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Die Möbel für das Schloss Charlottenburg

14. April 2023 Von Ulrike Schmiegelt-Rietig

Ein neues Provenienzforschungsprojekt bei der SPSG

Dr. Ulrike Schmiegelt-Rietig ist Provenienzforscherin der SPSG

Die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG) Berlin (West) hat zwischen 1950 und 1995 durch Ankauf, Tausch oder Schenkung sehr viele Kunstwerke erworben. Insbesondere das Schloss Charlottenburg, das im Krieg zerstört wurde und den größten Teil seines Inventars an bildender wie auch angewandter Kunst infolge des Krieges und der Besatzung Berlins verlor, wurde nach dem Wiederaufbau umfassend neu ausgestattet. In einem Zeitraum von rund 45 Jahren erwarb die Berliner Schlösserverwaltung Gemälde, Arbeiten auf Papier, Plastiken, Möbel, Porzellane, Gläser, Beleuchtungskörper, Bilderrahmen und anderes. Allein die Gemäldesammlung wuchs um knapp vierhundert Objekte. Die Provenienzen der Gemälde, die für Schloss Charlottenburg zwischen 1950 und 1995 erworben wurden, sind vor einigen Jahren im Rahmen eines Forschungsprojekts untersucht worden. Ermöglicht hatte diese Forschung eine Förderung durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste.
 

Weit umfangreicher als die Gemäldeerwerbungen waren die Erwerbungen von Werken der angewandten Kunst. Zum großen Teil kamen diese aus den gleichen Quellen wie die Gemälde, nämlich dem West-Berliner und dem bundesdeutschen Kunsthandel, in geringerem Maße auch aus dem internationalen Handel, unter anderem aus der Schweiz, England und Frankreich. Die Provenienzen dieser Kunstwerke sind bislang nur in einzelnen Fällen ausnahmsweise untersucht worden. Von den allermeisten Objekten ist die Herkunft, vom letzten Besitzer oder der letzten Besitzerin einmal abgesehen, bisher unbekannt.
 

Die Erforschung der Gemälde hatte bereits gezeigt, dass durch die Erwerbungspolitik der SSG Berlin Objekte mit fragwürdiger oder auch nachweislich problematischer Provenienz, die auf jeden Fall weiter erforscht werden müssen, in die Sammlungen gelangten. Eine systematische Erforschung auch der Sammlungen angewandter Kunst ist daher dringend geboten.
 

Eine Sonderzuwendung des Landes Berlin ermöglicht es uns nun, die notwendigen Forschungen systematisch durchzuführen. Zunächst werden wir uns den Möbeln zuwenden, die durch Ankäufe der SSG Berlin sowie durch Schenkungen und Vermächtnisse an die Institution in die Sammlungen gelangten. Eine erste Bestandsaufnahme zeigte, dass die Herkunft von rund 250 Objekten genauer untersucht werden muss. Dabei handelt es sich vor allem um Tische und Schreibmöbel vom Zylinderbureau bis zum Beistelltischchen, Schränke aller Art und Größe, Sitzmöbel vom einfachen Hocker bis zum Sofa sowie Spiegel.
 

Wichtige Quellen, die im Hause zur Verfügung stehen, sind die „Hauptverzeichnisse für Kunstwerke und Sammlungen“, in denen alle Zugänge notiert wurden. Bei der Herkunft der Objekte finden sich in diesen Büchern Namen bekannter und weniger bekannter Berliner Kunst- und Antiquitätenhandlungen wie beispielsweise Leo Spik oder Frieda Hinze, Helmut Peter Buchen oder Wilhelm Weick, westdeutsche Unternehmen wie die Münchner Kunsthandlung Fischer-Böhler, Lempertz in Köln oder der in Hamburg ansässige Konrad Strauss. Nur vereinzelt wurden Ankäufe international getätigt, beispielsweise in New York oder London. Eine ganze Reihe von Objekten stammt aus privaten Sammlungen und wurde über Ankäufe, mitunter auch als Schenkungen oder Vermächtnisse erworben.

Neben den Hauptverzeichnissen der SSG Berlin liefern der Schriftwechsel der Institution sowie die Rechnungsbücher einigen Aufschluss über die Herkunft der Objekte. Für weiterführende Erkenntnisse werden jedoch absehbar umfangreichere Recherchen in weiteren Archiven notwendig sein. Besondere Aufmerksamkeit soll dabei dem Berliner Kunsthandel gewidmet werden, ebenso den privaten Sammlungen, aus denen Objekte über Verkäufe und auch Schenkungen in die SSG Berlin gelangten. Hier hoffen wir auf weiterführende Erkenntnisse, die zur Klärung der Provenienzen beitragen.

Für die Durchführung der Forschung konnte die SPSG eine junge Kollegin, Frau Franziska Kabelitz, gewinnen, die am 1. April ihre Arbeit aufgenommen hat.

 

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