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Schloss Cecilienhof ist äußerlich saniert

30. August 2018 Von Olaf Saphörster

Im Schloss Cecilienhof im Potsdamer Neuen Garten konnten jetzt 6.500 m² Dachlandschaft, 11.500 m² Fassadenfläche sowie im Inneren verschiedene Schlossräume modernisiert bzw. restauriert und wiederhergestellt werden. Vier Jahre lang mussten sich dafür täglich rd. 1200 Besucher:innen aus aller Welt mit bis zu 20 Baufirmen die engen Hofdurchfahrten und Flure teilen – aber es ist vollbracht: 100 Jahre nach seiner Errichtung ist das von 1913 bis 1917 für das Kronprinzenpaar Wilhelm und Cecilie im englischen Landhausstil errichtete Schloss wieder als Gesamtkunstwerk zu erleben.
Projektleiter Dr. Olaf Saphörster erklärt hier in Kürze die erfolgreiche Hüllensanierung.

Das Schloss Cecilienhof wurde als Wohnsitz für das Kronprinzenpaar Wilhelm von Preußen (1882-1951) und Cecilie von Mecklenburg-Schwerin (1886-1954) errichtet. Unter der Leitung des Architekten Paul Schultze-Naumburg (1869-1949) erbauten die Saalecker Werkstätten im Neuen Garten eine Residenz im Stile eines englischen Landhauses, die bis 1945 als Domizil für das Kronprinzenpaar und dessen Familie, zu der vier Söhne und zwei Töchter gehörten, diente. Herrschaftlichen Gästen des Kronprinzenpaares stand ein eigenes Appartement direkt über dem Eingang zur Verfügung. Dort übernachtete u. a. die ältere Schwester von Cecilie, Königin Alexandrine von Dänemark (1879-1952), anlässlich Ihrer Aufenthalte in Potsdam.

Die Sanierung des Schlosses Cecilienhof ist eines der größten Projekte im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms (Masterplan) für die preußischen Schlösser und Gärten. Während unter einem Fangnetz Besuchergruppen aus aller Welt das „Herzstück des Hauses“, die Konferenzhalle der Potsdamer Konferenz besichtigten, wurden z. B. ca. 360.000 Dachziegel der „englischen Biberschwanzdeckung“ geborgen, gesäubert und mit vorpatiniertem Ergänzungsmaterial wieder neu verlegt.

Ebenso wurden die durch die chemische Holz- und Brandschutzbehandlung der 1960er Jahre geschädigten Holzoberflächen abgestrahlt, gereinigt und dekontaminiert sowie 50.000 Meter Dachlatten neu verlegt. Der historische Dachstuhl konnte zu 98 Prozent erhalten werden.

Die Fassade

Die Fassade mit ihrem „Materialmix“ aus Naturstein-Eichenfachwerk-Ziegelsichtmauerwerk und Putzflächen ist einzigartig unter den Schlössern der SPSG. Alle Oberflächen wurden gereinigt, Fehlstellen ergänzt und das Mauerwerk neu verfugt. Dafür musste Ersatzmaterial beschafft werden: So ist etwa 30 m³ Eichenholz verbaut worden, das ca. zehn Jahre abgelagert war.

Außerdem wurden ca. 100.000 Mauerziegel im traditionellen Brandverfahren hergestellt. Der durch viele Reparaturen in der Vergangenheit „einheitsgrau“ gewordene Fassadenputz erstrahlt nun wieder in den Originalfarbtönen Ocker-Gelb-Beige. 

„Moderne“ Fenster

Trotz der eher traditionell wirkenden und handwerklich gestalteten Fassaden ist das Schloss Cecilienhof seinerzeit ein modernes Haus gewesen. Es gab nicht nur von Anfang an eine Zentralheizung – hinter der Schaufassade kamen auch industrielle Materialien zum Einsatz: Es wurden sehr solide Stahlsteindecken eingezogen und Stahlträger verwendet.

Modern waren auch die ca. 550 Stahlfenster mit Ihrer Bleiverglasung, die aus vorgefertigten Stahlprofilen bestanden, die damals zeitgleich im Gewerbe- und Industriebau Verwendung fanden. Im Zuge der Sanierung konnten nun sämtliche Fenster sorgfältig demontiert, sandgestrahlt und mit einem Korrosionsschutz versehen werden. Die historischen Verglasungen wurden wieder eingebaut bzw. ergänzt.

Die Schornsteine

Ab August 2017 erfolgte der Rückbau aller Wetterdachkonstruktionen und der Fassadenrüstungen. Neben reinen Restaurierungsarbeiten an Eichenholz, Putzflächen, Sicht- und Natursteinmauerwerk wurden mit dem Abbau der Planen und Schutznetze wieder die charakteristischen Schornsteingruppen sichtbar. Aufgrund von schadhaften Verfugungen, Frostschäden und korrodierten Eisengliedern an den 40 im Tudorstil gestalteten Schornsteinen war deren Standfestigkeit gefährdet. Durch behutsames Abtragen, Sichern und handwerkliches Wiederaufbauen ist es gelungen, alle originalen Ziegelformsteine zu erhalten. Sämtliche demontierten Teile wurden wieder mit neuem Mauer- und Verstrichmörtel zusammengefügt.

Weitere Informationen zum Sanierungsprojekt Cecilienhof sind der kürzlich erschienen Publikation „Zwischen Welt und Erbe – 10 Jahre Masterplan für die preußischen Schlösser und Gärten“ zu entnehmen (Michael Imhof Verlag, 272 Seiten, 310 Abbildungen, 29,95 Euro, ISBN: 978-3-7319-0617-9).

