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Julia Hagenberg: Wie bleiben wir auch in Zukunft interessant?

24. November 2023 Von Julia Hagenberg

Julia Hagenberg ist neue Direktorin der Abteilung Bildung und Marketing der SPSG. Die Abteilung beschäftigt sich mit der Vermittlung und der Vermarktung der Schlösser und Gärten.

Julia Hagenberg, geboren 1967 in Düsseldorf, hat Klassische Philologie, Geschichte und Kunstgeschichte studiert und langjährige Erfahrungen in der Museumsarbeit. Nach zwei Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Kunstmuseum Bonn hat sie fünf Jahre als Leiterin der Kunstvermittlung für das Kunstmuseum Stuttgart gearbeitet. Von 2009 an war sie für die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen als Leiterin der Abteilung Bildung tätig. Daneben war sie u. a. Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der SPSG, in der Jury „Besucherorientierung & Sammlungsarbeit“ des Deutschen Museumsbunds und in der Jury „360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft“ der Kulturstiftung des Bundes.
 

Seit September sind Sie als neue Direktorin der Abteilung Bildung und Marketing in der Stiftung tätig. Was hat Sie an der Position in der Stiftung gereizt?

Besonders spricht mich die Vielfalt der Themen und Inhalte der Stiftung an, die Spuren von Geschichte, die sich in der Kunst und der Architektur bis in die Gegenwart hinein abgelagert haben. Und natürlich reizen mich die wunderbaren Parks und das Verhältnis von Kultur und Natur – ein Thema, mit dem ich zuvor nicht in Berührung gekommen bin. Was mich sehr beschäftigt, ist die Frage, wer diese Räume nutzt und diese Kunst genießt. Durch welche Ansätze können wir das Publikum halten und womöglich noch erweitern? Viele Museen beziehen Besucher:innen heute stärker in ihre Programmgestaltung ein und laden sie zur aktiven Teilhabe ein – ein Ansatz mit großem Potenzial, weil er die sich verändernden Interessen des Publikums berücksichtigt.

Ist es eine große Umstellung für Sie, von Düsseldorf nach Potsdam und von der Museumsarbeit zur Stiftung?

Ja, das ist ein großer Unterschied. Potsdam mit seiner wunderschönen Umgebung ist ein ganz anderer Standort als das Rheinland. Hier zu arbeiten, bedeutet für mich einen ungeheuren Gewinn an Lebensqualität. Ich bewege mich sehr gerne durch diese wunderbar gestaltete Landschaft und genieße das große Kulturangebot.

Was meine Tätigkeit anbelangt, so liegt der größte Unterschied darin, dass in der Museumsarbeit ein besonderer Fokus auf Wechselausstellungen liegt, die Auseinandersetzung mit verschiedenen Kunstformen, Künstler:innen und Werken daher schneller und kurzlebiger ist. Hier in der Stiftung geht es stärker um den Umgang mit festen Beständen. Die Arbeit eröffnet die großartige Möglichkeit, sich tiefer einzuarbeiten und mit einer langfristigeren und nachhaltigeren Perspektive Konzepte entwickeln und erproben zu können.
 

Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung für die kommenden Jahre?

In der Zukunft sind wir mit drei besonderen Herausforderungen konfrontiert. Zum einen mit einem umfassenden demografischen Wandel, der sich mit großer Geschwindigkeit vollzieht, mit Blick auf den Generationenwechsel, auf die Einwanderungsgesellschaft, aber auch auf die größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich. Diese Veränderungen betreffen uns insofern, als wir sicherstellen müssen, dass wir für diverse Publikumskreise attraktiv sind und bleiben. Angesichts der Veränderungen ist es wichtig, mit Gruppen, die bisher nicht zu unserem Stammpublikum gehören, in den Dialog zu treten und gemeinsam zu schauen, welche Themen und Formate für sie interessant sein könnten.

Eine weitere große Herausforderung ist der digitale Wandel. Wie können wir darauf reagieren und mitgehen? Beim digitalen Wandel handelt es sich um eine Querschnittsaufgabe, die alle Bereiche der Stiftung betrifft, mit Fragen der Archivierung, des digitalen Arbeitens, der digitalen Kommunikation und Partizipation.

Die dritte Herausforderung besteht natürlich im Klimawandel. Hier reagieren wir nicht nur im Bereich der Parks und Gärten, sondern wir denken auch über nachhaltige Tourismuskonzepte nach, darüber, wie wir nachhaltiger kommunizieren, wie wir Ausstellungen nachhaltiger gestalten können. Auch dies ist eine Querschnittsaufgabe.
 

Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders wichtig ist?

Es gibt viele Themen in der Stiftung, die mich sehr interessieren. Spannend finde ich zum Beispiel die Vorbereitungen für die neue Dauerausstellung in Schönhausen, die sich der Geschichte des Schlosses in der Zeit des Nationalsozialismus widmen wird. In dieser Zeit diente das Schloss als Depot für Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert wurden. Wie konnte das Schloss zu einem Standort werden, an dem moderne Kunst aus enteigneten Beständen staatlicher Museen und privater Sammlungen verkauft wurde? In der Ausstellung wird anschaulich werden, wie Macht und Kunst zusammenhängen. Das Thema verfemter Kunst und verfolgter Künstler:innen ist erschütternd und – leider – weiterhin brandaktuell.

Ein weiteres spannendes Thema sind für mich die verschiedenen Bauprojekte, die aktuell laufen, in Charlottenburg beispielsweise der Umbau des sogenannten Küchenflügels und die Einrichtung einer museumspädagogischen Werkstatt. Durch die Werkstatt werden neue Angebote für Schulen und Familien möglich, was mich sehr freut.
 

Haben Sie schon ein Lieblingsschloss?

Zuletzt habe ich eine Radtour mit der Familie nach Schloss Caputh gemacht und war völlig begeistert. Von zwei Dingen war ich besonders eingenommen. Zum einen natürlich von dem wunderbaren Fliesensaal, dort ist ja jede Fliese ein eigenes Bild. Zwei Menschen im Dialog, Kinder, die spielen, oder jemand, der sich augenscheinlich mit einer Schnecke unterhält – wunderbare Motive.

Der andere Punkt war der nette Empfang durch die Kolleg:innen in dem neu entstandenen Besucher:innenzentrum, mit den einladenden roten Schirmen und der Möglichkeit, sich einen Kaffee zu holen und sich in einem gut bestückten Kühlschrank zu bedienen. Ein toller Service, der den Ausflug zu einem rundum schönen Erlebnis für alle gemacht hat.
 

 

 

 

 

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