Text: Franca Wohlt
Auf der Suche nach dem Sujet meines Fotoprojekts zur Ausstellung beschäftigte mich immer wieder ein Gedanke: Gegenstände und Räume zeugen anscheinend von der Wirklichkeit eines Ereignisses oder Existenz einer Person. Doch enthüllen die Dinge dem Betrachter tatsächlich eine einzige Wahrheit? Wohl nicht.
Der ehemalige Besitz der Hohenzollern beispielsweise lässt heute verschiedene Rückschlüsse und Projektionen zu. Man kann private Vorlieben oder bestimmte Charakterzüge der Hohenzollerinnen daran ablesen, auch kulturelle oder politische Bemühungen. Denn Objekte und Oberflächen scheinen vom alltäglichen Leben im Schloss, von persönlichen Beziehungsverhältnissen und diplomatischem Geschick zu berichten. Doch kommt es auf das Wissen und Vermögen des Betrachters an, die Dinge einzuordnen.
Hier besteht für mich eine Parallele zur Fotografie: Sie ist immer nur das, was der Fotograf und der Betrachter interpretieren. Sie wird nie eine unverfälschte Wahrheit darstellen und nie identische Eindrücke bei unterschiedlichen Betrachtern hervorrufen. So war es eine logische Konsequenz, dass ich bei der Recherche für meinen Fotoessay in Gesprächen mit Mitarbeitern der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten auf ganz unterschiedliche Darstellungen derselben Materie stieß.
Für meine fotografische Spurensuche wählte ich einen Ort, der mir aufgrund der Anwesenheit und direkten Einflussnahme wichtiger Frauen in der preußischen Geschichte interessant erschien: das Schloss auf der Pfaueninsel. Während viele Möbel in anderen Schlössern ihren Standort wechselten, haben dort die meisten Objekte ihren ursprünglichen Aufstellungsort behalten. Auch hat die reiche Ausstattung des Schlosses mit ihren verschiedenen Oberflächen und Strukturen einen besonderen Reiz.
Die dort entstandenen Fotografien werden durch die Reduktion der Bildelemente auf Flächen und Formen charakterisiert. Damit wird die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Beschaffenheit der Gegenstände gelenkt. Der Bildwinkel ist meist so gewählt, dass die räumliche Wirkung stark reduziert wird. Die so erzeugte Orientierungslosigkeit eröffnet eine Projektionsfläche für Bilder und Gedanken, die nun freier und losgelöst vom Zusammenhang ist. Man ist sich nicht mehr sicher, welches Objekt dargestellt ist und wo es sich befindet.
Dieser Umstand lädt dazu ein, vermeintlich Bekanntes von einem anderen Standpunkt aus zu betrachten. Wie in der Ausstellung FRAUENSACHE eröffnen sich auch in meinen Bildern Perspektiven und Blicke, die dazu auffordern, das Gesehene neu zu erschließen und zu hinterfragen.
Weitere Informationen: www.franca-wohlt.de