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Frauenschlösser

10. März 2023 Von SPSG

Rund 500 Jahre bestimmten Kurfürsten, Könige und Kaiser die Geschicke der märkischen, preußischen und deutschen Geschichte. Die Frauen an ihrer Seite – Ehefrauen und Töchter – sowie deren Bedeutung für die Entwicklung Brandenburg-Preußens wurden von der Geschichtsschreibung oft vernachlässigt oder bewusst „herausgeschrieben“. Vor sieben Jahren wurde mit der Ausstellung „FRAUENSACHE“ erstmals die Geschichte der Hohenzollern-Dynastie aus der Perspektive der Frauen erzählt. Besonders deutlich zu erkennen – Frauen haben auch die Schlösser in und um Berlin geprägt. Im Schloss Sanssouci hat Elisabeth von Bayern Spuren hinterlassen, in Glienicke wirkte Marie von Sachsen-Weimar und Schloss Schönhausen war rund 50 Jahre lang bevorzugter Sommersitz von Königin Elisabeth Christine.
 

Wohnen wie Friedrich der Große – aber als glückliches Paar zu zweit: Elisabeth von Bayern und Friedrich Wilhelm (IV.)

von Vanessa Krohn

Es war eine Liebesheirat, die 1823 für eine dynastische Verbindung des bayerischen Südens mit dem preußischen Norden sorgte. Selbst konfessionelle Unterschiede wurden überwunden, um die Eheschließung Elisabeth Ludovikas von Bayern mit dem preußischen Thronfolger Friedrich Wilhelm (IV.) zu ermöglichen. Bereits als Kronprinzenpaar hielten sich die beiden gern in Sanssouci auf, dem Lieblingsschloss Friedrichs des Großen.

Nach der Thronbesteigung 1840 richteten sich Elisabeth (1801–1873) und Friedrich Wilhelm (1795–1861) in den Gästezimmern des Schlosses ganz nach ihren Wünschen und Bedürfnissen als Paar wohnlich ein. Das Dritte Gästezimmer wurde zum Schlafzimmer umfunktioniert. Da jedoch Ehebetten in Friedrichs Sanssouci nicht vorgesehen waren, mussten diese vor der zu schmalen Bettnische aufgestellt werden und ragten so in den Raum hinein.

Elisabeth gefielen die weißblauen Wandbespannungen in Sanssouci sicherlich besonders gut, da sie den Wappenfarben ihrer bayerischen Familie glichen. So ließ sie die Wandstoffe in ihrem Wohnzimmer nach altem Vorbild erneuern und durch gleichfarbige Polstermöbel ergänzen. Die kühle Farbigkeit sorgte für eine angenehme Atmosphäre in den vorrangig im Sommer bewohnten Räumen.

Der Höhepunkt der Raumfolge war das sogenannte Voltairezimmer mit seinen ausgefallenen Tierschnitzereien. Hier richtete sich Elisabeth ein Toilettezimmer ein. Dabei behielt sie die hochgeschätzte Rokoko-Einrichtung Friedrichs bei, ergänzte sie allerdings üppig mit einem porzellanbesetzten Konsoltisch samt Wandspiegel aus Meißen und Sitzmöbeln im Stil des Neurokoko. Die Stickereibezüge der Möbel, die heute im Damenflügel von Sanssouci aufbewahrt werden, zeigen Tierszenen nach den Fabeln La Fontaines. Und auch der Papierkorb Elisabeths, der jetzt in Sanssouci zu sehen ist, bezieht sich, mit Affenfiguren versehen, auf die naturalistische Wandvertäfelung des Voltairezimmers. Dennoch verrät schon dieses kleine Möbel, dass es sich um eine Ausstattung des 19. Jahrhunderts handelt: Friedrich der Große benutzte noch keine Papierkörbe dieser Art.

Elisabeth verbrachte insgesamt 38 Sommer in ihrem Sanssouci – mehr Zeit als Friedrich der Große selbst. Nach dem Tod ihres Mannes 1861 nutzte sie das Schloss auch als Witwensitz und inszenierte sich als zurückgezogene und trauernde Witwe. Elisabeth von Bayern war nicht nur die letzte, sie war auch die einzige langjährige Bewohnerin des Schlosses Sanssouci. Das hätte sich Friedrich der Große wohl nicht träumen lassen.

