Der Alchemist, Chemiker und Glasmacher Johann Kunckel betrieb vor rd. 330 Jahren ein geheimes Laboratorium auf der Pfaueninsel. In der Abgeschiedenheit der Insel stellte er höchst kenntnisreich z.B. das damals so kostbare Goldrubinglas her. Jetzt wird sein Wirken und Leben auf der Pfaueninsel erstmals kommentiert der Öffentlichkeit präsentiert. Die Kustodinnen Dr. Susanne Evers und Dr. Käthe Klappenbach erläutern die spannende Ausstellung, die noch bis zum 30. Oktober an den Wochenenden, und dann wieder ab April 2017 in der Meierei auf der Pfaueninsel zu sehen ist.
Letzte Reste wurden bei einer landschaftsgärtnerischen Umgestaltung in den Jahren 1910/1911 beseitigt, glücklicherweise allerdings nicht vollständig. Bei der Abtragung der sogenannten Kunckel-Wiese verschob man Scherben, Schlacken und ganze Schutthalden mit dem Erdreich. Diese fanden sich bei den großflächig angelegten archäologischen Grabungen der Jahre 1972–1974 unter Leitung von Günter Rau an entfernter liegenden Orten wieder. Ein großer Teil dieser sich im Eigentum der Staatlichen Museen Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte, befindlichen Bodenfunde belegt nun erstmals kommentiert das Schaffen Kunckels.
In dessen Mittelpunkt stand die Vervollkommnung der Farbglasherstellung. Weitere Versuche galten der Verbesserung von Techniken der Glasveredelung, z. B. der Herstellung von Gläsern in mehreren Schichten (Über- oder Unterfanggläser) und der Fertigung von „opakem“ weißem Glas (Milchglas). Auch die Verzierung von Gläsern mit unterschiedlichen Farben und Einlagen oder die Herstellung der sogenannten „Millefiori“ (Tausendblumen)-Stäbe mit verschiedenen Farben, die im Querschnitt Blumenmuster ergeben, erprobte Kunckel.
Ein weiteres Thema war die Erforschung des Fließverhaltens des Glases bei der Fertigung von Abdrücken, um die technisch schwierige Herstellung von Glasmedaillons zu verbessern und Luftblasen-Ausbrüche zu vermeiden.
Bei den Versuchen zur Fertigung von Farbgläsern hatte er das Ziel, wertvolle und seltene Edelsteine zu imitieren.
Grundlage dafür war sein Wissen um die Herstellung eines kristallklaren Glases. Für die Färbung experimentierte er mit unterschiedlichen metallhaltigen Mineralen, die der Glasschmelze als färbende Zusätze beigefügt wurden. Dabei durfte nichts dem Zufall überlassen werden: Jede Zutat musste auf eine besondere Art vorbereitet und in den richtigen Mengen verwendet werden, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Auch die Dauer der Schmelze spielte eine große Rolle. In seinem großen Werk, der „Ars Vitraria experimentalis oder vollkommene Glasmacher-Kunst“ von 1678, sind die meisten Rezepte genau beschrieben.
Das Wissen über die sehr komplizierte Technologie der Fertigung eines roten Glases mit Hilfe von Gold – dem Goldrubinglas, dem wie auch dem Edelstein Rubin besondere Kräfte zugeschrieben wurden – hat Kunckel bewusst geheim gehalten. Es ist in der Ausstellung auf der Tafel GOLD-RUBIN-GLAS erläutert. Trotz der Geheimhaltung verbreitete sich die Kenntnis über das Verfahren unter den Glasmachern der Zeit relativ schnell.
Ein weiteres Thema sind die gläsernen Laborgeräte, die auf der Insel gefertigt und vor allem für die eigenen Versuche benötigt wurden. Reste von fehlerhaften Produkten zeigen die breite Palette der Glasproduktion auf der Pfaueninsel.
Aber auch Spuren des täglichen Lebens wurden bei den Ausgrabungen am Ort des Kunckel-Laboratoriums entdeckt. Neben Glasscherben gibt es eine große Masse an zerbrochenem Hafnergeschirr (handwerklich hergestelltes Geschirr aus Ton mit farbigem Überzug). Zusammen mit den Scherben von Flaschen, Schalen, Krügen und Töpfen aus Steinzeug zeugen sie vom Leben der Werkstattmitarbeiter Kunckels.
Ein wichtiges Produkt, für welches Kunckel das Privileg der Herstellung vom Kurfürsten erhalten hatte, waren Glasperlen. Diese zu allen Zeiten sehr beliebten Schmuckstücke setzte man auch als Zahlungsmittel im Tauschhandel mit den afrikanischen Kolonien ein. Nur wenige Bruchstücke von Perlen sind bei den Grabungen 1972–1974 zu Tage getreten. Vermutlich galt das Interesse der schatzsuchenden Inselbesucher, die bereits seit 1802 durch gedruckte Reisebeschreibungen auf die Überreste der Kunckelschen Glashütte hingewiesen wurden, vor allem diesen dekorativen Fundstücken.
Fotos: Daniel Lindner, P.-M. Bauers
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