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Mit dem Pinsel „fotografiert“

10. November 2022 Von Carlo Paulus

Carl Graeb war im 19. Jahrhundert einer der produktivsten Architekturmaler in Berlin und Potsdam, ist heute aber weitestgehend vergessen. Carlo Paulus, Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, stellt einige seiner Werke aus der graphischen Sammlung vor.

Vor der Erfindung der Fotografie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten die Menschen lediglich Gemälde, Zeichnungen, Drucke und Grafiken, um etwas im Bild festzuhalten. Ein wichtiger Vertreter dieser dokumentarischen Art der Malerei ist Carl Graeb. Der Architektur-, Landschafts- und Theatermaler wurde 1816 in Berlin geboren, wo er bis zu seinem Tod 1884 lebte.

Ende der 1830er Jahre wurde das Königshaus auf ihn aufmerksam und besonders König Friedrich Wilhelm IV. intensivierte nach dessen Thronbesteigung 1840 die Zusammenarbeit mit Graeb. Der König, der selbst zahlreiche Gebäude wie Schloss Charlottenhof, das Orangerieschloss oder die Friedenskirche zusammen mit seinen Architekten entwarf, beauftragte Graeb, diese zu malen. Auch Ansichten von Gartenanlagen und Architekturen seines von ihm verehrten Vorgängers Friedrich II. durfte Graeb in zahlreichen Aquarellen und Zeichnungen festhalten. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg besitzt eine Vielzahl von Blättern des Künstlers in ihrer graphischen Sammlung, von denen wir hier einige vorstellen.

Sehnsucht nach Italien: In dieser vogelschauartigen Ansicht des Orangerieschlosses sind die gewaltigen Ausmaße der Anlage erkennbar. Allerdings war das Ensemble zum Entstehungszeitpunkt dieses Aquarells noch im Bau und somit beruhen einige Elemente – wie der Skulpturenschmuck der Terrasse, das große Wasserbecken oder die Bepflanzungen – lediglich auf Planungen der beteiligten Architekten und Gärtner. Sie wurden schließlich in veränderter Form oder überhaupt nicht ausgeführt.
 

1853 fertigte Graeb dieses Aquarell des Grottensaals im Neuen Palais an. Die Wände und Decken des Saals wurden in den darauffolgenden Jahren, besonders in der Kaiserzeit, noch um viele weitere Elemente – Edelsteine, Muscheln, Mineralien – ergänzt. Heute präsentiert sich der Saal daher noch weitaus reichhaltiger als zur Zeit Friedrich Wilhelms IV.
 

Schloss Sanssouci war für Friedrich Wilhelm IV. eine Art Heiligtum, stand es doch symbolisch für seinen von ihm verehrten Vorgänger Friedrich II. Carl Graeb hielt es daher in einer Vielzahl von Aquarellen und Zeichnungen fest. In lockerer Strichführung skizzierte er hier die festliche Eleganz des Marmorsaals. Nicht zu sehen ist der prächtige Marmorfußboden – im 19. Jahrhundert war es äußerst beliebt, kostbare und oft farbenfrohe Teppiche in die Schlossräume zu legen, so auch hier im Schloss Sanssouci.
 

Wohl um 1848, also im Jahr ihrer Weihe, malte Carl Graeb diese Innenansicht der kurz zuvor fertiggestellten Friedenskirche. Sie war für den König eines seiner wichtigsten Bauprojekte in Sanssouci, brachte er hier nämlich seine Vorstellung eines „Gottesgnadentum“ baulich zum Ausdruck. Noch fehlen einige Ausstattungsstücke, dafür stehen sechs marmorne Säulen am Fuße des Chors, die sich nicht erhalten haben.
 

Der Marmorsaal ist nicht nur der größte Raum des Neuen Palais‘, sondern heute auch der größte Raum in allen Schlössern der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Graeb malte ihn 1853. Auffällig sind die großen Radkronleuchter, die 1795 statt der ursprünglichen Kristallkronleuchter im Saal installiert wurden, und nicht ganz zur Dekoration des Saals passen wollen. Heute befinden sich an ihrer Stelle wieder Kristallkronleuchter, die sich an ihre historischen Vorbilder des 18. Jahrhunderts anlehnen.
 

Die Kapelle im Schloss Charlottenburg wurde von Graeb in mehreren Aquarellen festgehalten. In dieser Ansicht von 1846 dominieren Braun- und Goldtöne, die dem barocken Raum eine warme Stimmung verleihen.
 

Blumiges Idyll: Inmitten des Rosengartens am Schloss Charlottenhof lädt die kleine Laube aus Astwerk bis heute ihre Besucher:innen zum Verweilen ein. Carl Graeb malte sie um 1855, deutlich erkennbar ist der wasserspeiende Faun, der als Fontäne dient.

 

 

 

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