Ein Forschungsprogramm aus Versailles zu Gast in Schloss Sanssouci.
Historische Häuser wie das Schloss Sanssouci in ihrer orginalen Substanz zu erhalten, stellt Restaurator:innen immer wieder vor besondere Herausforderungen. Um von anderen Europäischen Schlossanlagen zu lernen, nimmt die SPSG mit Schloss Sanssouci an einem Forschungsprogramm des Château Versailles teil, dem sogenannten EPICO-Programm. SPSG-Gemälderestaurator Daniel Fitzenreiter erläutert, was sich dahinter verbirgt.
Was ist EPICO?
EPICO steht für European Protocol In Preventive Conservation, ein europäisches Projekt, durchgeführt vom Château Versailles mit Partnern in Polen, Italien, Frankreich, Portugal und Deutschland. Die SPSG ist seit Ende 2018 mit der Abteilung Restaurierung, speziell dem Fachbereich Präventive Konservierung, dabei.
Das Projekt hat zwei Phasen: In der 1. Phase von 2014 bis 2017 wurden international angewendete Methoden zur Zustandsuntersuchung musealer Sammlungen analysiert und getestet. In Versailles wurde eine Methode speziell für historische Häuser und Schlossmuseen entwickelt – EPICO! Die Projektpartner waren das Centre de recherche du Château de Versailles, die Association des Résidence Royales Européennes, das Schlossmuseum in Wilanow (Polen) und das Konservierungs- und Restaurierungszentrum La Venaria Reale (Italien). Die 1. Projektphase endete mit einer internationalen Tagung in Versailles im November 2017.
In der 2. Phase des Projektes von 2018 bis 2020 wird die Methode nun angewendet und die Ergebnisse von einem wissenschaftlichen Komitee geprüft und diskutiert. Projektpartner sind hier die Association des Résidence Royales Européennes, das Département d’Eure et Loire, das Château de Maintenon nahe Paris, die Universität Paris 1 „La Sorbonne“, die Schlösser in Sintra bei Lissabon, sowie die SPSG mit dem Schloss Sanssouci.
Was protokolliert EPICO?
Den Zustand ganzer Schloßräume mitsamt Inventar.
Der größte Schlossbau im Projekt ist Versailles mit 2.300 Sälen und Räumen, die gestalteten Oberflächen summieren sich auf ca. 60.000 m²! Das bedarf einer wissenschaftlichen, statistischen Arbeitsweise schon bei der Vorbereitung (Pre-Inspection). Wissenschaftliche Untersuchungen zu physikalischen Einwirkungen wie Klima und Licht, Langzeitbeobachtungen der Verstaubung und das Monitoring der Schadinsekten finden Eingang in die Untersuchung, ebenso wie Angaben zur Nutzungs- und Restaurierungsgeschichte der Räume und des Inventars.
Was kann eine Museumsleitung von EPICO erwarten?
Béatrix Saule, die frühere Direktorin des Château de Versailles, sagt und erwartet Folgendes: „Für die Museumsleitung ist das Resultat dieser ganzen Forschungsarbeit eine zu berücksichtigende Entscheidungshilfe für ihre Abwägungen. Was kann man von diesem neuen Ansatz zur Stabilisierung oder Verbesserung des Erhaltungszustandes des Kulturerbes erwarten? Ich will es in fünf Worte fassen, die es klar ausdrücken:
- zu verstehen: was eine klare Diagnose voraussetzt;
- zu wissen: was eine klare Kartographie der Risiken voraussetzt;
- zu verwerten: dies setzt umsetzbare Empfehlungen sowohl für das Sammlungsmanagement als auch für die Ausrichtung der Projekte voraus;
- Prioritäten setzen: dies beinhaltet eine Hierarchisierung von Anforderungen für die Programme und Budgetierung;
- und letztlich, zu überzeugen: was eine solide Basis für Diskussionen und Konsultationen mit den Partnern voraussetzt“ *
* Béatrix Saule “The Stakes in Preventive Conservation Research Applied to Historic Houses”, Versailles 2019, International Symposium, Preventive Conservation in Historic Houses and Palace Museums: Assessment Methodologies and Applications.
Wieviel Zeit ist für solch eine Zustandsuntersuchung nötig?
Im Jahr 2018 wurde beispielsweise mit der EPICO Methode das Schloss Maintenon, im Departement Eure-et-Loir, untersucht. Dort waren mit Vorbereitung, Datensammlung, Auswertung sowie Formulierung der Empfehlungen zwei Kollegen 19 Arbeitstage beschäftigt. In Maintenon war die zu begutachtende, gestaltete Fläche im Schlossmuseum ähnlich groß wie in Sanssouci.
Welche Zustände werden untersucht?
Es werden Checklisten von typischen Veränderungen/Schäden an den Oberflächen der Räume und Objekte abgearbeitet. Die sichtbaren Auswirkungen von Klima, Staub, Licht, Schadinsekten, Kondensationsfeuchte u.a. werden vermerkt. Für weitere Details zur EPICO-Methode kann die offzielle Broschüre als PDF heruntergeladen werden. Weitere Informationen finden sich auch unter http://www.europeanroyalresidences.eu.
Wie wird ausgewertet, wie wird das Ergebnis dargestellt?
Die statistisch bewerteten Wirkungsfaktoren auf das Inventar werden hierarchisch dargestellt, Anteile an stark bis wenig betroffenen Objekten werden farblich gekennzeichnet. Daraus werden die Empfehlungen für prioritäre Maßnahmen der Präventiven Konservierung abgeleitet.
Was passiert im März 2020 im Schloss Sanssouci?
In der letzten Projektphase, dem Testen der Methode, erarbeiten die Kollegen aus Versailles, das „Team EPICO“, eine Zustandsuntersuchung im Schloss Sanssouci. Daniel Fitzenreiter, SPSG, koordiniert die Vorbereitungen dieser Arbeit und ist im Team mit dabei. Es wird eine wichtige Erfahrung sein, die Herangehensweise der französischen Kollegen zu erleben und Wissen zu teilen. Wir freuen uns auf diese tolle internationale Zusammenarbeit!
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