Staatsgäste im Schloss Schönhausen

Eine Ausstellung erinnert im kommenden Jahr an die Funktion des Rokoko-Schlosses als Gästehaus der DDR-Regierung zwischen 1966 und 1990

Vom 1. April bis 3. Juli 2016 zeigt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) im Schloss Schönhausen in Berlin die Ausstellung „Schlösser für den Staatsgast – Staatsbesuche im geteilten Deutschland“, die sie gemeinsam mit der UNESCO-Welterbestätte Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl (Nordrhein-Westfalen) erarbeitet und die vom 30. Juli bis 1. November 2016 auch in Schloss Augustusburg zu sehen ist. Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten.

Orte der Repräsentation

Nach dem Ende der Monarchie in Deutschland 1918 erhielten viele Schlösser eine neue Funktion. Sie wurden republikanisch genutzt, zumeist als Museum oder Verwaltungssitz. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung zweier Staaten in Deutschland wurden einige Schlösser symbolisch aufgewertet. Sie sollten als repräsentativer Sitz der höchsten Staatsautorität oder als repräsentativer Ort für Staatsempfänge dienen, erstaunlicherweise sowohl in der bundesdeutschen Demokratie als auch in der sozialistischen „Demokratie“ DDR.

Die DDR nutzte Schloss Schönhausen zuerst als Sitz des einzigen Staatspräsidenten Wilhelm Pieck (1876-1960), dann ab 1966 als Gästehaus des Ministerrates. Erster Staatsgast im Schloss war der ungarische KP-Chef János Kádár (1912-1989) im Jahr 1966, so dass sich die Funktion des Schlosses als Gästehaus im kommenden Jahr zum 50. Mal jährt. In der Bundesrepublik fand bereits 1949 mit der Amtseinführung von Bundespräsident Theodor Heuss (1884-1963) der erste repräsentative Staatsakt auf Schloss Augustusburg statt. Ab 1954 folgten weitere zahlreiche Staatsbankette. Beide Schlösser wurden so zum Zentrum außenpolitischer Selbstdarstellung. Sie sollten als herausgehobene, traditionsbehaftete, zeremonielle Orte dem jeweiligen Staat einen repräsentativen Rahmen verleihen.

Die Ausstellung

Die Ausstellung „Schlösser für den Staatsgast“ thematisiert die Staatsbesuche in der DDR und in der Bundesrepublik als Mittel der außenpolitischen Anerkennung, Etablierung und Selbstdarstellung beider Staaten ab 1949. Die Präsentation konzentriert sich auf die Schlösser Schönhausen und Augustusburg als Orte des öffentlichkeitswirksamen Staatsempfangs beziehungsweise repräsentativer Unterkunft ausländischer Gäste.

In einem thematischen Rundgang werden beide Repräsentationsorte mit ihren gegensätzlichen politischen Systemen miteinander verglichen. In Schloss Schönhausen stehen dafür in allen drei Etagen des Schlosses 16 Räume mit 500 qm Ausstellungsfläche zur Verfügung. Gezeigt werden Fotografien, Film- und Tondokumente sowie zahlreiche authentische Dokumente und Objekte.

Zum ersten Mal wird auch die Bedeutung des von der Staatssicherheit abgesperrten „Sondergebietes Niederschönhausen“ mit dem Schloss und seinen zahlreichen Nebengebäuden ausführlich vorgestellt. Hier hat der ausländische Gast nicht nur gewohnt, hier haben auch Ordensverleihungen, Empfänge und Pressekonferenzen stattgefunden. Erläutert werden die Funktionen der Regierungs- und Repräsentationsgebäude, die Abläufe von Staatsbesuchen in Ost und West, die immer wiederkehrenden Programmpunkte und ihre Zielrichtung. Eine Auswahl von Regierungsgeschenken zeigt, wie versucht wurde, den Gast mit Präsenten zu hofieren, ohne dabei eine Übereinstimmung in politischen Fragen zu bekunden.

Zur Ausstellung stellt die SPSG auch das 1966 von Gartenbauingenieur Karl Kirschner entworfene Ornamentbeet vor dem Haupteingang des Schlosses wieder her.

Schloss Schönhausen

Das Schloss war von 1740 bis 1797 die Sommerresidenz der preußischen Königin Elisabeth Christine (1715-1797). Die Gemahlin Friedrichs des Großen (1712-1786) prägte den Ort maßgeblich, den sie mehr als 50 Jahre lang bewohnte. Herausragend sind die in weiten Teilen noch erhaltenen Raumausstattungen des späten 17. und des 18. Jahrhunderts. Neben dem prächtigen Festsaal und dem eleganten Treppenhaus sind in den Wohn- und Repräsentationsräumen der Monarchin wertvolle Tapeten und kostbare Einrichtungsgegenstände erhalten. Der reich stuckierte Festsaal im ersten Obergeschoss ist die in Berlin einzige im Original erhaltene Raumschöpfung des späten Rokoko.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Schönhausen als zentrales Depot für die sogenannte „Entartete Kunst“ genutzt. Hier lagerten mehrere tausend Kunstwerke, die zuvor von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden waren. Von hier aus wurden die Kunstwerke devisenbringend ins Ausland verkauft.

Nach umfangreichen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten konnte die SPSG im Dezember 2009 die ehemalige königliche Residenz nach Jahrzehnten wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen. Vor allem sein wechselvolles Schicksal im 20. Jahrhundert verleiht dem Schloss eine einzigartige Stellung unter den Anlagen der SPSG.

Schlossgarten Schönhausen

Der Schlossgarten Schönhausen ist eine der interessantesten Anlagen Berlins, denn er präsentiert in seiner exquisiten Gestaltung und Ausstattung die wechselvolle Geschichte der Anlage vom Barock- und Landschaftsgarten bis zum Präsidentengarten Wilhelm Piecks.

Aufgrund der besonderen Qualität und Bedeutung der weitgehend erhaltenen Nachkriegsgestaltung (1950–55, Ergänzungen 1966) hat man sich im Einvernehmen mit dem Landesdenkmalamt Berlin zur Instandhaltung bzw. Wiederherstellung des „Gartens der Moderne“ entschieden. Die Instandsetzungsarbeiten wurden 2006 begonnen. Seit der Eröffnung des Schlosses Schönhausen im Jahre 2009 liegt die Pflege und Restaurierung des Schlossgartens in der Obhut der SPSG.

Bereits wieder hergestellt werden konnten z. B. die in den 1950er Jahren entworfenen Blumenbeete sowie die Möbel nach Entwürfen von Liv Falkenberg (1901-2006). Die weißen Tische und Stühle, als große Ringtafel gestellt, betonen die zentrale Aufgabe der Gesellschaftsterrasse am Schloss als medienwirksamen Ort für staatliche Inszenierungen. 
Seit dem Frühjahr 2014 sind auch die Gartenkeramiken der Künstlerin Hedwig Bollhagen (1907-2001) wieder im Schlossgarten zu bewundern, die nach über 40 Jahren zurückkehrten.

Weitere Informationen:
www.spsg.de/ausstellung-staatsgaeste

Kontakt

Dr. Ulrich Henze
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Ausstellungsprojekte
Postfach 60 14 62
14414 Potsdam
Telefon: 0331.96 94-439

Pressefotos zum Download