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Neues Palais Sanssouci: In Vielfalt und Größe nicht zu übertreffen

13. November 2018 Von Verena Göttel

Die Wand- und Deckenmalereien (Teil 1)

Restauratorin Verena Göttel betreut mit fünf Kolleg:innen die historischen Oberflächen von Fassaden und Innenräumen der fast 700 Baudenkmale der SPSG. Decken- und Wandmalereien sind dabei herausragende eigenständige Kunstwerke, die mitunter von beachtlicher Größe sind. Im Neuen Palais, dem größten Schlossbau Friedrichs des Großen, gibt es davon rd. 130 Werke. Verena Göttel stellt die große Vielfalt mit einigen Beispielen vor, im ersten Teil geht es um Malereien auf Leinwand, auf Putz und Stuck sowie auf Holz.

Eigentlich gibt es im Neuen Palais, gemessen an der Gesamtgröße des Schlossbaus, relativ wenige Wand- und Deckenmalereien. Ihr Erhalt und ihre Pflege bestimmen jedoch aufgrund der Gesamtzahl gefasster Oberflächen und vor allem aufgrund ihrer Größe einen wesentlichen Teil unserer Arbeit. Das erfolgt teilweise unter der Prämisse schlechter Zugänglichkeit wegen enormer Raumhöhen oder der kostbaren Fußböden aus Holz und Naturstein (teilweise gar mit Intarsien oder Inkrustationen).

Definitionen der Wand- und Deckenmalereien

Unter Wand- und Deckenmalerei verstehen wir zunächst alles, was auch den Anspruch eines Gemäldes an sich erfüllt, nur eben größer und speziell auf Putz gemalt und in eine Raumebene in Wand oder Decke eingefügt. So definiert man die Wandmalerei als Malkunst, bei der das Bild nicht auf Holz oder Leinwand aufgetragen wird und zum mobilen Einsatz bestimmt ist, sondern auf eine Wand oder Decke so appliziert wird, dass sie fest mit dem Untergrund verbunden ist.

Direkt auf Putz gemalt sind, abgesehen vom großen Deckengemälde im Grottensaal und der Deckenmalerei im Frühstückszimmer, eher dekorative Malereien mit Schablonentechniken und Marmorimitationen oder partielle Bemalungen auf ornamentalem Schmuck aus Stuck, die neben der Bemalung von Schnitzerei auf Holz in sehr großer Anzahl zu finden sind.

Wand- und Deckenmalerei auf Putz und Stuck zu beschränken, stellt aber nicht den eigentlichen Umfang an kostbarer Wand- und Deckengestaltung im Neuen Palais dar – eher ist die Unterscheidung zum mobilen Einsatz als ein wesentliches Kriterium anzusehen.

Wandfeste Malereien sind auf unterschiedlichen Trägern zu finden – so gesehen erweitert sich der Umfang an Wand- und Deckenmalereien und ergibt allein für das Neue Palais eine nicht unerhebliche Anzahl von ca. 130 Werken oder Räumen.

Ca. 63 Wand- und Deckenbilder sind auf Leinwand gemalt oder in geringer Zahl durch vergangene Restaurierungen durch Verkleben teilweise auf den Putz oder andere neue Träger aufgebracht (Marouflage).

Beispiel für die Schablonenarbeiten im Neuen Palais vom Ende des 19. Jahrhunderts. Foto: Verena Göttel

Etwa 20 Wandgestaltungen sind Malereien oder kostbare Lackarbeiten auf Holz, und über 20 kostbare Bemalungen auf Papier- und Textilbespannung schmücken die Räume oder warten im Depot auf ihre Rückkehr ins Schloss.

Über 25 Schablonierungen oder Imitationen anderer Materialien bereichern die Putz- und Stuckgestaltungen auf „bemalende Weise“.

Leinwandbilder

Betrachten wir zunächst Beispiele der ca. 63 Leinwandbilder, um ihre Zuordnung in die Wand- und Deckenflächen darzustellen.

