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Der Segnende Christus ist zurückgekehrt

04. Oktober 2021 Von SPSG

Im Atrium der Friedenskirche lädt die restaurierte Großplastik wieder zu Momenten der Ruhe ein

3,49 Meter groß, rund eine Tonne schwer: Der »Segnende Christus« ist eine stattliche Erscheinung, wenn auch von fragiler Gestalt. Seine äußere Hülle aus Kupfer ist sehr dünn und zerbrechlich. Vor 170 Jahren wurde die Galvanogroßplastik auf Wunsch des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. (1795 – 861) im Atrium der Friedenskirche im Park Sanssouci aufgestellt.

Angefertigt wurde die Statue im Königlichen Galvanoplastischen Institut Berlin mit einem damals neuen elektrochemischen Verfahren, bei dem sich Kupfer aus einer Lösung von Kupfersulfat niederschlägt. Zu den Eigenschaften dieses Verfahrens zählen unterschiedliche, teils papierdünne Wandstärken und sehr formgetreue Wiedergaben des Modells. Um dem Hohlkörper Standfestigkeit zu verleihen, werden bei der Herstellung Stabilisierungen aus Stahl und Blei an den Innenseiten der dünnen Kupferschicht aufgebracht. Im Lauf der Zeit wird das Material jedoch spröde, was zu Rissen, Brüchen und Deformationen führt. Bei der ersten Restaurierung unter Obhut der SPSG 1998/99 wurden weiter stabilisierende Edelstahlstützen ins Innere der Figur eingefügt. 20 Jahre später zeigten sich erneut witterungsbedingte Risse in der Kupferhaut und Schmutzablagerungen in den Vertiefungen.

In der Berliner Werkstatt für Metallrestaurierung Haber & Brandner, fachlich betreut von den Restaurator*innen der SPSG, wurde jetzt die Innenkonstruktion erweitert und verstärkt, um einer erneuten Rissbildung durch Bewegungen der Plastik entgegenzuwirken. Beschädigungen im Kupfer konnten wieder gefügt und stabilisiert werden. Die geschlossene Oberfläche erhielt abschließend eine neue schützende
Wachskonservierung, die alte Patina blieb erhalten.

Unterstützt wurden die aufwendigen, zehn Monate dauernden Restaurierungsmaßnahmen durch eine großzügige Spende der Irene und Karl Blumenberg Stiftung. Zum Andenken an ihre Eltern hatte Hildegard Blumenberg die »kleine Stiftung für Kunst, Kultur und Denkmalschutz« vor zehn Jahren gegründet. Schon einmal engagierte sich die Potsdamerin für ein Restaurierungsprojekt der SPSG. 2018 ermöglichte sie die Wiederherstellung einer Exedra-Bank an den Terrassen des Orangerieschlosses. Die halbkreisförmige Sandsteinbank auf einem Podest mit Bodenmosaik ist Aussichtspunkt mit herrlichem Blick auf das Orangerieschloss und ein beschaulicher Ruheplatz, einladend für alle Besucher*innen des Parks.

Nun ist ein weiterer Lieblingsort hinzugekommen. Das architektonische Ensemble der Friedenskirche nach italienischem Vorbild mit dem weithin sichtbaren Campanile, Kreuzgang und Säulenhof »ist einfach wunderschön«, sagt Hildegard Blumenberg. Besonders das von  Säulen umgebene Atrium mit Ausblick in den reizvollen Marlygarten und mit der Christusstatue auf dem Brunnensockel »ist ein fast meditativer Ort, an dem man die Hektik des Alltags hinter sich lassen und zur Ruhe kommen kann«. Am Segnenden Christus gefällt ihr neben der »jetzt frischen Optik« die »erhabene und freundliche Geste«. Mit weit geöffneten Armen scheint er die christliche Einladung auszusprechen: »Kommet her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid«.

Auch die »Karriere« dieser Großplastik ist beeindruckend. Das Original aus Carrara-Marmor schuf 1821 der dänische Bildhauer Bertel Thorwaldsen (1770 – 1844) für die Frauenkirche in Kopenhagen. Erst 1838 wurde der Segnende Christus dort aufgestellt. Bereits 1835 gelangte ein Gipsabguss nach Berlin. Nach dem Bau der Friedenskirche in Potsdam (1844) und der Gestaltung des Atriums und Brunnens (1846/47) nach Entwürfen des Architekten Ludwig Persius (1803 – 1845) bestimmte Friedrich Wilhelm IV. die Säulenvorhalle zum Standort der Galvanoplastik, der 1851 fertig war.

Bei einem Besuch in der Berliner Metallwerkstatt – ein kleines Dankeschön an die Spenderin – erfuhr Hildegard Blumenberg auch von all den anderen Galvanonachbildungen, die bis heute auf Friedhöfen zu finden sind. Auf Gräbern symbolisiert die Figur als »Christus Consolator« (Christus der Tröster) den auferstandenen Christus, der den Zurückbleibenden Trost und Segen spendet. Was viele auch nicht wissen: Im 19. Jahrhundert zierten verkleinerte Repliken der Statue viele Arbeitszimmer in Pfarrhäusern.

 

Weitere Informationen zu Spendenprojekten

 

Wer mehr über die Technik der Galvanoplastik und die Besonderheit dieser frühen Großplastik erfahren will, findet hier interessante Forschungsergebnisse:
Jörg Freitag: Zur frühen galvanoplastischen Herstel­lungstechnik von Kunstwerken in Berlin. In: Arbeitshefte des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums 36, 2015, S. 26–42.

 

 

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