Friedrich der Große ließ direkt nach dem Ende des Siebenjährigen Kriegs das prachtvolle Neue Palais in Sanssouci errichten. Der 1768 vollendete, größte und letzte Schlossbau des Königs beherbergte vier Festsäle, zehn opulent eingerichtete Appartements und ein großes Theater. Ab Ende des 19. Jahrhunderts verwandelten Kaiser Friedrich III. und schließlich Wilhelm II. das Rokokoschloss in eine kaiserliche Residenz, die mit Elektrizität, Fahrstuhl, Zentralheizung, fließendem Wasser sowie über 40 Badezimmern und Toiletten alle Annehmlichkeiten der frühen Moderne bot.
Friedrich der Große konnte seine kostbaren Gemäldesammlungen im Neuen Palais nur am Tage oder abends eher vage bei schummrigem Kerzenlicht genießen. Seine Kronleuchter, kostbar und immer Teil der ausgeklügelten Raumschöpfung, strahlten nicht, sie leuchteten sanft – die teuren Wachskerzen waren nicht kraftvoll genug zum Ausleuchten der Säle. Zusätzliche Leuchten an den Wänden, Wandbranchen genannt, halfen den Schlossbewohnern, das kostbare Inventar oder einfach nur ihren Weg zu finden.
Nach Friedrichs Tod ließen seine Nachfolger einige der wertvollen Kristallleuchter nach Berlin, in andere Potsdamer Schlösser oder in die Möbelkammer bringen. Erst Kaiser Wilhelm II., der ab 1888 das Neue Palais umfassend modernisieren ließ, holte die Kronleuchter wieder aus ihrer Vergessenheit zurück, ließ die meisten elektrifizieren und brachte sie auf bis dahin ungeahnte Weise zum Strahlen.
Wie im Neuen Palais das Licht der Gründerzeit anging – und noch viel mehr –, erzählt uns SPSG-Mitarbeiter Jörg Kirschstein in seinem Buch „Das Neue Palais in Potsdam. Familienidyll und kaiserlicher Glanz“.
Hier ein Auszug aus dem Buch:
„Die Elektrifizierung der Schlossräume
Bevor elektrisches Licht zum ersten Mal die Schlossräume des Neuen Palais im neuen Glanz des Fortschritts erstrahlen ließ, waren Öl- und Petroleumlampen sowie Wachskerzen in Gebrauch. Die Öllampen dienten als Hauptlichtquelle in der Wohnung des Kaiserpaares. Zur Einrichtung jedes Schlossraumes gehörten Kronleuchter und Wandbranchen, die mit Wachskerzen bestückt waren, sie wurden nur zu besonderen Anlässen, wie Festlichkeiten, angezündet. Im Arbeitszimmer und im Vortragszimmer des Kaisers waren je acht Öllampen aufgestellt. Die Kaiserin hatte in ihrem Wohnzimmer sogar 18 Öllampen in Gebrauch. Im Salon und im Speisezimmer der Prinzen waren 14 Lampen aufgestellt … Insgesamt waren im Neuen Palais 172 Öllampen und 316 Petroleumlampen aufgestellt.
Im April 1906 ereignete sich ein tragischer Unfall mit einer Petroleumlampe im Schloss Militisch bei Breslau, dem Besitz des Grafen von Maltzan. Ein Diener war dabei, der Gräfin Elisabeth den Weg zu leuchten, als er stolperte und daraufhin das Abendkleid der Hausherrin in Brand setzte. Die 37-Jährige erlitt an den Beinen schlimme Verbrennungen. Diesen Unfall nahm Wilhelm II. zum Anlass die Petroleumlampen auf Grund ihrer hohen Feuergefährlichkeit aus den preußischen Schlössern zu verbannen. Seitdem waren nur noch Öllampen in Gebrauch, dessen aus Raps gewonnener Brennstoff nicht leicht entzündbar war …
Anders als im Berliner Schloss, in dem bereits seit 1889 eine partielle elektrische Beleuchtung vorhanden war, wurde das Neue Palais erst im Jahr 1911 an das Stromnetz angeschlossen. Die Voraussetzungen hierfür waren erst durch den Bau des städtischen Elektrizitätswerks in Potsdam im Jahr 1902 gegeben. Die Versorgung der Räume mit Strom erfolgte in mehreren Abschnitten... In einem ersten Schritt wurden die Kronleuchter und ein Teil der Wandbranchen in den Gesellschaftsräumen des Unteren Fürstenquartiers, dem Grottensaal, der Marmorgalerie und im Schlosstheater elektrifiziert. Noch 1911 wurden die Arbeiten mit der Elektrifizierung der Beleuchtung im gesamten Kellergeschoss fortgesetzt. Im selben Jahr schloss man die Kronleuchter und Wandbranchen in den Wohnräumen des Kaiserpaares und der Princess Wohnung an das Stromnetz an.
Eine besondere Art der elektrischen Beleuchtung erhielt das gemeinsame Schlafzimmer des Kaiserpaares (R. 272). Als Abschluss der Wand zur Decke wurden versteckt hinter der Voute in dichter Folge 155 „elektrische Glühlicht-Röhrenkerzen“ installiert. Mithilfe dieser etwa 30 Zentimeter langen Röhren konnte der Raum indirekt beleuchtet werden … Mit der Stromversorgung von Dienerzimmern im Dachgeschoss konnten die Arbeiten schließlich im zweiten Kriegsjahr 1915 abgeschlossen werden.“
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Übrigens: Wir werden ab dem 16. Juni 2018 anlässlich des 100. Jahrestages des Endes der Monarchie im November 1918 eine Ausstellung im Neuen Palais ausrichten: Mit der Schau „Kaiserdämmerung“ sollen die Ereignisse im Neuen Palais erzählt werden – von 1918 bis 1927, als der Kaiser die Koffer packte, Staat und Kaiser über Kunstwerke und Liegenschaften stritten, Herrschaftshäuser zu Museen wurden – und Friedrich der Große wieder in das Neue Palais zurückkehrte. Es werden Begegnungen mit bisher eher unbekannten Seiten eines mächtigen Schlosses sein.
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