Ein Raum mit fünf Wandbildern auf Leinwand ist das Konzertzimmer im Unteren Fürstenquartier. Dieser musste aufgrund eines Schwammschadens schon 1983 gesperrt werden, 1986 begannen erste Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen. Die Gemälde mit den Darstellungen von Venus und Adonis, Bacchus und Ariadne, Zephir und Flora, Diana und Endymion sowie Acis und Galathea sind im Rahmen der Führungsroute zu besichtigen.

Ein weiteres fest in die Wand integriertes Leinwandgemälde „Tamerlan und Bajazeth“, von Andreas Celesti um 1700 gemalt, kann im Tamerlanzimmer innerhalb der Führungstour hinter dem Grottensaal betrachtet werden.

Ebenfalls in Nachbarschaft zum Grottensaal liegt die Marmorgalerie, deren drei große und zwei kleinere Deckengemälde von Chistian Bernhard Rode letztmalig in den 1960er Jahren restauriert wurden. Sie sind heute in einem Zustand, der ein erneutes Bearbeiten erfordert. 

Vor Beginn der großen Ausstellung „Friederisiko“ 2012 wurde im Unteren Vestibül das Deckengemälde „Apollo und die Musen“ des Malers Johann Christoph Frisch konserviert, d. h., offenstehende Risse im Bildträger wurden geschlossen und angehobene Malschichten gefestigt.

In diesem Zusammenhang konnten wir auch die ursprüngliche Kronleuchteraufhängung per endoskopischer Untersuchung feststellen und einen neuen Haken an der ursprünglichen Stelle im Deckenbalken befestigen.

Neben der Gestaltung ganzer Wände sind auch Supraporten als wandfeste Malereien einzustufen. Auf Leinwand befinden sich davon neun Werke im Neuen Palais, die wegen der Darstellung baulicher Objekte auch als „Architekturstücke“ bezeichnet werden. Interessant sind auch die vier wandfesten Gemälde im Tanzsaal.

Guido Reni malte seine „Lukretia“ bereits vor 1635, dem Jahr, als vermutlich von einem seiner Schüler das Bild „Diogenes in der Tonne“ geschaffen wurde. Luca Giordano mit dem „Urteil des Paris“ und dem „Raub der Sabinerinnen“ sowie Artemisia Genteleschi mit „Tarquinius und Lukretia“ und „Bathseba im Bade“ sind hier ebenfalls ausgestellt. Diese Bilder können derzeit nicht betrachtet werden, da sie restauriert werden.

Erlebbar dagegen ist das Große Deckengemäldes des Oberen Vestibüls „Venus und die drei Grazien“ von Johann Christoph Frisch. Hier müssen wir allerdings noch eine Weile mit den Sicherungspapieren leben, die vermutlich bei der Restaurierung um 1967 zur Konsolidierung von Farbschollen mit Wachs-Dammarpaste aufgebügelt wurden.

Das Deckenbild im benachbarten Marmorsaal von Amédée van Loo entstand 1768 und stellt das „Göttermahl mit der Einführung Ganymeds in den Olymp“ dar. Es dürfte mit über 22 m Länge und über 12 m Breite das größte Gemälde auf Leinwand in der SPSG sein.

Ebenfalls beachtlich sind die vier Wandbilder dieses beeindruckenden Raumes. Carle van Loo schuf die „Opferung der Iphigenie“, Jean Restout den „Triumph des Bacchus und der Ariandne“, Jean-Baptiste Marie Pierre das „Urteil des Paris“ und Antoine Pesne mit Bernhard Rode den „Raub der Helena“. Die Wandbilder konnten im Rahmen der Sanierung des Fußbodens konserviert werden, für das Deckengemälde gab es zunächst aufgrund der Höhe und des sensiblen Bodens keine Variante der Zugänglichkeit für die Restaurierung.

Im Oberen Konzertzimmer finden wir das nächste Deckenbild auf Leinwand von Johann Christoph Frisch. Das Gemälde zeigt „Diana mit Jagdhund“ und ist im Vergleich zur restlichen Deckengestaltung auf den ersten Blick relativ gut erhalten. Die zugehörigen Medaillons an der Wand sind auf Holz gemalt.

