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Historische Fotografie des Neuen Palais

19. August 2017 Von Eva Wollschläger

Heutzutage ist die Fotografie aus dem Alltag der Menschen kaum noch wegzudenken. Jedes Smartphone verfügt über die Technik, ein gestochen scharfes Foto zu schießen und Millionen Momentaufnahmen werden jeden Tag über Kurznachrichtendienste versandt. Und am 19. August, dem "World Photo Day", werden Menschen explizit dazu aufgerufen, ihre Bilder und Geschichten im Internet zu teilen. Auch in der Sammlung der SPSG befindet sich ein ganz besonderes Foto:

Wir schreiben das Jahr 1856 - die Fotografie steckt in den Kinderschuhen und ist noch kein Massenmedium. Und dennoch beschließt der Fotograf Johann Franz Michiels (1823-1887), dass Neue Palais im Park Sanssouci abzulichten. Die älteste Fotografie des Neuen Palais entsteht! Die Historie dieser Aufnahme und wie sie in den Besitz der Stiftung gelangte, erläutert Eva Wollschläger, Leiterin des KPM-Archivs des Landes Berlin.

Dank eines Hinweises meiner Kollegin, Claudia Sommer, der Leiterin der Graphischen Sammlung, wurden wir auf das Angebot eines Berliner Auktionshauses aufmerksam gemacht, das Teile einer fotografischen Folge des aus Brügge stammenden Fotografen Johann Franz Michiels (1823-1887) versteigerte. Schon bei der Vorbesichtigung stellte sich heraus, dass der Erwerb eines bestimmten Fotos aus diesem Konvolut eine wichtige Lücke in der fotografischen Dokumentation der SPSG schließen würde: die 1856 von Michiels angefertigte Fotografie des Neuen Palais.

Das Glück war auf unserer Seite und so gelang der Ankauf dieses äußerst seltenen Lichtbildes, das hier kurz vorgestellt werden soll. Versetzen wir uns in das Jahr 1856: Ansichten berühmter Sehenswürdigkeiten gab es in Form von Zeichnungen, Aquarellen, Druckgraphiken oder Ölgemälden, die von einem Künstler hergestellt wurden, dessen handwerkliches Geschick die Qualität einer Darstellung bestimmte. Ein gutes Beispiel liefert die 1842 von Carl Daniel Freydanck gemalte Ansicht des Neuen Palais, die das barocke Schloss topographisch korrekt und malerisch stimmungsvoll wiedergibt.

Bereits zehn Jahre später sollte ein neues visuelles Medium seinen Siegeszug antreten: die Fotografie. Die Begeisterung der Zeitgenossen für diese technische Erfindung war überwältigend, bot sie doch die Möglichkeit, die „Wirklichkeit“, den historischen Augenblick als authentisches Bild festzuhalten. Johann Franz Michiels gehörte zu den Pionieren der frühen Fotografie. Als „Architektur-Photograph“ hatte er sich auf die Herstellung technisch anspruchsvoller Großformate spezialisiert. Die von ihm angefertigte Salzpapier-Aufnahme des Neuen Palais‘ entspricht nicht nur der Leinwandgröße des Freydanck-Gemäldes, es übertrifft diese sogar um einige Zentimeter. Bedenkt man die primitive Technik damaliger Kameras, ist diese Leistung umso beeindruckender, auch wenn Lichtschäden und chemische Verfallsprozesse die ursprüngliche Brillanz seiner Fotografien heute trüben. Um für den Kauf seiner Lichtbilder zu werben, hatte Michiels 1856 eine Reise nach Berlin und Potsdam unternommen, deren „Architektur-Photographien“ als opulentes Bildalbum 1857 in Köln bei der Königlichen Hof-Buch & Kunsthandlung von Franz C. Eisen erschienen. Gewidmet war dieses Werk Friedrich Wilhelm IV., seine neu gestalteten Parkanlagen in Potsdam mit ihren modernen Bauwerken und ihrem reichen Skulpturenschmuck bildeten einen besonderen Motiv-Schwerpunkt.

Mit diesem Album sollte der preußische König als prominenter Kunde umworben werden, um dem Fotoatelier von Michiels zu wirtschaftlichem Erfolg und Ruhm zu verhelfen. Neun Salzpapier-Aufnahmen aus dieser Motivfolge haben sich im Bestand des KPM-Archivs erhalten. Die nun um ein weiteres Rarissimum, die erste fotografische Aufnahme des Neuen Palais, ergänzt werden konnten. Die ursprüngliche Modernität dieser Aufnahme mag sich dem heutigen Betrachter der Generation iPhone vielleicht nicht mehr unmittelbar erschließen. Als fotografisches Dokument ermöglicht sie uns aber erstmals, das Neue Palais mit den Augen eines Zeitgenossen Friedrich Wilhelms IV. zu sehen und uns damit visuell auf eine Zeitreise in das Jahr 1856 zu begeben.

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