FRAUENSACHE – Leere Denkmalsockel

Leere Denkmalsockel für FRAUENSACHE

Um im Rahmen der großen Ausstellung FRAUENSACHE auf die heute meist vergessenen Leistungen der Hohenzollern-Frauen aufmerksam zu machen und ein deutliches Signal zu setzen, wurde gemeinsam mit Studentinnen der Hochschule Wismar (Entwurf: Lina Berg, Rebekka Menzel, Ausführungsplanung: Anne Sell) und den Werkstätten der SPSG (Fertigung) eine Intervention entwickelt: Vor der Orangerie Schloss Charlottenburg, vor der Villa Liegnitz in Potsdam und in der Zitadelle Spandau wurden sieben auffällige, magentafarbene Denkmalsockel aufgestellt.

Diese Sockel sind allerdings leer: Nur Namen verweisen auf die fehlenden Denkmale der Hohenzollerinnen – ein eindrückliches Bild für die Leerstellen, die die Fürstinnen und ihr Handeln bis heute in unserem historischen Bewusstsein bilden.

Die leeren Sockel laden so zum Nachdenken über das eigene Geschichtswissen ein und sollen Lust machen, sich im Rahmen der Ausstellung FRAUENSACHE (22. August bis 22. November 2015) näher mit den Hohenzollerinnen und ihren Leistungen für die Region Berlin-Brandenburg zu beschäftigen.

Die Sockel würdigen Frauen aus verschiedenen Jahrhunderten, die aus ganz Europa nach Brandenburg kamen, um hier ihre Spuren zu hinterlassen:

Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg, geb. von Dänemark, Norwegen und Schweden (1485–1555) Heinrich Bollandt, Öl auf Holz, um 1620, Universitätsbibliothek Bayreuth, Inv. Nr. Pict. 26

Elisabeth von Dänemark, Norwegen und Schweden (1485–1555)

Kurfürstin von Brandenburg

Elisabeth kommt als Prinzessin von Dänemark, Norwegen und Schweden auf der dänischen Insel Fünen zur Welt. Mit 17 Jahren heiratet die Königstochter Kurfürst Joachim I. von Brandenburg. Die Ehe wird nach 20 glücklichen Jahren auf eine harte Probe gestellt, als Elisabeth sich den reformatorischen Ideen Luthers zuwendet. Joachim hingegen verteidigt vehement die „alte“ Kirche und ist entsetzt, als Elisabeth gegen seinen Willen den neuen Glauben annimmt. Da Elisabeth nicht bereit ist nachzugeben, flieht sie 1528 nach Sachsen und lebt später sogar im Hause Luthers. Erst 1545 kehrt sie in die Mark Brandenburg zurück, wo sie in Spandau lebt und aktiv die Reformation vorantreibt.

Ihr leerer Denkmalsockel steht auf der Zitadelle Spandau.


Kurfürstin Anna von Brandenburg, geb. von Preußen (1576–1625) Daniel Rose, Öl auf Leinwand, um 1600, SPSG, GK I 1578

Anna von Preußen (1576–1625)

Kurfürstin von Brandenburg

Anna ist das älteste Kind des Herzogs Albrecht Friedrich von Preußen (1553–1618) und Marie Eleonores (1550–1608), Tochter von Herzog Wilhelm dem Reichen von Jülich-Kleve-Berg. Damit ist sie als Erbin des späteren Ostpreußens im Baltikum und der reichen Länder am Niederrhein eine gute Partie. Nach ihrer Heirat mit Johann Sigismund von Brandenburg  kämpft Anna aktiv um ihr Erbe. So kann sie die Ansprüche der Ehemänner ihrer Schwestern in Bayern und Sachsen zurückschlagen und durch den Vertrag von Xanten (1614) das Herzogtum Kleve und die Grafschaften Mark und Ravensberg für Brandenburg sichern. Aus der Regionalmacht Brandenburg wird nun erstmals ein Staat, dessen Territorium sich um 1.500 km vom Rhein bis weit ins Baltikum erstreckt.

Ihr leerer Denkmalsockel steht vor dem Theaterbau am Schloss Charlottenburg.


