Prinz Wilhelm von Preußen und Prinzessin Auguste Victoria zu Schleswig-Holstein, Gemälde von Heinrich von Angeli, 1880 (SPSG).
Die Querelen hörten jedoch auch nach der heimlichen Verlobung nicht auf. Da die Presse bereits Wind von dem bevorstehenden Familienereignis bekommen hatte, musste sich der Kaiser im März 1880 durchringen, die Nachricht seiner Familie ins Ohr zu flüstern. Heftig blieb der Widerstand in der preußischen Königsfamilie. Als Prinz Carl, der jüngere Bruder des Kaisers, von der Verlobung erfuhr, nahm er die Anzeige „mit einem Teufels-Ausdruck im Gesicht entgegen, als hätte er einen Topf voller Mäuse gefressen!“, wie der Kronprinz seiner Frau berichtete. Seit der Verlobung mied Prinz Carl den Verlobten demonstrativ. Einen besonders wunden Punkt in der Hohenzollern-Familie bildete der Umstand, dass eine Tante der künftigen deutschen Kaiserin mit einem Bürgerlichen verheiratet war. Es handelte sich um einen Chirurgen, den Kieler Professor Johannes Esmarch. Unter den fürstlichen Herren kursierte der Witz, dass, wenn sich einst bei dem jungen Paar Nachwuchs ankündigt, alles billig und einfach durch Onkel Esmarch besorgt werden könnte.
Am 2. Juni 1880 fand endlich im Schloss Babelsberg die offizielle Verlobung statt. Der Kaiser zeichnete die Braut und ihre Familie mit besonderer Liebenswürdigkeit aus, während die übrige Hohenzollernverwandschaft sich „sehr steif und distanziert“ verhielt. Obwohl Fürst Bismarck nicht eingeladen war, hatte er Wilhelm I. gebeten, der Feier beiwohnen zu dürfen. Der Reichskanzler gab durch seine Anwesenheit zu erkennen, dass er die Absicht habe, das dem Haus Augustenburg zugefügte Unrecht wieder gut zu machen. Der Bräutigam blühte in der Verlobungszeit auf und überschüttete Auguste Victoria mit Komplimenten und Zuneigungen. Täglich tauschte das junge Paar Briefe aus, in denen die Braut Wilhelm als „Herzens Schatz“, „Herzblatt“ und „Schatzi“ anredete oder mit „Dein Dich heißliebendes zukünftiges Frauchen“ unterzeichnete.
Der Hochzeitstag wurde auf den 27. Februar 1881 festgelegt. Ein Vorschlag, wonach die Feier erst im April oder Mai stattfinden sollte, lehnte die Kronprinzessin mit folgender Begründung ab. „Nach dem greulichen Berliner Winter von Hoffesten, alles noch einmal anzufangen, neue Toiletten, Ausgaben etc. finde ich höchst unpractisch – es verhindert auch unser Fortreisen!“, schrieb Victoria ihrem Mann. Am 25. Februar wurde Auguste Victoria in Berlin vom Kaiserpaar empfangen. Mit der goldenen Krönungskutsche des preußischen Hofes zog Auguste Victoria als Braut des Thronfolgers durch das Brandenburger Tor den Linden entlang in das Königliche Schloss ein.
Kronprinzessin Victoria hatte die Ehe eingefädelt. Mit der Eheschließung verband sie die Hoffnung, das durch das „engelhafte Temperament“ der Prinzessin der egoistische und arrogante Charakter Wilhelms besänftigt werden könne und er seine reaktionäre und chauvinistische Weltanschauung ablege. Doch erfüllten sich die Wünsche Victorias nicht, die für Wilhelms Weiterentwicklung notwendig gewesen wäre. Reichskanzler Bernhard von Bülow äußerte später, dass Auguste Victoria für einen Oberpräsidenten oder einen Kommandierenden General eine vortreffliche Frau abgegeben hätte; für die Rolle einer Deutschen Kaiserin war sie zu kleinkariert, engstirnig und steif.
Mehr zur Kaiserzeit in den preußischen Schlössern erfahren Sie vom 16.06.2018 bis 12.11.2018 in der Sonderausstellung "Kaiserdämmerung" im Neuen Palais in Potsdam.
0 Kommentare