Im Rahmen eines bundesweiten Forschungsprojekts widmet sich die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen (AGDS) in den kommenden Jahren der Aufarbeitung ihrer Geschichte im 20. Jahrhundert. Im Mittelpunkt der gemeinsamen Aktivitäten stehen Tagungen und eine Wissensplattform.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Bernd Schreiber, zum aktuellen Anlass: „Die deutsche Schlösserlandschaft ist weltweit einzigartig. Sie ist Geschichtsträger, Tourismusmotor aber auch Sehnsuchtsort zugleich. Ihre prägende Geschichte endete gleichwohl nicht mit dem Fall der Monarchien im Jahr 1918, sondern entwickelte sich in höchst unterschiedlicher Weise fort. Die AGDS setzt nun ein umfassendes Forschungsprojekt auf, um die Geschichte des monarchischen Erbes im 20. Jahrhundert zu erkunden und zu publizieren. Als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sowie als Präsident der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen bin ich stolz, gemeinsam mit den Kooperationspartnern nunmehr den Projektstart anstoßen zu können.“
Auftakt-Tagung „Schlösser in der Zeit des Nationalsozialismus“
Am 13. und 14. September 2024 veranstaltet die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten in Kooperation mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) und dem Deutschen Nationalkomitee von ICOMOS eine internationale Tagung. Auf Schloss Schwarzburg, dem Veranstaltungsort, sind die brachialen Spuren eines abgebrochenen Umbaus zum Reichsgästehaus unter den Nationalsozialisten noch zum Greifen nah. Die zahlreichen Vorträge der Tagung zeigen den ideologischen und praktischen Zugriff auf die Schlösser und Burgen in der Zeit des Nationalsozialismus auf. Das Ziel ist eine Bestandsaufnahme mit internationaler Perspektive.
Hintergrund des Forschungsprojekts
Mit dieser Tagung beginnt ein sechsjähriges Forschungsprojekt der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen. Bis zum Ende der Monarchie 1918 dienten viele der Schlösser und Gärten, die heute in der Verantwortung der Mitglieder der AGDS liegen, zu Repräsentations- und Wohnzwecken der deutschen Führungselite. Mit der Übernahme in das Eigentum der Republik veränderte sich ihre Bestimmung grundlegend. Eine große Anzahl wurde musealisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Restaurierungen, Neueinrichtungen und sogar Rekonstruktionen veränderten das Erscheinungsbild, die Nutzung der Schlösser und Parks folgte unterschiedlichsten Idealen und Konzeptionen.
Schlösser wurden zu touristischen Zentren, zur Hintergrundfolie politischer Handlungen unterschiedlicher Ideologien, sie wurden umgebaut, umgenutzt, abgerissen, neu errichtet, und tragen bis heute deutliche Spuren dieser Entwicklungen. Die staatlichen Schlösserverwaltungen spiegeln daher sehr direkt die wechselvolle deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert von der Monarchie über die Weimarer Republik und die NS-Diktatur bis hin zum geteilten, politisch gespaltenen Deutschland und schließlich der Wiedervereinigung. Lange Zeit stand das Wissen um den jüngeren Umgang mit dem kulturellen Erbe im Schatten der monarchischen Epochen. Das gemeinsame Forschungsprojekt lenkt jetzt den Blick auf die vielfältige und faszinierende Geschichte der deutschen Schlösser und Gärten im 20. Jahrhundert.
Ziel und Inhalt des Projekts
Ziel des Projekts ist es, umfangreiche Materialien zur Geschichte der staatlichen Schlösserverwaltungen nach 1918 zu sammeln, der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen sowie das Wissen aktiv zu mehren. Die beiden Instrumente zum Erreichen des Zieles sind die Einrichtung einer Wissensplattform (Cloud) im Internet und die Durchführung einer Tagungsreihe. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft werden hierfür durch eine von ihnen gemeinsam finanzierte Redaktionsstelle unterstützt.
