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Königin Luises Tempel für die Ewigkeit: Das Mausoleum im Schlosspark Charlottenburg

19. Juli 2017 Von Rudolf G. Scharmann

Der frühe Tod der Königin Luise am 19. Juli 1810 in Hohenzieritz rief in Preußen tiefe Trauer hervor, denn die Gemahlin Friedrich Wilhelms III. war wegen ihrer Schönheit und ihres gewinnenden Wesens bewundert und geliebt worden. Mit einem Grabmonument machte der junge Bildhauer Christian Daniel Rauch Preußens Königin der Herzen unsterblich – er schuf ein Meisterwerk der deutschen Skulptur des 19. Jahrhunderts. Rudolf G. Scharmann, Kunsthistoriker und Schlossleiter Charlottenburg, stellt uns Luises Tempel für die Ewigkeit – das Mausoleum im Schlosspark Charlottenburg – vor.

Aufgrund ihrer unerschütterlichen Haltung nach der Niederlage gegen Frankreich 1806 galt Königin Luise von Preußen (1776–1810) als ein Vorbild, in dem gedemütigte Patrioten den Inbegriff einer moralischen Überlegenheit Preußens über die Besatzer sahen. Daher wurde der Wunsch, ihrem Andenken ein bleibendes Denkmal zu setzen, auch von führenden Künstlern mit großer Anteilnahme unterstützt. König Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) legte persönlich nicht nur den Standort, sondern auch die architektonische Gestaltung des geplanten Mausoleums für die geliebte Verstorbene fest: Im Schlossgarten Charlottenburg, nahe der „Neuen Insel“, sollte am Ende einer dunklen Tannenallee, die Luise wegen ihres eigentümlich schwermütigen Charakters gerne mochte, die letzte Ruhestätte Luises entstehen.

Nach den gezeichneten Ideen des Königs erhielt der Hofbaumeister Heinrich Gentz unter Mitwirkung von Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) den Auftrag, ein kleines, an einen antiken Tempel erinnerndes Bauwerk mit einer viersäuligen dorischen Giebelfront auszuführen. Dieser aus Pirnaer Sandstein gefertigte Porticus wurde 1828/1829 durch eine Nachbildung aus rotem Granit ersetzt und das Original für die Errichtung einer Luisen-Gedenkstätte auf die Pfaueninsel übertragen.

Im Inneren des Mausoleums führen Treppen in die durch vier Jaspissäulen getrennte Gedächtnishalle. Hier stand zunächst nur das 1811–1814 von Christian Daniel Rauch (1777–1857) aus Carrara-Marmor geschaffene Grabmonument der Königin.

Der König hatte bestimmt, dass die Verstorbene auf einem sarkophagähnlichen Unterbau, in leichter Gewandung liegend, darzustellen sei. Rauch gelang es, sie als Schlafende, nicht als Tote, in natürlicher Haltung und zugleich hoheitsvoller Idealität zu zeigen. Die gewünschte Natürlichkeit in der Darstellung sollte den Eindruck des Todes mildern. Als Unterbau war eine architektonisch kräftig gebildete reich ornamentierte Scheintumba aus Marmor vorgesehen, die an der Kopf- und Fußseite den vollplastischen preußischen Adler zeigte. Die Längsseiten schmückten das preußische und das auf die Herkunft der Königin hinweisende mecklenburgische Wappen.

Neben den Berliner Künstlern Johann Gottfried Schadow (1763–1850) und Rauch wurden auch die beiden berühmtesten Bildhauer ihrer Zeit, Antonio Canova (1757–1822) und Bertel Thorvaldsen (1770–1844), um Entwürfe gebeten. Selbst wenn Schadows Idee vermutlich den Wünschen des Königs nach Natürlichkeit mehr entsprochen haben dürfte - unter maßgeblichem Einfluss Wilhelm von Humboldts (1767–1835) entschied er sich schließlich für den Entwurf des damals noch kaum bekannten Rauchs.

Unter den Augen Friedrich Wilhelms III. fertigte der Bildhauer in der Charlottenburger Großen Orangerie das Modell, dessen Ausführung in gelblich schimmerndem Carrara-Marmor 1811 bis 1814 in Rom erfolgte. Es gelang ihm, die Verstorbene als Schlafende in natürlicher und – durch Hinzufügung eines palmettengeschmückten Diadems – in hoheitsvoller Idealität darzustellen. Damit wurde das Grabmonument der Königin Luise als ein Hauptwerk der Berliner Bildhauerkunst gleichzeitig auch zu einem Meisterwerk der deutschen Skulptur des 19. Jahrhunderts.

Vor seiner Abreise nach Italien hatte Rauch dem König noch vorgeschlagen, zwei hohe Marmorkandelaber zu beiden Seiten des Grabdenkmals aufzustellen. Ausgeführt wurden sie von ihm und Christian Friedrich Tieck (1776–1851) und zeigen die drei Horen bzw. die Parzen, wie sie reigenartig die Säulen umziehen. Lichterschalen tragende Adler bilden die Bekrönung der Kandelaber, die auf dreiseitigen, mit preußischen Adlern bzw. mecklenburgischen Stierköpfen wappengeschmückten Postamenten emporwachsen.

Die Gegenüberstellung der griechischen Jahreszeiten- und Schicksalsgöttinnen war ein Lieblingsmotiv der Romantik und entsprach der landschaftlichen Einbettung des Mausoleums in den Schlossgarten. Nach abenteuerlichen Irrwegen, verursacht durch die Befreiungskriege, trafen Grabmonument und Kandelaber erst im Mai 1815 in Charlottenburg ein, um sogleich im Mausoleum aufgestellt zu werden.

Als Friedrich Wilhelm III. 1840 starb, wurde auch er im Mausoleum beigesetzt und mit einem von Rauch gefertigten Sarkophag geehrt. Durch Anfügung eines Querbaus mit Apsis nach Entwurf Schinkels erhielt der Gedächtnistempel 1841–1842 unter Leitung Ludwig Ferdinand Hesses ein kirchlich religiöses Gepräge. Das Apsisfresko von Carl Gottfried Pfannschmidt zeigt Christus als thronenden Weltenherrscher zwischen Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise, die ihm ihre Kronen darreichen.

Heute erscheint das ursprüngliche Mausoleum als kleiner Vorbau eines größeren Gebäudes, das nach Entwurf Albert Geyers 1890–1891 abermals erweitert, als vielbesuchte Begräbnisstätte von berühmten Angehörigen des Hohenzollernhauses an Bedeutung gewann. Nach der Beisetzung Kaiser Wilhelms I. 1888 und seiner Gemahlin Augusta 1890, wurden die von Erdmann Encke geschaffenen Marmorsarkophage des ersten deutschen Kaiserpaares ebenfalls in der Gedächtnishalle aufgestellt.

In der für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Gruft sind weiterhin Auguste Fürstin von Liegnitz, zweite Gemahlin Friedrich Wilhelms III., Prinz Albrecht, jüngster Sohn Königin Luises und zu Füßen seiner Eltern, das Herz des in der Potsdamer Friedenskirche beigesetzten Friedrich Wilhelms IV. bestattet worden.

 

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