Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg erwirbt zwei Silbertabletts aus dem Besitz Friedrichs des Großen
Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) konnte dank der großzügigen Unterstützung der Kulturstiftung der Länder zwei vergoldete Silbertabletts aus dem Besitz Friedrichs des Großen (1712–1786) im Wiener Kunsthandel erwerben. Die dem Goldschmied Christian Lieberkühn d. J. (1709–1769) zugeschriebenen Stücke sind unzweifelhaft herausragende Meisterwerke der deutschen Goldschmiedekunst des 18. Jahrhunderts.
Die in der Metallwerkstatt der SPSG restaurierten Tabletts werden erstmals in der Ausstellung „Von Blumenkammern und Landschaftszimmern – Der Garten im Innenraum 1740–1860“ öffentlich präsentiert. Diese ist vom 18. April bis zum 31. Oktober in den Römischen Bädern (Park Sanssouci, Potsdam) im Rahmen des Gartenjahrs 2014 zu sehen. Anschließend werden sie in die Dauerausstellung „Kronschatz und Silberkammer der Hohenzollern“ im Berliner Schloss Charlottenburg integriert und zusammen mit den schon vorhandenen Exponaten des Lieberkühnschen Silberservices gezeigt.
Königliche Tafelkultur
Die 37,3 cm x 25,5 cm großen Silbertabletts entstanden um 1745/50 als Auftragsarbeit für Friedrich den Großen. Sie wurden als Kredenzschalen verwendet, mit denen dem König und seinen hochrangigen Tafelgästen Servietten, Obst und Konfekt gereicht wurden. Die nahezu identischen Kunstwerke sind als große Weinblätter mit geschweiften Rahmungen gestaltet. Plastisch ausgearbeitete Weinlaubzweige dienen als Griffe, während die Flächen wiederum mit je drei Weinblättern ausgelegt sind. Bemerkenswert ist die feine Reliefschichtung, die exquisite Ziselierung und Polierung der Flächen, deren ursprüngliche Vergoldung fast vollständig erhalten ist. Allerdings unterscheiden sich die Platten im Detail. So erschienen auf der einen Blattoberseite ein Hirsch- und ein Marienkäfer, auf der anderen eine Biene und eine Raupe.
Tafelservice und Tafelrequisiten sind vielfach durch vegetabile Formen geprägt. Insbesondere trifft dies auf das Porzellan des 18. Jahrhunderts zu. Aus der Meißener Manufaktur sind blattförmige Objekte bekannt, die nach Vorgaben Friedrichs des Großen hergestellt wurden. In der Goldschmiedekunst sind naturalistische Weinblattdekore für Gefäße hingegen selten und nur im deutschen Sprachraum nachweisbar. Besonders ausgeprägt sind sie in der Berliner Goldschmiedekunst des Rokoko, die entscheidend durch die Wünsche Friedrichs des Großen bestimmt wurde. Da 1809 beinahe das gesamte Tafelsilber der Hohenzollern für Reparationszahlungen an den französischen Kaiser Napoleon eingeschmolzen werden musste, gehören die beiden Silbertabletts heute zu den wenigen originalen Edelmetall-Zeugnissen der friderizianischen Tafelkultur.
Stilistisch stehen sie dem ebenfalls von Lieberkühn geschaffenen silbernen Tafelservice Friedrichs des Großen nahe. Für die Silbersammlung der SPSG im Schloss Charlottenburg konnten bereits 2003 wichtige Teile angekauft werden. Die Terrinen und Wärmeglocken des 1746/47 gefertigten Services sind jeweils von einer vollplastischen Weinranke bekrönt. Ähnlich wie bei den Tabletts ist der Stängel als Griff ausgebildet. Das Weinrankenmotiv lässt an das Schloss Sanssouci denken, dass Friedrich der Große auch als Vigne bezeichnete. Das Service wurde bei besonderen Anlässen – vorrangig im Neuen Palais – gedeckt, wo auch die Kredenzen für das Tafelzeremoniell benutzt wurden.
Wohl als Geschenk König Friedrich Wilhelms III. (1770–1840) gelangten die beiden Tabletts in den Besitz des Grafen Dimitri Scheremetjew (1803–1871) nach St. Petersburg. Danach ist ihre Provenienz erst wieder im frühen 20. Jahrhundert in der bedeutenden Silbersammlung des jüdischen Wiener Textilindustriellen Otto Pick fassbar. 1938 von der Gestapo beschlagnahmt, wurde die Kollektion nach dem Zweiten Weltkrieg der Familie Pick zurückgegeben.