Das auf sechs Jahre angelegte Projekt will
- Präsenz für das Thema schaffen und dessen gesellschaftliche Relevanz sichtbar machen,
- Informationen (Bild- und Textquellen, Aufsätze und andere Beiträge) zum Thema aufbereiten, strukturieren und kostenlos zugänglich machen,
- Informations- und Inspirations-Quelle für die Vermittlung bieten,
- neue interne Forschungen anregen und unterstützen sowie
- externe Forschung anregen.
In der Tagungsreihe werden in Kooperation mit externen Partnern (Universitäten, Instituten, Verbänden) einzelne Themen und Perioden genauer erkundet. Die Wissensplattform, die derzeit noch im Aufbau begriffen ist und 2025 online gehen wird, enthält neben Digitalisaten bereits erschienener Texte zum Thema auch die Beiträge der im Rahmen des Projekts veranstalteten Fachtagungen. Darüber hinaus bietet sie Interessierten kostenlos Informationen und statistisches Material zur Entwicklung der Verwaltungen, Beispiele einzelner Schloss-„Biographien“, Literaturverzeichnisse, Bildmaterialien sowie Informationen zu aktuellen Veranstaltungen zum Thema.
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen, unmittelbar nach der deutschen Wiedervereinigung gegründet, ist eine auf die Bundesrepublik Deutschland bezogene Vereinigung der in öffentlicher Trägerschaft organisierten Schloss- und Gartenverwaltungen von bundesweiter Bedeutung. Sie versteht sich als gemeinsame Interessensvertretung ihrer Mitglieder und als Forum zum regelmäßigen Erfahrungsaustausch über deren Aufgaben, Herausforderungen und Möglichkeiten. Die Verwaltungen der ehemals fürstlichen Schlösser und Gärten in Deutschland sind Einrichtungen, die in teils langer Tradition mit dem Ziel weiterer ungebrochener Kontinuität die Aufgaben der Erhaltung, Pflege, Erforschung und Vermittlung einzigartiger Schloss-, Garten- und Parkanlagen von hoher kunsthistorischer, aber auch herausragender geschichtlicher Bedeutung wahrnehmen. In ihrer Einheit aus Architektur und künstlerischer Ausstattung sind die umfänglichen Denkmalensembles prägend für die kulturelle Identität einer Region. Zudem sind sie – jedenfalls, was die Zeit bis 1918 angeht und zum Teil darüber hinaus – Schauplätze deutscher Geschichte. Um dieser Bedeutung Rechnung zu tragen, nehmen die Schlösser- und Gartenverwaltungen die baulichen, konservatorischen, musealen und kommunikativen Aufgaben unter einem spezifisch gesamtheitlichen Ansatz im öffentlichen Interesse wahr.
Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sind derzeit 15 Institutionen: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg; Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen; Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg; Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen; Hessen Kassel Heritage – Museen, Schlösser, Parks; Staatliche Schlösser und Gärten Mecklenburg-Vorpommern; UNESCO-Welterbestätte Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl; Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz; Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen GmbH; Kulturstiftung Dessau Wörlitz; Kulturstiftung Sachsen-Anhalt; Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten; Klassik Stiftung Weimar; Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“; Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz.
Weitere Informationen zur Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen finden Sie unter: https://ag-ds.de
Ansprechpersonen
- Für Fragen zur AGDS und ihrem Wirken wenden Sie sich bitte an die Pressestelle der Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Florian Schröter und Susanne Eichinger, presse(at)bsv.bayern.de
- Für Fragen zum Projekt steht Ihnen der Sprecher des Vorhabens zur Verfügung: Dr. Samuel Wittwer, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, schloesserdirektion(at)spsg.de
- Fragen zur ersten Tagung auf Schloss Schwarzburg richten Sie bitten an: Dr. Franz Nagel, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, nagel-f(at)thueringerschloesser.de