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Zwei Frauen: Fürstin Liegnitz und Kaiserin Eugénie im Schloss Charlottenburg

27. Oktober 2023 Von Silke Kiesant

Die Berlinerin Elke Fischer finanzierte die Restaurierung von zwei bedeutenden Frauen-Bildnissen, die nun im Schloss Charlottenburg wieder aufgestellt wurden.

Im Juni vor 150 Jahren starb in Bad Homburg Auguste von Harrach, Fürstin von Liegnitz und Gräfin von Hohenzollern (1800-1873) – ein großes Echo löste diese Nachricht in der Öffentlichkeit jedoch nicht aus. Viel ist aus dem Leben der zweiten Ehefrau von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen auch nicht bekannt. Nach rund 80 Jahren konnte am 27. September 2023 im Neuen Pavillon im Schlossgarten Charlottenburg nun das 1836 von dem Berliner Bildhauer Hermann Schievelbein (1817-1867) geschaffene Reliefporträt der Fürstin wiederaufgestellt werden. Seit 1837 stand es auf einem „musivisch“ (d.h. mosaikartig) gearbeiteten Postament „aus der ehem. Catelschen Fabrik“ im Chamoiszimmer. Der König wünschte ausdrücklich, es „nahe dem Fenster“ zu sehen. Heute kann das Rundbild – wie schon seit der Neueinrichtung des Pavillons 2011 geplant – im Bedientenzimmer nebenan zwischen weiteren Werken der Porträtkunst in Gemälde und Skulptur betrachtet werden.
 

Nach 1945 bis 2016 befand sich das Tondo in der Alten Nationalgalerie in Berlin und kam im Zuge der Inventarklärung zwischen den Staatlichen Museen und der SPSG wieder zurück. Einige Jahre dauerte es, bis sich in der Berlinerin Elke Fischer eine Spenderin fand, die die Ergänzung des verlorenen Drehsockels finanzierte. Der Steinrestaurator Robert Freund fertigte nach historischen Fotos und Vorbildern ein Modell des Sockels, die Ausführung in Marmor übernahm die Firma BMP.  Elke Fischer war es wichtig, ihre Spende für ein Objekt in Schloss Charlottenburg einzusetzen. Damit wollte sie einem alten Bekannten, Schlossbereichsleiter Rudolf Scharmann, der sich Ende des Jahres in den Ruhestand verabschiedet, eine Freude bereiten. So enthüllten Fischer und Scharmann gemeinsam das Porträt der Fürstin Liegnitz: Ihr Profilbildnis zeigt eine junge, etwas unsicher blickende Frau mit einer hochgesteckten Frisur und Korkenzieherlocken an den Schläfen, umgeben von einem Kranz aus Efeu, ein Symbol für Freundschaft und Liebe über den Tod hinaus.
 

Auf der Rückseite treten dem Betrachter drei Frauengestalten mit unterschiedlichen Attributen entgegen: die Künste Bildhauerei, Architektur und Poesie. Es liegt nahe, hierin die Interessen von Auguste zu sehen. Friedrich Wilhelm III. lernte die 30 Jahre jüngere Frau aus altem österreichischen Adel während eines Kuraufenthaltes in Teplitz kennen. Er heiratete die als anmutig und warmherzig beschriebene Auguste am 9. November 1824 in der Charlottenburger Schlosskapelle. Die  Trauung fand im engsten Kreis statt, der König sah diese Eheschließung als „reine Privatsache“. Auguste galt als nicht „ebenbürtig“, ihr Rang als zu niedrig für Friedrich Wilhelm III. Erst zwei Tage später wurde sie dem Hof vorgestellt. Auch in den Folgejahren ertrug sie viele Demütigungen des Protokolls, musste beispielsweise den Prinzen und Prinzessinnen den Vortritt überlassen. Den Neuen Pavillon in Charlottenburg nutzten der König und die Fürstin Liegnitz gemeinsam als Sommerhaus. Nun hat es ein originales Kunstwerk zurückgewonnen, das gerade in dem Nebeneinander mit dem Reliefbildnis der Fürstin von Christian Daniel Rauch von 1837 im selben Raum interessante Einblicke in die Porträtkunst der Berliner Bildhauerschule zulässt.
 