Gästeappartement

Das Gästeappartement ist ein Ensemble von vier Räumen und besteht aus Wohn-, Schlaf- und Badezimmer sowie einer Dienerkammer. Alle Entwürfe für die Ausstattung stammen von dem Architekten Paul Ludwig Troost (1878-1934). Vom originalen Mobiliar sind nur wenige Stücke erhalten, wozu neben einem wandfesten Garderobenschrank und einem Frisiertisch zwei Stühle und ein kleiner Tisch im Schlafzimmer gehören.

Von herausragender Bedeutung ist die ursprüngliche textile Ausstattung der beiden Haupträume, die seit 1974 deponiert war. Mit erheblichen Aufwand wurden die originalen textilen Wandbespannungen und Fensterdekorationen gereinigt, besonders fragile Stoffe mit passend eingefärbtem Stützgewebe unterlegt, nähtechnisch gesichert und anschließend ihren Funktionen entsprechend in den Räumen montiert. Die Teppichbodenbeläge wurden mit der überlieferten Technik verlegt, wodurch die Räume nun wieder einen authentischen Eindruck von der Wohnkultur und Innenarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts vermitteln. Das Badezimmer wurde behutsam gereinigt, fehlende Sanitärobjekte und Armaturen wurden im Antikhandel erworben bzw. anhand historischer Vorbilder nachgefertigt.

Prinzenhof und Blumengarten

Als der Bau des Schlosses Cecilienhof 1917 beendet war, befanden sich die Außenanlagen kriegsbedingt in einem vergleichsweise rudimentären Zustand. Der Hofhaltung des Kronprinzen standen dann nach 1918 nur begrenzt Material und Personal für die wünschenswerte Komplettierung zur Verfügung. Es folgte die Zeit der Potsdamer Konferenz 1945 und die Einbeziehung der Gedenkstätte in den sowjetischen Kulturpark.

Erst nach 1954 konnte der Neue Garten wieder durch die Schlösser- und Gartenverwaltung gepflegt werden. Ging es anfangs hauptsächlich um Substanzerhaltung und Herausnahme sowjetischer Zutaten, konnte ab den 1970er Jahren die Gartenumgebung des Schlosses nach gründlicher Recherche zur Entstehungsgeschichte entsprechend den ursprünglichen Intentionen schrittweise ergänzt werden. In dieser Zeit entstanden die rahmenden Gehölzpflanzungen. Formschnittgehölze und – wie einst von der Kronprinzessin gewünscht – mit Foerster-Stauden bepflanzte Beete ergänzten das Konzept, an dem sich auch die aktuelle Wiederherstellung orientiert.

Nach Abschluss der Hüllensanierung 2018 wurde im Rahmen der durch die Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e. V. geförderten denkmalpflegerischen Wiedergewinnung die Chance genutzt, die vorher teils stark überalterten Gehölz- und Staudenflächen in enger Anlehnung an die Originalpläne in neuer Frische anzulegen. Die während des Baumaßnahmen in der Gärtnerei des Neuen Gartens gesicherten Formbäumchen wurden in die wiederhergestellten Flächen integriert.

Ausblick: 75 Jahre Potsdamer Konferenz 2020

Anlässlich des 75. Jahrestages der Potsdamer Konferenz 2020 plant die SPSG im Schloss Cecilienhof eine Ausstellung über das Treffen des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Harry S. Truman, des Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Josef W. Stalin, und der Premierminister Großbritanniens, Winston Churchill und Clement R. Attlee, sowie der Außenminister der drei Regierungen, der Stabschefs und anderen Berater auf der von den drei Mächten beschickten „Berliner Konferenz“ von 1945.

Vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2020 sollen nicht nur der Ablauf der Konferenz und die Themen, die am Verhandlungstisch geregelt und hinter den Kulissen besprochen wurden, betrachtet werden, sondern – zeitgemäß, nüchtern, ideologiefrei und daher an vielen Stellen herausfordernd – auch die Auswirkungen, die diese Absprachen auf
den Fortgang der Weltgeschichte seither hatten. Am authentischen Ort Schloss Cecilienhof wird darum die bestehende Dauerausstellung durch eine temporäre Präsentation ergänzt.

Das Sonderinvestitionsprogramm für die preußischen Schlösser und Gärten

Mit dem Sonderinvestitionsprogramm (Masterplan) haben der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg bedeutende Denkmäler der Berliner und Potsdamer Schlösserlandschaft vor
dem Verfall gerettet. Das Abkommen sah vor, dass die SPSG bis 2017 insgesamt 155,03 Millionen Euro in die Wiederherstellung nationaler Kulturgüter zusätzlich investieren konnte.
Der Bund trug 77,5 Millionen Euro (50 Prozent) bei, das Land Brandenburg 53 Millionen Euro (2/3 von 50 Prozent) und das Land Berlin 24,53 Millionen Euro (1/3 von 50 Prozent).

Im Jahr 2018 konnte überdies das zweite Sonderinvestitionsprogramm (Masterplan, SIP 2) starten. Durch dieses 400 Millionen Euro umfassende Abkommen zur Fortsetzung des SIP 1 kann die SPSG bis 2030 insgesamt 400 Millionen Euro zusätzlich in die Rettung nationaler Kulturgüter investieren. Der Bund stellt 200 Millionen Euro zur Verfügung, auf das Land Brandenburg entfallen 131 Millionen Euro und auf das Land Berlin 69 Millionen Euro. Die Vorbereitungen für die ersten Vorhaben laufen. In den kommenden fünf Jahren sollen 25 von insgesamt 60 Projekten begonnen bzw. umgesetzt werden.

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