren besetzten Gang –, der den Rosengarten mit dem Runden Garten und dem Schloss verbindet. Sonst ist der Rosengarten ein in sich geschlossener Bereich, der sich mit seinen gerundeten Außenflächen in die Blicktangenten der vorüberziehenden Wege drängt, sich aber nirgends in die Landschaft des Parks verliert. Die Schönheit des räumlichen Erlebnisses, das das Verschmelzen der Bewegungslinien des Mittel- und des Stellweges am Nordrand des Rosengartens bewirkt, entzieht sich der Beschreibung. Beginnt der Garten im Westen mit einer gerundeten Spitze, so endet er auf der Ostseite stumpf vor dem Gehölz. Die für die Erhaltung der Rosen so dringend notwendige Wasserleitung endet dahinter im Gehölz in einem bis heute erhaltenen Schöpfbecken. Dieses Wasserbecken liegt, vom Rosengarten aus zugänglich, hinter einem halbkreisförmigen Blumenbeet. Bei der Schaffung der Bewässerungsanlagen für die Insel im Jahre 1825 galt nach der Versorgung der Tiergehege der Bewässerung des Rosengartens die Hauptsorge.

Vorbilder und Anregungen

Lennés Studienaufenthalt 1811 im Jardin des Plantes in Paris legt nahe in Frankreich zu suchen. Die berühmte Rosen-Sammlung der Kaiserin Josephine in Malmaison scheidet dabei aus, da die Rosen sich dort, durchmischt mit Orangen und Lorbeeren in Kübeln, in einem breiten Band, wie in einem Blumentheater präsentierten. Anregung könnte der Garten des Herrn Boursault in Paris gewesen sein mit seinen langgestreckten, geschwungenen Rosenbeeten. Aus England sind zu dieser Zeit nur formal gestaltete Rosengärten bekannt, wie das 1816 publizierte Rosary in Ashridge von Humphry Repton. Als im Frühjahr 1822 der Sohn von Humphry Repton auf Einladung des Fürsten Pückler in Muskau weilte, kam er auch nach Potsdam und besichtigte in Begleitung von Lenné die Gärten von Charlottenburg, Pfaueninsel, Neuer Garten und Sanssouci. Lenné wurde dabei der Auftrag zuteil, für den König einen Bericht über die von Repton gemachten kritischen Bemerkungen niederzuschreiben. Repton hat mutmaßlich den labyrinthischen Rosengarten der Pfaueninsel als unangemessen kritisiert und auf den Rosengarten seines Vaters in Ashridge als Muster verwiesen. Auf den Vorwurf des Fürsten Pückler, Lenné mangele die Kenntnis der englischen Gärten, reagierten sein Schwiegervater, der Staatskanzler Fürst Hardenberg und der König mit der Gewährung einer dreimonatigen Studienreise Lennés nach England von August bis Oktober 1822. Unter dem Eindruck dieser Englandreise hat Lenné seine nachfolgenden Rosengärten in geometrischer Form mit Kreiselementen entworfen, so bei dem für den Kronprinzen 1835 geschaffenen Rosengarten am Schloss Charlottenhof. Der Rosengarten auf der Pfaueninsel blieb dadurch eine singuläre Erscheinung.

Das weitere Schicksal des Rosengartens und seine Wiederherstellung.

Schon zu Lebzeiten Lennés musste der Rosengarten, der unter Maikäferplagen litt, aufgegeben werden. Vermutlich ist auch die ausgebliebene Bodenverbesserung auf dem Standort einer Sanddüne bei seiner in kürzester Zeit vollzogen Anlage eine weitere Ursache zu sehen. Zum 50. Jubiläum der Anlage des Rosengartens ließ der Gartendirektor Jühlke ihn 1871 wiederherstellen. Dabei trat an die bisherige hölzerne Rosenlaube mit Rundbank die bis heute erhaltene eiserne Rosenlaube. Diesem erneuerten Rosengarten war kein langer Bestand beschieden, denn schon nach 12 Jahren wurde er bei einer Beschreibung der Insel nicht mehr genannt. An seinem Ort wurden unter Bewahrung seines Grundrisses seltene Koniferen gepflanzt.

