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Die „unveränderlichen“ Schwäne von Sanssouci

09. Juni 2023 Von Luise Klähn

Warum im Schlosspark manch ein Schwanenküken weiß statt grau ist

Dem ein oder anderen aufmerksamen Parkgast mag bereits aufgefallen sein, dass das Schwanenpärchen von Sanssouci jedes Jahr mindestens ein weißes Junges unter den sonst grauen Küken ausbrütet. Die historischen und biologischen Zusammenhänge erklärt Luise Klähn, Praktikantin in der Öffentlichkeitsarbeit der SPSG und Hobby-Ornithologin.
 

Unveränderlich

Gleich fünf Schwanenkinder haben Mitte Mai 2023 im Park Sanssouci das Licht der Welt erblickt. Jetzt sind sie fleißig auf Erkundungstour – in Reih und Glied schwimmen die grauen Küken neben ihren schneeweißen Eltern daher und verleihen dem Welterbepark zusätzlichen Charme. Wer ganz genau hinsieht, wird allerdings feststellen, dass nicht alle der Küken gleichfarbig grau sind. Drei der Kleinen sind vielmehr cremefarben. In den kommenden Wochen und Monaten wird der Unterschied zu den Geschwistern noch deutlicher werden, denn die Schwäne von Sanssouci tragen eine ganz besondere Mutation in sich, die sie schneller weiß werden lässt.
Diese Farbvariante, auch „Morphe“ genannt, lässt sich beim erwachsenen Höckerschwan kaum erkennen. Nur ein Blick auf die Beine, die hier fleischfarben anstatt schwarz sind, verrät, dass man einen der „Unveränderlichen“ vor sich hat. So heißt diese Farbmorphe nämlich; „Immutabilis“, übersetzt eben „unveränderlich“. Im Volksmund kennt man diese Vögel auch als „Polnische Schwäne“.

Dabei stammen diese hellgefärbten Tiere wahrscheinlich gar nicht aus Polen, sondern aus den Niederlanden. Denn hier wurden sie bewusst lange Zeit gezüchtet um entweder zu feinen Pelzwaren verarbeitet zu werden – man denke an Marlene Dietrichs berühmten Schwanenmantel – oder als Ziervögel verkauft zu werden. Die Tradition der „Zwanendrift“, des niederländischen Schwanentreibens und -haltens geht bis in die Zeit Friedrich Barbarossas zurück. Für die Zeit um 1600 lassen sich Schwäne als teure Staats- und Freundschaftsgeschenke nachweisen – 2017 kam es schließlich zum Verbot des Handelns mit wildlebenden Schwänen. Gezielt „Immutabilis“-Schwäne zu züchten, ergab bis dahin ökonomisch Sinn: Ein solcher Schwan sah schneller erwachsen aus und konnte somit zügiger verkauft werden. Ein normal gefärbter Schwan wird nämlich erst mit zwei bis drei Jahren gänzlich weiß, während die „Unveränderlichen“ direkt vom cremefarbenen ins weiße Gefieder wechseln.
 

Als „polnisch“ werden diese Schwäne bezeichnet, weil sie heute besonders häufig in Osteuropa anzutreffen sind. Zwar werden Schwäne heutzutage nicht mehr als Pelzlieferanten oder Ziergeflügel gezüchtet und verkauft, aber die Immutabilis-Variante hat sich im Erbgut zahlreicher wildlebender Schwanenpopulationen verankert. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Farbvariante rezessiv sowie geschlechtsverbunden vererbt, das heißt, dass in einem Gelege sowohl graue als auch weiße Jungen schlüpfen können – welche dann in aller Regel weiblich sind. Leider ist die Sterblichkeitsrate unter den weißen Küken höher als bei den regulär gefärbten Geschwistern: Nicht nur für den Menschen sehen die Jungtiere früher „erwachsen“ aus, sondern auch für die Elterntiere. Entsprechend werden sie schneller vertrieben und müssen für sich selbst sorgen. Freilich werden diese Tiere aber auch schneller geschlechtsreif. Und: Ist einer der Elternvögel selbst ein Immutabilis-Schwan, ist die Überlebenswahrscheinlichkeit der Jungtiere höher.

Dass die heutige Schwanenpopulation von Sanssouci direkt von hier einst gehaltenen Zierschwänen abstammt, ist zu bezweifeln. Es handelt sich eher um einen glücklichen Zufall, dass der Schlosspark von diesen ganz besonderen Tieren bewohnt wird. Dieses Jahr sind es dabei gleich drei der fünf Küken, die cremefarben zur Welt gekommen sind – genauso wie einstmals ihre Mutter, die die charakteristischen rosa Beine aufweist. Damit wir im Schlosspark noch lange Freude an diesem historischen Naturerbe haben, sei auf die Schwanen-Etikette am Ende dieses Eintrags verwiesen.
 

Weiße Schwäne, Bunte Enten

Neben Immutabilis-Schwänen nennen noch viele andere gefiederte Schönheiten die UNESCO-Welterbestätte ihr Zuhause: Eisvogel, Grünspecht, Turmfalke und Co. lassen sich mit etwas Glück im Park beobachten. Dazu gesellt sich auch die bunte Mandarinente, die eigentlich in Ostasien und nicht in Brandenburg heimisch ist. Auch ihr Bestand lässt sich nicht direkt auf eine etwaige Ziervogelhaltung der Hohenzollern zurückführen; vielmehr stammen die Vorfahren der possierlichen Vögel aus den Zoos und Tiergärten der Umgebung. Damit ist die Mandarinente eigentlich eine invasive Art, steht aber nicht im Konflikt mit der heimischen Tier- und Pflanzenwelt. Im Gegenteil: In ihrer ostasiatischen Heimat ist die Mandarinente sogar zunehmend durch Habitatverlust bedroht, weshalb der europäische Bestand – der mittlerweile denjenigen Asiens übersteigt – für die Arterhaltung zunehmend von Bedeutung sein wird.
 

Schwanen-Etikette

Damit die Schlossgärten nicht nur als Kulturerbe, sondern auch als Biotop erhalten bleiben können, bitten wir unsere Besucher:innen, sich an einige Regeln der guten Wasservogeletikette zu halten:

  1. Die Tiere bitte nicht füttern. Sie finden in den Anlagen mehr als genug artgerechtes Futter.
    Es mag zwar possierlich aussehen, wenn Enten, Blesshühner und Schwäne sich am Ufer tummeln, aber Sie tun den Tieren damit keinen Gefallen. Brot quillt im Magen auf, ist schwer verdaulich und liefert keine Nährstoffe. Die Vögel verhungern mit vollem Bauch.
  2. Flächen jenseits der Besucherwege bitte nicht betreten; die Tiere nicht anfassen oder aufscheuchen. Damit sich die Artenvielfalt in den Parks erhalten kann, brauchen die Tiere Rückzugsflächen. Und ein Schwan mag zwar samtig aussehen, wird sich aber mächtig zur Wehr setzen, wenn er sich oder seine Jungen bedroht sieht.
  3. Hunde bitte an der Leine führen, nicht auf Flächen jenseits der Besucherwege lassen.
    Auch der Hund soll bitte Abstand von den Tieren bewahren – 2017 musste ein Schwan aufgrund von Bissverletzungen eingeschläfert werden. Insbesondere für die Jungvögel werden freilaufende Hunde schnell zur Gefahr.

 

 

 

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