Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg vom 29. August bis 13. Dezember 2015
Zeitgenössische Kunst im ältesten Berliner Schloss: Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) präsentiert vom 29. August bis 15. Dezember 2015 Werke von Melora Kuhn und Stella Hamberg im Jagdschloss Grunewald. Während die Amerikanerin Melora Kuhn eigens für die Ausstellung neue Gemälde geschaffen hat, die sich auf die bedeutende Cranach-Sammlung im Schloss beziehen, stehen die überlebensgroßen „Berserker“-Skulpturen der Berliner Bildhauerin Stella Hamberg auf die Seeterrasse.
Die „Berserker“ sind bronzene Riesen mit einer Höhe von 2,5 bis 3,5 Metern. Die Skulpturen sind als Verbildlichung einer Tat zu verstehen, der Tat des rauschhaften Kampfes, aber auch der Jagd – dabei laufen sie niemals fort, sondern stellen sich stoisch ihrem Gegenüber. Als Kurfürst Joachim II. von Brandenburg (1505-1571) das Schloss 1542/43 im Stil der Renaissance errichten ließ, fühlte er sich offenbar sicher vor Angriffen. Doch der Typ eines „Festen Hauses“ blieb erkennbar und die beiden Schießscharten neben der Eingangstür zeugen noch heute davon, dass die Zeit der Überfälle durch Raubritter und bewaffnete Banden in der Mark Brandenburg nicht gänzlich vergessen war. Hambergs überlebensgroße Figuren erscheinen wie eine Reminiszenz an die ehemalige Wehrhaftigkeit des Gebäudes, aber auch an den ungleichen Kampf zwischen Mensch und Tier, der hier im zunächst kurfürstlichen, dann königlichen Jagdrefugium regelmäßig ausgetragen wurde. Die „Berserker“ symbolisieren den Widerspruch zwischen Humanität und Animalität.
Während die Skulpturen von Stella Hamberg in Bezug zum Außenraum mit Jagdschloss, See und Wald stehen, setzen sich die Arbeiten Melora Kuhns mit der Gemäldesammlung im Schloss auseinander. Ihre eigens für die Ausstellung entstandenen Gemälde hängen mitten unter jenen von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) und Lucas Cranach dem Jüngeren (1515-1586). Für die Malerin ist Geschichte immer Teil der Gegenwart. Doch dies gilt auch umgekehrt, formt unser Blick von heute doch ebenso die Wahrnehmung der Geschichte.
Kuhns kunsthistorischer Referenzpunkt ist die romantische Landschaftsmalerei Nordamerikas der 1850er Jahre – eben jene Zeit, in der der Ausflug ins Grüne fester Bestandteil des Stadtlebens wurde und auch die Berliner die Seerinne am Grunewald als Naherholungsgebiet entdeckten. Kuhn greift den Kontext dieser bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts auf, wobei sie ausgewählte Bildmotive collagenhaft zusammenfügt. So trifft das gediegene bürgerliche Ambiente auf Gewaltakte wie kämpfende Hunde oder brennende Wagen. Stabilität und Chaos stehen in unauflösbarer Spannung.
Kuhns Gemälde füllen in den Ausstellungsräumen „Leerstellen“ in der Sammlung. Denn für die Sonderausstellung „FRAUENSACHE. Wie Brandenburg Preußen wurde“ haben Bildnisse der Hohenzollern vom 16. bis 19. Jahrhundert sowie Gemälde aus der Cranach-Sammlung das Jagdschloss Grunewald verlassen. Seit dem 22. August 2015 sind sie in der großen Sonderausstellung im Theaterbau des Schlosses Charlottenburg zu sehen, mit der an den Herrschaftsantritt der Hohenzollern in Berlin-Brandenburg vor 600 Jahren erinnert wird. Die Schau im Jagdschloss Grunewald bietet also nicht nur zwei Künstlerinnen in einem ursprünglich männlichen Refugium ein Forum. Sie füllt darüber hinaus die durch eine Würdigung historischer Frauenfiguren entstandenen „Lücken“ mit zeitgenössischen weiblichen Positionen.
In Zusammenarbeit mit der Galerie EIGEN + ART Berlin.
Stella Hamberg, geboren 1975, studierte Bildhauerei in Dresden und lebt seit ihrem Meisterschülerabschluss im Jahr 2005 in Berlin. 2006 erhielt sie das Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendium. Ihre Werke wurden unter anderem im Albertinum in Dresden, im Mönchehaus Museum Goslar sowie im Künstlerhaus Bethanien und im Kunstverein Ulm gezeigt.
Melora Kuhn, geboren 1971 in Boston, studierte an der School of the Art Institute of Chicago und lebt und arbeitet in der Nähe von New York. Sie war in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen vor allem in den USA vertreten. Im Jahr 2013 war Kuhn Stipendiatin des Lux Art Institute in Encinitas, Kalifornien.
Das Jagdschloss Grunewald wurde 1542 durch Kurfürst Joachim II. von Brandenburg erbaut. Im Zuge der Krönung Friedrichs I. (1657-1713) zum ersten preußischen König 1701 fanden zahlreiche Umbauten statt. Bereits seit 1932 wird es als Kunstmuseum genutzt. Heute beherbergt das Jagdschloss Grunewald eine der wichtigsten Cranach-Sammlungen in Deutschland.
Informationen:
Jagdschloss Grunewald, Hüttenweg 100 (am Grunewaldsee), 14193 Berlin
Öffnungszeiten:
29. August bis 31. Oktober 2015, Di–So, 10–18 Uhr
1. November bis 15. Dezember 2015, Sa/So, 10–16 Uhr
Eintritt: 6 Euro / ermäßigt 5 Euro (im regulären Schlosseintritt enthalten)
Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie unter
www.spsg.de/aktuelles/ausstellung/stella-hamberg-und-melora-kuhn-im-jagdschloss-grunewald/