 

Eine Salonnière in Glienicke – Bei Marie von Sachsen-Weimar-Eisenach traf sich die geistige Elite Berlins in ungezwungener Atmosphäre zum Tee

von Kristin Bahre

Angeblich war es Liebe auf den ersten Blick, als sich Prinz Carl (1801–1883) und Marie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1808–1877) zum ersten Mal begegneten. Allerdings war Liebe im Konzept dynastischer Heiratspolitik keine Notwendigkeit. Zwischen Fürstenhäusern wurden Ehen nach ganz anderen Kriterien arrangiert – hier ging es um Macht, Ansehen und Einfluss. Maries Eltern nun, Carl Friedrich Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach und Großfürstin Maria Pawlowna Romanowa, hielten Ausschau nach einem geeigneten Kandidaten für ihre Tochter. Einen Thronfolger hätten sie sich gewünscht.

Der drittgeborene Sohn des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. und Königin Luises hatte da kaum Chancen. Doch nach mehr als zwei Jahren Verhandlungen zwischen Berlin, Weimar und St. Petersburg – Zar Alexander I. war Maries Onkel – gelang es schließlich, die Großherzöge zu einer Einwilligung zu bewegen. Carl und Marie heirateten 1827. Als Sommersitz wählte das Paar Schloss Glienicke am Ufer der Havel. Das Anwesen hatte Prinz Carl 1824 von seinem Vater als Geschenk erhalten. Nach einer Italienreise von der Leidenschaft für den Süden gepackt, ließ Carl das einstige Gutshaus des verstorbenen Staatskanzlers Fürst von Hardenberg zu einem vornehmen Landhaus im Stil einer römischen Villa ausbauen. Karl Friedrich Schinkel lieferte die Pläne für die umfangreichen Umbauarbeiten, Peter Joseph Lenné wurde mit der Gestaltung des Gartens beauftragt. So entstand ein paradiesisches Fleckchen Erde, auf dem man sich in Italien wähnen konnte.

Vor allem aber sollte in den folgenden Jahren Marie mit ihrer Weimarer Herkunft die Atmosphäre in Glienicke prägen. Der Hof in Weimar galt als politisch äußerst liberal. Zudem wurden dort Kunst, Literatur und Wissenschaften mit großem Interesse gefördert. Man war stolz, Begegnungsort von Dichtern wie Wieland und Herder, Goethe und Schiller zu sein. Und: im Zentrum der deutschen Aufklärung schienen Standesgrenzen zwischen der großherzoglichen Familie und den bürgerlichen Künstlern keine Rolle zu spielen! Marie wächst in dieser Umgebung auf, erhält eine umfassende humanistische Bildung und erlebt den selbstverständlichen Umgang mit Künstlern und Literaten. Ihre Vorstellungen von Geselligkeit unterscheiden sich deshalb erheblich vom steifen, eher militärisch geprägten Berliner Hof. Aber der Patentochter Goethes soll es gelingen, Glienicke zu einem Ort des lebhaften Austauschs zu machen, zu einem bedeutenden Anziehungspunkt für Künstler und Intellektuelle. Wie in Berlin damals eigentlich nur in bürgerlichen Salons üblich, trifft sich die geistige Elite bei Marie in ungezwungener Atmosphäre zum Tee.
Alexander von Humboldt gehört ebenso zu diesem Kreis wie Schinkel und Lenné. Der Architekt von Schloss Glienicke und der Gestalter des Parks werden nicht als bloße Bedienstete angesehen. Man schätzt sie als ebenbürtige Gesprächspartner. Und die liberale Haltung zeigt sich nicht allein im Umgang der hochadligen Gastgeber mit ihren bürgerlichen Gästen. Marie empfängt auch die Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy und Giacomo Meyerbeer, die wegen ihrer jüdischen Herkunft andernorts antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt sind.

