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Metallbaumeister im Welterbe-Park Sanssouci

16. September 2022 Von Lorenz Meiß

Porträt von Martin Richert zum Tag des Handwerks

Am 17. September 2022 findet zum zwölften Mal der Tag des Handwerks statt. Aus diesem Anlass hat Lorenz Meiß unseren Meister der Metallwerkstatt, Martin Richert, begleitet: Martin Richert steht an diesem Morgen in seiner Werkstatt, vor sich zwei gebogene, drei Meter lange, grüne Metallstangen. Sie gehören zum Laubengang im Sizilianischen Garten im Park Sanssouci. Vor ein paar Tagen ist dort ein Baum abgebrochen, auf den Laubengang gestürzt und hat dabei einige Metallteile verbogen. „Die Stangen sind alle miteinander zusammenhängend. Fällt da ein Baum drauf, verbiegen sich alle“, erklärt der 41jährige den entstandenen Schaden. Heute schmiedet er gemeinsam mit seinem Kollegen Ralf Schulz die Teile wieder zusammen.

 

Martin Richert ist seit 2006 Metallbaumeister auf dem Bauhof der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Das Gelände liegt am südlichen Rand des UNESCO Welterbe Parks Sanssouci und beherbergt neben den Metallern noch zahlreiche andere Werkstätten. An diesem Morgen fällt ausnahmsweise reichlich Regen vom Himmel, tropft auf das Werkstattdach und den Unterstand, bildet große Pfützen auf dem Hof. Auf dem noch trockenen Boden im Unterstand liegen die kaputten Metallstangen und allerlei Werkzeuge.

Die beiden Männer setzen ihre Ohrenschützer auf, Martin Richert nimmt eine Metallniete und den Bankhammer in die Hand, holt kräftig aus. Schulz hält mit dem Gegenhalter die andere Seite fest. Das alte Eisen des Laubenganges ächzt unter den Schlägen, grüne Farbe blättert ab. „Das Material ist wahrscheinlich über hundert Jahre alt“, schätzt Richert. „Wir arbeiten viel mit Teilen aus dem 19. und 20. Jahrhundert und können deshalb 99 Prozent der Sachen, die hier in der Stiftung benötigt werden, nicht aus China importieren. Das ist einfach nicht möglich!“.
 

Martin Richert hat 2001 seine Gesellenprüfung zum Metallbauer gemacht und 2006 seinen Meister abgeschlossen. Heute bildet er selbst junge Menschen aus. Dazu gehört auch Niklas Dehnel. Der 21jährige arbeitet nach seiner Ausbildung bei der SPSG nun neben Martin Richert und Ralf Schulz als Metallbaugeselle. An Nachwuchs mangelt es dem Team nicht. „Wir haben immer eine stabile Nachfrage nach Auszubildenden in der Stiftung. Wahrscheinlich zieht es noch ganz gut, bei der SPSG zu arbeiten“, meint Richert. Wenn er einzelne Bewerbungen durchsieht, schaut Martin Richert auf eine Sache: „Ich gucke gerne in den Bewerbungen nach Hobbys. Wenn jemand in seiner Freizeit schraubt und bastelt oder sich handwerklich betätigt, dann ist das schon mal ein Schritt in eine gute Richtung.“

In der Regel starten Richert, die beiden Gesellen und sein Azubi um halb sieben Uhr morgens. Das Team arbeitet in Gleitzeit, kann einen regulären Achtstundentag auch mal auf neun oder mehr Stunden erweitern. „Das Schöne daran ist, dass man ein Projekt an einem Tag zu Ende bringen kann, ohne groß Überstunden beantragen zu müssen. Dadurch ist die Arbeit flexibler geworden.“

Denn zu tun, gibt es reichlich, von der geschnörkelten Türklinke im Neuen Palais bis zu defekten Toren im Park Babelsberg, die geöffnet werden müssen. Zur SPSG gehören über 200 Gebäude, alleine im Park Sanssouci stehen 96 Bauwerke, die sich über ein Gelände von 290 Hektar verteilen. „Wir sehen zu, dass wir so gut wie alles in der Werkstatt machen“, erklärt Richert die Zusammenarbeit im SPSG-Team.
 

In den letzten Jahren machen ihm und seinen Leuten vor allem zunehmender Vandalismus und die anhaltende Dürre zu schaffen: „Es ist mittlerweile Alltag, dass Bänke, Zäune und Tore durch herunterfallende Äste beschädigt werden“. Darüber hinaus beeinflusst auch die aktuelle Weltlage seine Arbeit – hohe Stahlpreise, unterbrochene Lieferketten, lange Bestellzeiten. Manchmal dauert es 14 Tage oder drei Wochen, bis die gewünschten Teile geliefert werden.
 

Auch an diesem Morgen gestaltet sich die Arbeit an den grünen Metallstangen schwieriger als gedacht. Beim Hämmern springen immer wieder einzelne Nieten heraus, fallen auf den Boden. Richert greift zur Bohrmaschine, verbreitert mit maximaler Vorsicht die vorhandenen Löcher an den Stangen. Angst, dass etwas kaputtgeht, hat er dabei nicht. Im Vorfeld hat er über sämtliche Risiken mit den Kolleg:innen aus den Fachabteilungen gesprochen. „Eher umsichtig, vorsichtig, respektvoll“, beschreibt er seine Arbeitsweise, „ich ordne meinen Willen, meinen Geschmack unter. Das ist einfach so!“

Mit Schwung haut Richert die letzte Niete in die Stangen. Er setzt die Ohrenschützer ab, richtet die Teile auf, begutachtet zufrieden seine Arbeit. Kommende Woche werden er und sein Team das fertige Teilstück zurück in den Sizilianischen Gartens bringen und dort mit dem Laubengang verbinden, so dass niemand mehr den Schaden erkennt. „Das ist mein Beitrag für das UNESCO Weltkulturerbe“, sagt Richert und schmunzelt „dass man das, was ich mache, hinterher nicht sieht.“
 

 

 

 

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