Koloniale Klangräume in Otto Friedrich von der Groebens „Guineischer Reise-Beschreibung“ (1694)Vortrag von Prof. Arne Spohr, Bowling Green State University, USA
Der preußische Adlige, Soldat, Hofbeamte und Schriftsteller Otto Friedrich von der Groeben (1657-1728) ist in erster Linie als Gründer des brandenburgischen Handelsstützpunkts Großfriedrichsburg an der Küste des heutigen Ghana und Verfasser eines Reiseberichts, seiner „Guineischen Reise-Beschreibung“, bekannt geworden. Von der Groeben beschreibt in seinem Bericht nicht nur den Gebrauch westafrikanischer Musikinstrumente in verschiedenen sozialen und religiösen Kontexten, sondern auch den Einsatz europäischer Instrumente (Schalmeien und Pauken) im Rahmen seiner zur Gründung Großfriedrichsburgs führenden Expedition von 1682/83.
Im Vortrag präsentiert Arne Spohr die These, dass sich von der Groebens koloniale Indienstnahme von Musik und Klang auf zwei Ebenen nachvollziehen lässt. Einerseits machte von der Groeben gezielt Gebrauch von westlichen Instrumenten und anderen Klangelementen (etwa Kanonendonner), um damit nicht nur seinen westafrikanischen Handelspartnern und zukünftigen kolonialen Subjekten, sondern auch den konkurrierenden englischen und niederländischen Handelskompanien Brandenburgs Machtanspruch akustisch sinnfällig zu machen. Andererseits lassen sich von der Groebens Beschreibungen westafrikanischer Musik- und Tanzpraktiken auch als ein Ort kolonialer Wissensproduktion verstehen, die nicht nur der Bestätigung rassistischer Stereotype diente, sondern auch die potenzielle Ausbeutbarkeit Schwarzer Menschen (als Sklaven) oder deren Gefährlichkeit (als militärische Gegner) zu sondieren suchte.
Dr. Arne Spohr ist Associate Professor für Musikwissenschaft an der Bowling Green State University im US-Bundesstaat Ohio. Vor seiner Berufung an die BGSU hatte er Lehraufträge an der Universität Göttingen und der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover inne. Seine Forschungsschwerpunkte sind Musik in Großbritannien, Deutschland und Skandinavien zwischen 1550 und 1750, insbesondere zu Fragen des kulturellen Austauschs und der Hofkultur.
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