Jan de Baen: Kurfürstin Dorothea von Brandenburg, geb. von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1636–1689), Öl auf Leinwand, 1675
Jan de Baen: Kurfürstin Dorothea von Brandenburg, geb. von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1636–1689), 1675 © SPSG / Roland Handrick

Dorothea von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1636–1689)

Kurfürstin von Brandenburg

Dorothea heiratet 1668 in zweiter Ehe Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, den Großen Kurfürsten. Sie ist eine sehr begabte und einfallsreiche „Unternehmerin“ und gründet zum Beispiel den Berliner Stadtteil „Dorotheenstadt“ mit dem Boulevard Unter den Linden. Sie erwirtschaftet aus ihren Ländereien so große Gewinne, dass sie am Ende ihres Lebens ein gewaltiges Vermögen besitzt.  Dieses setzt sie ein, um die finanzielle Versorgung ihrer Söhne zu sichern, die als Kinder zweiter Ehe nicht die Nachfolge des Vaters antreten können. Ihr Sommerschloss Caputh bei Potsdam ist der einzige erhaltene Schlossbau der Potsdamer Kulturlandschaft aus der Zeit des Großen Kurfürsten.

Ihr leerer Denkmalsockel steht am Schloss Charlottenburg.


Frédéric Reclam: Königin Elisabeth Christine von Preußen (im Hintergrund Ansicht von Schloss Schönhausen)
Königin Elisabeth Christine von Preußen, von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern (1715–1797) Frédéric Reclam, Öl auf Leinwand, um 1765, SPSG, GK I 51199

Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern (1715–1797)

Königin von Preußen

Als Königin von Preußen und Gemahlin Friedrichs des Großen repräsentiert Elisabeth Christine im Berliner Schloss und ihrer Sommerresidenz Schönhausen jahrzehntelang das Königshaus und erfüllt hier die „öffentlich-zeremoniellen“ Pflichten eines großen königlichen Hofes. Da die Königin diese Pflichten übernimmt, kann sich Friedrich II. immer stärker nach Potsdam zurückziehen, wo er als „Philosophenkönig“ in Sanssouci von den lästigen Routinen der Repräsentation verschont bleibt. Bei aller Pflichterfüllung hat Elisabeth Christine einen eigenen Kopf. In den 1770er und 1780er Jahren publiziert sie zwölf Bücher, die ihre eigene, christliche Weltsicht offenbaren – ohne dem König und seinem religionskritischen Weltbild je direkt zu widersprechen.

Ihr leerer Denkmalsockel steht am Schloss Charlottenburg.


Auguste Fürstin von Liegnitz, geb. von Harrach (1800–1873) nach Wilhelm von Schadow, Porzellanmalerei, SPSG, GK I 51069

Auguste von Harrach (1800–1873)

Fürstin von Liegnitz und Gräfin von Hohenzollern

Auguste, aus einem katholischen, österreichischen Adelsgeschlecht stammend, heiratet1824 den 30 Jahre älteren preußischen König Friedrich Wilhelm III. Diese Verbindung muss sich gegen viele Widerstände durchsetzen. Friedrich Wilhelms erste Gattin, die 1810 verstorbene Königin Luise, ist im Volk sehr populär und die Wiederverheiratung stößt auf völliges Unverständnis. Zudem gilt die Verbindung als nicht standesgemäß. Auch nachdem der König Auguste den Titel einer Fürstin Liegnitz verleiht, rangiert sie protokollarisch stets hinter ihren – teils älteren – Stiefkindern. Sie bleibt am königlichen Hof eine Außenseiterin, kann aber im Laufe der Jahre der Achtung der Familie und der Öffentlichkeit erwerben.

Ihre leeren Denkmalsockel stehen am Schloss Charlottenburg und in Potsdam vor der Villa Liegnitz im Park Sanssouci.


Königin Augusta von Preußen, geb. von Sachsen-Weimar-Eisenach (1811–1890) Minna Pfüller nach Winterhalter, Öl auf Leinwand, 1859, SPSG, GK I 9084

Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach (1811–1890)

Königin von Preußen und Deutsche Kaiserin

Augusta ehelicht den preußischen Prinzen Wilhelm in dem Bewusstsein, dass er eine andere liebt – die er aber aus politischen Gründen nicht heiraten durfte. Auch politisch haben die beiden unterschiedliche Überzeugungen. Aufgrund ihrer Herkunft aus dem liberalen Weimar und der engen Freundschaft mit der englischen Königin Victoria ist Augusta eine erbitterte Gegnerin Otto von Bismarcks. Wilhelm baut hingegen ganz auf den Rat und das konservative Staatsverständnis Bismarcks. Augustas Einfluss kann das nicht verhindern, doch drückt sich ihre Opposition in ihrer karitativen Tätigkeit aus. Als bewussten Ausgleich für die Kriege, die Preußen unter Bismarck führt, setzt sich die Königin und Kaiserin für die medizinische Forschung und Verwundetenfürsorge ein und wird eine der Mitbegründerinnen des Deutschen Roten Kreuzes.

Ihr leerer Denkmalsockel steht am Schloss Charlottenburg.


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