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Die textile Raumausstattung im Neuen Palais

09. März 2018 Von Susanne Evers

Die SPSG betreut rd. 9000 textile Kunstwerke aus der Zeit vom 16. bis zum frühen 20. Jahrhundert in den preußischen Schlössern. Herausragend ist dabei die Sammlung kostbarer Seidenstoffe des 18. Jahrhunderts. Sie entstanden im Auftrag Friedrichs des Großen zur Ausstattung des Neuen Palais und waren Spitzenwerke Berliner Seidenmanufakturen.
SPSG-Textilkustodin Dr. Susanne Evers stellt sie hier vor.

Die fürstlichen Innenräume der preußischen Schlösser waren im 18. Jahrhundert von einem außergewöhnlichen textilen Luxus geprägt. Unter Friedrich II. entwickelte sich Berlin in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einer europäischen Seidenmetropole. Die Gewebe einheimischer Manufakturen erreichten eine ungewöhnlich hohe Qualität in Entwurf und Ausführung. Die Seidenherstellung in Preußen wetteiferte mit dem führenden französischen Vorbild und gelangte dennoch zu künstlerischer Eigenständigkeit.

Die Spitzenerzeugnisse der preußischen Seidenindustrie lassen sich heute noch im Neuen Palais erleben. Dieser Bau gilt dank seiner umfangreich erhaltenen originalen Substanz und Ausstattung heute als ein Musterbeispiel der Architektur und Raumkunst im Zeitalter Friedrichs des Großen. Hier wurden für textile Wandbespannungen, Möbelbezüge und Draperien fast ausschließlich Berliner Seiden verarbeitet: einfache bemalte oder bedruckte Gewebe, Damaste und reich gemusterte Seidenstoffe, die häufig mit Gold, Silber und kostbarer Chenille gearbeitet sind. Auch die kostbaren Tressen, Borten und Quasten aus Seide, Silber und Gold waren einheimische Produkte.

Unter Kaiser Wilhelm II., der das Neue Palais als Wohnsitz nutzte, mussten die inzwischen schadhaften Raumtextilien um 1900 erneuert werden. Aus Respekt vor der künstlerischen Qualität entschied man sich für genaue Gewebekopien, anstatt zeitgenössische moderne Stoffe zu verwenden.

Während unter Friedrich II. Berliner Manufakturen den tonangebenden französischen Herstellern in der Seidenmetropole Lyon Konkurrenz machten, bestellt man um 1900 die Gewebekopien in Lyon. Die große Zeit der Berliner Seidenindustrie war vorüber.

Ein Rundgang durch die Fürsten- und Gästequartiere im Neuen Palais zeigt, wie die Textilien Raumfunktion und Raumwirkung unterstützen.

So sind in Gemäldekabinetten wie der Roten Damastkammer die Wände mit einfarbigem Damast bespannt, damit die Bilder besser zur Wirkung kommen.

In anderen Repräsentationsräumen dagegen bestimmen die Textilien die gesamte Raumwirkung, wie zum Beispiel im Tressenzimmer mit seiner reichen, mit goldenen Tressen belegten Seidentapete.

Das Muster der Stoffe nimmt meist Bezug auf die gesamte Raumdekoration, auf den Deckenstuck, die Kamineinfassungen und manchmal sogar auf die Möbelintarsien, wie im Großen Schlafzimmer des Unteren Fürstenquartiers.

Die originale Farbigkeit der Jagdkammertapete.

Das denkmalpflegerische Hauptproblem beim Umgang mit textilen Raumausstattungen in Museumsschlössern ist die hohe Empfindlichkeit und rasche Vergänglichkeit der historischen Gewebe. Vor allem Licht- und Klimaeinflüsse schädigen das organische Material der Wandbespannungen, Möbelbezüge und Fensterdekorationen und führen zum Verblassen und Verschleiß und schließlich zum Zerfall.

Der schmale, ehemals durch ein Holzornament abgedeckte Streifen zeigt noch die originale Farbigkeit der Jagdkammertapete, darüber und darunter erkennt man die Farbveränderung und den Verschleiß des Gewebes.

Solche Schäden haben dazu geführt, dass das originale Ausstattungsgewebe der Jagdkammer im Neuen Palais abgenommen und deponiert werden musste. Bis heute fehlen hier die Raumtextilien.

Eine Ausnahmestellung im Neuen Palais nimmt die Tapete mit chinesischen Motiven in den Schlafzimmern der Heinrichwohnung ein: es ist das einzige Gewebe, das nicht in Berlin hergestellt wurde, sondern in den Niederlanden. Ob hiermit auf den besonderen Geschmack des Bewohners – Prinz Heinrich war der Bruder Friedrichs des Großen – eingegangen wurde, ist nicht sicher überliefert.

Sie werden bei einem Rundgang feststellen, dass man die Qualität und die Wirkung der Seiden im Neuen Palais am besten vor Ort beurteilen und genießen kann.

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