Die Galerieholländerwindmühle am Schloss Sanssouci gehört zu den bekanntesten Mühlen Deutschlands. Ihr Standort geht auf das Jahr 1738 zurück, als die erste Mühle gebaut wurde. Es gab also bereits eine, als Friedrich II. in Sanssouci lebte. Die Mühle ist heute ein aktives technisches Museum, in dem seit 2003 mit Windkraft Bio-Getreide zu Schrot und Mehl verarbeitet wird und so die Anerkennung „Handwerksmüllerei in Wind- oder Wassermühlen“ als Immaterielles Kulturerbe nutzen darf. Neue Flügel machen die Mühle nun fit für die nächsten Jahre. Ein Besuch lohnt sich.
Sie steht neben dem Schloss Sanssouci und überragt das berühmte Lustschloss von Friedrich dem Großen – jetzt wieder mit weit ausgebreiteten Armen mit beigen Segeln: die Historische Mühle von Sanssouci. Sie hat neue Flügel bekommen. Die alten Flügel von 1993, eine Stahlkonstruktion mit aufgebauten Holzteilen, sollte ursprünglich nur instandgesetzt werden. Nach einer genauen Begutachtung entschieden sich die SPSG als Eigentümer und die Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg e. V. als Betreiber der Mühle für einen Neubau.
Die Holzkonstruktion, vor das die Segel aufgespannt werden, wurde seit der Wiedererrichtung der Mühle bereits einmal vom Betreiberverein in Eigenleistung gründlich erneuert. Nun ging es darum, das gesamte Flügelkreuz einer Generalinstandsetzung zu unterziehen. Die Ruten, so nennt man jedes der zwei 24 Meter langen und durch den Wellkopf durchgesteckten Teile, besteht eigentlich aus vier Platten, die zusammengeschweißt sind. Der mittlere Bereich geht durch den sogenannten Wellkopf und auf diesem Teil liegt eine große Last; das führt zu Materialermüdung in der Mitte der Flügel. Die Mühlenvereinigung bat die niederländischen Mühlenbauer um Hilfe. Die Profis aus dem Mutterland der Windmühle haben eigens dafür entwickelte Computerprogramme, die eine Prognose abgeben, wie lange eine Konstruktion noch halten wird.
Neue Flügel statt instandgesetzte
Nach der Prognose der Niederländer ging der Rat an die SPSG – die Stiftung war Bauherr – die Flügel nicht instand zu setzen, sondern neu zu bauen. Damit muss die SPSG in den kommenden fünf bis sieben Jahren nicht erneut mit einer Reparatur rechnen. Ein weiterer Vorteil: Die Wettersituation in Potsdam hat sich im Laufe der Jahre geändert und es gibt mehr und heftigere Windböen – bis zu Windstärke 7 oder 8 in den Spitzen. Die Bauherren nutzten die Gelegenheit gleich eine moderne Sicherheitseinrichtung einzubauen, die es ermöglicht, die Drehzeiten der Mühlenflügel zu begrenzen. Dabei handelt es sich um eine Art Bremsklappe, die sich bei starkem Wind (bei über 15 Flügelumdrehungen pro Minute) aufstellt, damit die Flügel nicht so hochtourig arbeiten und weniger abgenutzt werden. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 145.000 Euro, statt ca. 120.000 Euro für die Instandhaltung.
Weiterverwendung von alten Flügelteilen
Die alten Teile sollten zunächst verschrottet werden, doch ein Teil der Konstruktion wird einer anderen Mühle dienen. Die äußeren 10 Meter der 1,2 Tonnen schweren Flügel gehen zur denkmalgeschützten Langerwischer Paltrockwindmühle südlich von Potsdam. Nachdem der Knickpunkt innen ausgeschnitten wird, können sie noch für kürzere Flügel genutzt werden. Es gibt also eine Weiterverwendung.
Was passiert eigentlich mit der erzeugten Windmühlenenergie?
Der Müller der Historischen Mühle, Frederic Schüler, informiert gern dazu: „Tatsächlich ist die Mühle in erster Linie eine Getreidemühle. Die Mühle wird vom Wind mechanisch angetrieben, die Maschinen, die hier arbeiten, sind in der Lage, Getreidekörner unterschiedlich zu vermahlen, es entstehen Flocken, Schrot, Grieß, Mehl und Kleie. Das Ganze geschieht unter Lebensmittelgesichtspunkten, d.h. wir stellen hier Produkte her, die wir verkaufen dürfen und die biozertifiziert sind. Wir verkaufen Brot, das aus unserem Mehl gebacken wird. Die Bäckerei Fahland bezieht hierzu Roggen- und Dinkelprodukte von uns“.
Zu museumspädagogischen Zwecken gibt es zudem einen Generator, der elektrische Energie produziert, sobald Energie reinkommt. Sie bleibt in der Mühle und versorgt eine Reihe von Glühlampen, die dann romantisch flackern, je nachdem, wie schnell sich die Flügel drehen. Mal mehr, mal weniger hell, es kommt eben auf den Wind an. „Im Moment haben wir eine erdgasbetriebene Fußbodenheizung für das Erdgeschoss, aber vielleicht gelingt es uns mittelfristig einen Generator zu installieren, der das Wasser der Fußbodenheizung erhitzen kann. Das würde natürlich die Betriebskosten dieses Gebäudes senken, der Einbau aber wäre erstmal sehr teuer.“, so Schüler.
Die Mühle darf nicht unbeaufsichtigt drehen, das wäre, so Müller Schüler, einfach zu gefährlich. Damit sei es unwahrscheinlich, dass so viel Energie produziert würde, dass es sich lohne, sie zu verkaufen, denn der Personalaufwand wäre so hoch, dass keine günstige Energie erzeugt werden würde – auch wenn Windenergie natürlich nachhaltig ist.
Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg e. V.
Der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg e.V. hat sich unmittelbar nach der Wende gegründet, im Dezember 1990. Er war aus dem Arbeitskreis Mühlen beim Kulturbund der DDR hervorgegangen, der sich bereits vor der Wende für den Wiederaufbau der Historischen Mühle engagierte. Seit 1995 betreibt der Verein die Historische Mühle in Sanssouci. Museumsleiter ist Torsten Rüdinger.
Mehr zur Geschichte der Historischen Mühle auf der Website des Vereins
Genug Gründe für Ihren (erneuten) Besuch
Neben einer herrlichen Aussicht und der Möglichkeit, die neuen Flügel mit eigenen Augen zu begutachten, erwartet die Besucher:innen eine interessante und abwechslungsreiche Ausstellung zur Geschichte der Mühle und der Getreideverarbeitung. Das mit Sanssouci-Mehl gebackene Brot kann im Museumsladen in der Historischen Mühle erworben werden.
Auch gibt es ein museumspädagogisches Angebot, das von Schulklassen und Kindergruppen genutzt werden kann.
Informationen zu Gruppenführungen der Mühlenvereinigung
Weitere Informationen zum Besuch: www.spsg.de/historische-muehle
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