Was für eine Vorstellung: In dem von Schinkel entworfenen weißen Salon sitzt der Künstler selbst mit der Prinzessin am Tisch und beide plaudern angeregt mit Lenné über den wunderschönen Garten direkt vor den Fenstern. Humboldt blickt unterdessen über die Havel und schildert Mendelssohn seine Überfahrt nach Südamerika, während Meyerbeer in Gedanken an seiner nächsten Oper feilt...

 

Eine glänzende Partie – Königin Elisabeth Christine

von Alfred Hagemann

War es Elisabeth Christine in die Wiege gelegt, Königin zu werden? Wohl eher nicht: Als sie am 8. November 1715 in einem Fachwerkhaus neben dem Schloss von Wolfenbüttel das Licht der Welt erblickte, erhielt sie den Namen ihrer Großtante. Diese Elisabeth Christine war keine Geringere als die Gattin das Habsburgers Karls VI. und damit Kaiserin in Wien. In dem Spannungsfeld zwischen Fachwerkhaus und Kaiserfamilie drückt sich der Zwiespalt von Elisabeth Christines Herkunft aus: Ihr Vater war der jüngere Sohn aus einer Nebenlinie des Hauses Braunschweig. Somit gehörte die Familie zu den Welfen, zu einem der ältesten Adelshäuser Europas. Doch die reale Macht des Fürsten von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern war gering.

Aufgrund dieser Herkunft geriet Elisabeth Christine als junge Frau in den Fokus dynastischer Politik. König Friedrich Wilhelm I. von Preußen war ein Freund ihres Vaters. Die beiden waren sich einig, dass eine Ehe Elisabeth Christines mit dem Kronprinzen von Preußen eine gute Sache wäre. Die Preußen könnten ihre Verbindung zu Wien stärken, die Prinzessin aus der Provinz hingegen würde eine glänzende Partie machen.
Kronprinz Friedrich in Berlin schwebte allerdings eine Annäherung an das britische Königshaus, der Familie seiner Mutter, vor; nur widerwillig fügte er sich den Plänen des Vaters. Unverhofft sah sich Elisabeth Christine so 1733 als die zukünftige Königin von Preußen nach Berlin reisen – herzlich empfangen von ihrem Schwiegervater, sehr reserviert von Schwiegermutter und Ehemann.

Elisabeth Christine lernte schnell, aus dieser schwierigen Lage das Beste zu machen. Sie verstand es, sich anzupassen und füllte für Jahrzehnte ihre Rolle als erste Frau Preußens verlässlich und skandalfrei aus. Auch als während des Siebenjährigen Krieges der Hof in überstürzter Flucht aus Berlin in ein mehrjähriges Exil in Magdeburg gezwungen wurde, erwarb sich Elisabeth Christine durch ihre Ruhe allgemeine Bewunderung.

Andererseits gab es klare Grenzen der Anpassung, wenn sie den Kern ihrer Identität angegriffen sah. Das beste Beispiel hierfür sind ihre religiösen Überzeugungen. Um ihrem Gatten Friedrich zu gefallen, wäre es am einfachsten gewesen, dessen Helden Voltaire und die gesamte kirchen- und religionskritische Haltung seines Hofes zu übernehmen. Doch Elisabeth Christine, die von der geradlinigen Frömmigkeit ihrer Eltern geprägt war, ließ sich auch vom Spott des Berliner Hofes nicht beirren. Im Gegenteil: Die Königin trat öffentlich für ihre Überzeugungen ein und publizierte in den 1770er Jahren in insgesamt zwölf Büchern religiöse Texte deutscher Autoren, die sie ins Französische übersetzt hatte.

Elisabeth Christine liebte ihren Sommersitz Schloss Schönhausen in Berlin-Pankow. Im Erdgeschoss des Schlosses geben die ehemaligen Wohnräume der Königin mit der erhaltenen Gestaltung einen Eindruck von Elisabeth Christines persönlichem Geschmack.
Insbesondere die in den 1790er Jahren hochmodernen Papiertapeten machen einen Charakterzug deutlich: Bis ins hohe Alter blieb die Königin für die neuesten Strömungen aufgeschlossen und achtete auf eine zeitgemäße Ausstattung ihres Schönhausen.

 

 

 

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