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Ökologische Rasenmäher

04. Mai 2022 Von Svenja Pelzel

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) setzt im Potsdamer Park Sanssouci und im Berliner Park Charlottenburg auch im Jahr 2022 auf ökologische Wiesenpflege durch Schafe. Seit Anfang Mai stehen die ersten 50 Tiere auf der nördlichen Wiese hinter dem Schloss Sanssouci. 100 weitere Schafe und Lämmer folgen in den nächsten Tagen. Im Park Charlottenburg muss das Gras noch wachsen, bis dort eine Herde mit zirka 80 Tieren weiden kann. Bis November sollen die Tiere in beiden Anlagen insgesamt 24 Hektar Grasfläche „mähen“.

Seit 2018 lässt die SPSG ihre Wiesen beweiden und leistet damit einen direkten Beitrag zum Umweltschutz. Anders als schwere Maschinen, die bis dahin zur Flächenmahd eingesetzt wurden, verbrauchen die Tiere keinen Diesel und verdichten den Boden in den empfindlichen Parks nicht unnötig. Auch sind anfängliche Befürchtungen, wonach sich durch die Beweidung die Biodiversität der Wiesen verringern könnten, nicht eingetreten. Das Gegenteil ist der Fall, das zumindest haben Beobachtungen des Potsdamer Parkrevierleiter Sven Hannemann ergeben: „In der Schafswolle verfangen sich Samen, die sie beim Herumlaufen viel weiter verbreiten, als die Pflanze das selbst gekonnt hätte. Die Pflanzenvielfalt auf unseren Wiesen hat deshalb nicht ab- sondern zugenommen“. Das bestätigen auch wissenschaftliche Studien, wonach in einem einzigen Schafvlies bis zu 20.000 Samen gefunden wurden.
 

Die Tiere im Park sind Guteschafe, die älteste schwedische Landschafrasse. Sie wurden ursprünglich auf der Insel Gotland gezüchtet und werden deshalb häufig mit der verwandten Rasse der Gotlandschafe verwechselt. Das Besondere an Guteschafen: beide Geschlechter tragen Hörner. Die der männlichen Tiere sind schneckenförmig, die der weiblichen sichelartig. Die Tiere sind sehr robust und genügsam und werden deshalb regelmäßig in Naturschutzgebieten eingesetzt. Außerdem sind Guteschafe neugierig und entspannt im Kontakt mit Menschen und hervorragend geeignet für pädagogische Projekte. So lädt auch das Team um Gartenmeisterin Andrea Badouin am 4. Juni 2022 zu zwei Familienführungen zu den Schafen im Park Charlottenburg ein.
 

Schafeschur Mai 2020
Schafschur im Park Charlottenburg 2020, Foto: Andreas Jakobs

Eine weitere Besonderheit der Guteschafe ist, dass sie ihre Wolle teilweise von selbst verlieren. Wenn die Tiere sich an Bäumen schubbern, bleiben oft einzelne Haare an der Rinde hängen oder sie verfangen sich beim Herumlaufen an Büschen und niedrigen Pflanzen. Sehr „zur Freude“ der Vögel, die die Wollfasern gerne als Nistmaterial verwenden. In der Regel bleiben deshalb 30 Prozent einer Herde im Sommer ungeschoren, für die übrigen 70 Prozent kommt der Scherer gegen Ende Juni, Anfang Juli. Pro Tier kostet die Schur vier Euro, 15 Cent erhält man für die Wolle beim Wollgroßhändler! Die Schafschur ist damit ein echter Kostenfaktor geworden.

Ein Teil der Wolle gelangt allerdings nicht zum Großhändler, sondern zu Parkrevierleiter Sven Hannemann: „Wenn wir einen Baum hier im Park Sanssouci neu pflanzen, legen wir zuerst eine Lage Schafwolle in das Erdloch und setzten dann den Setzling darauf“. Das hat gleich zwei Vorteile: Wolle hat einen hohen Horngehalt, der wie ein natürlicher Dünger wirkt und sie wird direkt vor Ort ökologisch sinnvoll verwertet.

Ein Mal am Tag kontrollieren in den Parks Sanssouci und Charlottenburg ein Schäfer und seine Mitarbeiterin den Gesundheitszustand der Tiere und bringen ihnen frisches Wasser. Das Team setzt die mobilen Elektrozäune um, schützt empfindliche Baumstämme auf den Weideflächen mit Kaninchendraht vor Verbiss und übernimmt kleinere Freischneidearbeiten. Außerdem sind sie Ansprechperson vor Ort, denn die Besucher:innen der Parks haben häufig Fragen zu den Schafen. Auch schreiten die Profis ein, wenn jemand die Wiesenflächen betritt, seinen Hund nicht an der Leine führt oder die Tiere füttert, was streng verboten ist. Trotz großer Hinweisschilder an den Zäunen, geben manche Gäste den Tieren feuchtes Brot, Nudeln oder sogar Chips zu fressen. Die Schafe sind diese menschlichen Lebensmittel nicht gewohnt, bekommen davon innerliche Vergiftungen und gehen elendig zugrunde.
 

Die allermeisten Besucher:innen verhalten sich allerdings korrekt und haben einfach nur Spaß daran, die Tiere zu beobachten. Als besonderen Service lässt die SPSG deshalb den jeweiligen Standort der Schafe per GPS-Tracking verfolgen. Interessierte finden die aktuelle Position der Herden unter folgendem Link: www.spsg.de/schloesser-gaerten/parkisart/

Die ökologische Beweidung ist für die SPSG eine wichtige Grundsatzentscheidung. 24.000 Euro kostet das Projekt für beide Schlossparks, wovon die Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V. 10.000 Euro übernehmen. Weitere Spenden sind gerne willkommen!

 

 

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