Einige Wandmalereien aus dem Neuen Palais befinden sich im Depot oder sind verschollen. So sind auch die drei Deckengemälde, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Berliner Schloss ins Neue Palais kamen, deponiert. Zwei davon waren ursprünglich Fresken aus Italien, die nach der Putzabnahme auf Textil gezogen wurden (nach 1901 für Raum 208 und 209 des Berliner Schlosses). Ein guter Übergang zur eigentlichen Wandmalerei auf Putz.

Malereien auf Putz und Stuck

Von den ca. 25 Malereien auf Putz und Stuck sollen hier nur Beispiele gezeigt sein. Unbedingt muss als erstes natürlich das Deckenbild des Grottensaals genannt werden. Dieses Bild kann durch die Materialtechnologien samt Deckenbildern in den Seitenschiffen in drei Kategorien unterteilt werden: es gibt hochempfindliche Leimfarbenfassungen (Tritonenfries und Rahmung des runden Mittelbildes), unempfindlichere Temperafassungen (dekorative Elemente des Gemäldeumfeldes) und relativ stabile Ölfarbfassungen an den eigentlichen Malereien. Alle gemalten Elemente sind harmonisch eingebettet in eine Rahmung aus Stuckmarmor und Grottierung. Die Bereiche der Decke wurden zwischen 2013 und 2015 restauriert.

Eine weitere Deckenmalerei auf Putz befindet sich im Frühstückszimmer. Die Malereien sind mit Reflexen in der Art einer Mordentversilberung versehen, wie sie der Maler Friedrich Wilhelm Höder gern ausführte. Bei dieser Art der Versilberung wird Blattsilber auf eine Wachsgrundierung aufgetragen, so dass reliefartige grafische Strukturen entstehen (vergleichbare Malereien sind als Mordentvergoldung für Schloss Sanssouci und Charlottenburg als seine Arbeiten belegt – für das Neue Palais fehlt noch der Nachweis).

Malereien auf Holz

Im Neuen Palais gibt es auch ca. 20 Malereien auf Holz. Beispiele dafür sind wieder im Unteren Fürstenquartier sowohl im unrestaurierten als auch im restaurierten Zustand zu finden. Hier ist als Beispiel für die Mordentvergoldung die Holzvertäfelung im kleinen Vorzimmer zu sehen:

In der Vorkammer zum Ovalen Kabinett wurden die Malereien 2011 konserviert, die ursprüngliche Fassung mit Mordentvergoldung ist durch Übermalung wegen eines Brandschadens um 1955 nur noch in Resten zu sehen. Ein kleiner Bereich an der Tür zum Ovalen Kabinett konnte freigelegt werden.

Für das Schreibkabinett im Unteren Fürstenquartier kommt beim Restaurieren vermutlich eine vergleichbare Lösung wie im Ovalen Kabinett zum Tragen. Hier wurden schädigende Überfassungen vom Original des Malers Sebastian Chevalier abgenommen, die Ursprungsfassung restauriert und stellenweise mit einem Firnis nach historischem Rezept entsprechend dem erhaltenen Bestand lackiert. 

Nicht ohne vorherige Musterflächen und Diskussionen wird die Restaurierung der Malereien im Schreibkabinett der Friedrichwohnung verlaufen. Hier erfolgte in den 1960er Jahren eine Neufassung der Fondflächen. Ältere Fotos belegen, dass Jahre zuvor die bereits damals sehr fleckige Firnisoberfläche abgenommen wurde. Da dieser Raum ein bedeutendes Lackkabinett der Künstlerfamilie Martin aus Frankreich war, werden wir auch hier extrem auf die Erhaltung jedweder originalen Bestände (auch in Resten) achten.

Hochwertige Lackarbeiten ohne Malerei befanden sich auch noch im Konzertzimmer und der Fleischfarbenen Kammer der Königswohnung (derzeit wegen der Sanierungsarbeiten noch nicht zugänglich).

Weitere vier Malereien auf Holz, die in die Wand integriert sind, finden wir im Oberen Konzertzimmer. Die Darstellung von Putten mit Jagdgerät nimmt jeweils thematisch Bezug auf das Deckenbild des Raumes (siehe oben unter Leinwandbildern).

Im zweiten Teil stellen wir die verborgenen und teilweise noch schlummernden Schätze kostbarer Wandoberflächen vor.

Weitere Information zum Neuen Palais finden Sie hier »

 

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