1983 wurden zur Erinnerung an den Rosengarten eine kleine Gruppe historischer Hochstammrosen gesetzt. Zu Lennés 200. Geburtstag im Jahre 1989 wurden Mittel bereitgestellt, Lennés Rosengarten wiederherzustellen. 1988 wurden in Vorbereitung dazu durch Grabungen, die durch Steine gefassten Grenzen des Rosengartens und Teilstücke von Wegen und Bewässerungsrinnen gefunden, die mit Hilfe der sehr genauen Pläne eine denkmalgerechte Wiederherstellung sicherten. In Erinnerung an das Schicksal des zuvor zweimal untergegangenen Rosengartens, wurde eine Bodenentnahme von 80 cm Tiefe und eine Wiederauffüllung unter Beimischung von 30 % Lehmboden und Einbringung von Urgesteinsmehl vorgenommen. Drei Jahre zuvor waren in Rosenbaumschulen Veredelungen historischer Rosensorten bis zum Jahre 1871 von den von Lenné favorisierten Hochstammrosen bestellt.

Der Ergänzungsrosengarten von 1989

Da die Kulturbedingungen und bepflanzbaren Flächen für Rosen im Areal des historischen Rosengartens durch Schattendruck eingeschränkt waren, hat man sich 1988 entschlossen einen Ergänzungsrosengarten anzulegen, an einem Ort, der weder die Belange des Denkmalschutzes noch des Naturschutzes berührte. Das war auf der zuvor als Baumschule genutzten Fläche unterhalb der Erdterrassen der Gärtnerei gegeben. Hier sollen die Besucher aber auch die betreuenden Gärtner die Möglichkeit haben, die Fülle der einst auf der Insel kultivierten historischen Rosen systematisch und unter guten Kulturbedingungen kennen zu lernen. Die lang gestreckte, etwa 750 m² große Fläche gibt eine leicht gekurvte Gestalt vor. Es galt nun, auf dieser Fläche eine Form der Präsentation der Rosen zu finden, die dem historischen Rahmen der Rosen auf der Pfaueninsel entsprach, ohne eine Kopie eines historischen Vorbildes zu sein. Es wurden zwei geeignete Vorbilder gefunden und miteinander verknüpft. [Es war zum einen der berühmte Rosengarten im Jardin du Luxembourg in Paris. Dort wurden die Rosen auf etwa 2,10 m breiten parallelen Beeten zwischen ca. 90 cm breiten Wegen gezeigt. Sie standen dort in zwei Reihen, von jeder Varietee zwei Pflanzen hintereinander, ein Hochstamm Busch in Abwechslung. Das andere Vorbild stammt aus England, in Hertfordshire, im Garten von Broxbournebury. Auch dort waren die Rosen in Reihen in parallelen Beeten gepflanzt.] Die Wege im Ergänzungsrosengarten wurden, wie im englischen Vorbild, als Graswege angelegt. Abweichend von den beiden Vorbildern, aber gestalterisch sehr wirkungsvoll, sind im Ergänzungsrosengarten Wege und Beete nicht geradlinig, sondern folgen dem Bogen der Erdterrassen. Die Pflanzungen sind nach Rosenklassen geordnet, wobei im Westen beginnend zuerst die ältesten und dann in chronologischer Reihenfolge die nachfolgenden Züchtungen stehen.

Im östlichen Teil des Rosen-Ergänzungsgartens wurde im Jahr 2007 eine Wildrosensammlung aus über 50 verschiedenen Arten angelegt, um die Vielfalt der Vorfahren der heutigen Kulturrosen zu präsentieren.

Michael Seiler
 

Für den Nachweis der Quellen und Archivalien sei auf die 40 Fußnoten in meinem Aufsatz: Der Pfaueninsel-Rosengarten, im Katalogband: Peter Joseph Lenné, Volkspark und Arkadien, Berlin 1989, S.125-137 verwiesen.