Mit der Marmorbüste der Kaiserin Eugénie von Frankreich (1826-1920) von Alfred Emilien de Nieuwerkerke (1811-1892) kehrte bereits im Sommer dieses Jahres ein weiteres Porträt zurück nach Charlottenburg. Eine gleichgroße Gipsversion stand laut Inventar wohl schon 1862 auf der Konsole der unteren Bücherschränke in der Bibliothek von König Friedrich Wilhelm IV. Da diese Büste verlorenging, sollte nun das Marmorbildnis als Ersatz aufgestellt werden. Doch auch hier fehlte der Sockel. Wie schon beim Tondo der Fürstin Liegnitz sprang Elke Fischer als Spenderin ein, so dass in der Skulpturenwerkstatt ein neuer Sockel aus Carrara-Marmor gefertigt und die Büste selbst, die Beschädigungen an der Nase und am Kinn aufwies, restauriert werden konnte.
 

Das Porträt der spanischen Gräfin Eugénie de Montijo entstand vermutlich 1853 im Zusammenhang ihrer Hochzeit mit Napoleon III. Es zeigt die junge Kaiserin mit unbekleidetem Brustausschnitt in strenger Frontalansicht. Der Blick ist leicht nach unten gerichtet, die Haare sind vom strengen Mittelscheitel nach hinten in einer Schlaufe zusammengefasst und mit einer Perlenspange befestigt. Um die Lippen spielt ein kaum spürbares Lächeln. – Es soll Liebe auf den ersten Blick gewesen sein: Die lebhafte, rothaarige Eugénie galt als schön, elegant und gebildet. Nach der Geburt des einzigen Kindes Napoléon Eugène Louis Bonaparte (1856-1879), zuvor erlitt Eugénie nach einem Reitunfall eine Fehlgeburt, erlosch jedoch bald die Leidenschaft. Der 18 Jahre ältere Napoleon hatte viele Affären. Während der zweiten Republik war er 1848 zum französischen Staatspräsidenten gewählt worden. Im Dezember 1852 erklärte er sich selbst zum Kaiser und entmachtete das Parlament weitgehend. Während der Abwesenheit ihres Mannes 1859, 1865 und 1870 übte Eugénie in Paris die Funktion der Regentin aus. In den 1850er und 1860er Jahren scheint auch das Verhältnis zum preußischen Königshaus ein gutes gewesen zu sein. Ein Holzstich aus dem Jahr 1857 gibt vier feurige Trakehner-Hengste mit preußischem Personal und Militär wieder: König Friedrich Wilhelm IV. machte der Kaiserin diese edlen Pferde zum Geschenk. Vorangegangen war die sogenannte „Neuenburger Affäre“ 1856/57, ein drohender Krieg zwischen Preußen und der Schweiz um das Fürstentum Neuenburg. Napoléon III. gelang es, auf diplomatische Weise den Konflikt zu entschärfen und beide Seiten zum Nachgeben zu bewegen.

Seit den 1860er Jahren nahm das politische Engagement Eugénies zu. Sie wird als konservativ, klerikal und autoritär beschrieben. Klar bekannte sie sich zu einer Allianz zwischen Frankreich und Österreich in einer Zeit, als im Deutschen Reich um die Großdeutsche (mit Österreich) oder Kleindeutsche Lösung (ohne Österreich) gerungen wurde. Schließlich befürwortete sie 1870 den Krieg Frankreichs gegen Preußen und beeinflusste darin auch ihren Mann. Nach der Niederlage der Franzosen bei Sedan am 1. September 1870 wurde Napoleon III. gefangengenommen und zeitweilig im Schloss Wilhelmshöhe in Kassel in Arrest gesetzt. Kaiserin Eugénie floh nach England ins Exil und ging als letzte Monarchin Frankreichs in die Geschichte ein.

Ihr Bildnis in der Bibliothek im Alten Schloss Charlottenburg kann aufgrund der Schließung der Wohnräume Friedrich Wilhelms IV. derzeit nicht besichtigt werden.

 

 

 

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