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Türfälscher im Orangerieschloss

13. Januar 2023 Von Birgit Morgenroth

Seit einigen Wochen arbeitet Christian Leubner, Maler im Schirrhof der Stiftung, an den Türen des Turmtreppenhauses im Orangerieschloss. Mit viel Geduld und ruhiger Hand pinselt er die Konturen einer Eichenmaserung auf die Kiefertüren.

Warum tut er das? Warum wird nicht einfach eine Eichentür eingesetzt? Die Antwort ist ganz einfach – aus Denkmalschutzgründen. Auch im Original waren die Türen aus Kiefernholz, die mit Farbe und Handwerkskunst zu Eichenholz „gefälscht“ wurden. Das war um 1860. Italiens Architektur und Gestaltung war en vogue und der preußische König Friedrich Wilhelm IV. war ein ganz besonderer Liebhaber des südländischen Flairs. Aus Kosten und Zeitgründen wurde jedoch bei den Materialien geschummelt. Eichenholz war teuer und schwer, menschliche Arbeit dagegen günstig und daher wurde mit Ölfarbe auf den Kieferntüren das Eichenholz imitiert. Wandoberflächen wurden nicht mit echtem Naturstein verkleidet, die Steine wurden aufgemalt. Die ursprüngliche Gestaltung des Treppenhauses in dieser Form findet sich auch in anderen repräsentativen Treppenhäusern wie zum Beispiel im Schloss Babelsberg.
 

Das ovale Turmtreppenhaus ist eines von sechs Treppenhäusern im Orangerieschloss, es führt auf die Türme mit den beiden Galerien, von denen man einen weiten Blick in die umgebende Landschaft hat.
 

Im mittleren und oberen Geschoss sind Zugänge zu Wohnungen, die ursprünglich zu den Apartments des Schlosses gehören. Darin wurden nahestehende Bedienstete der hier jeweils logierenden Gäste des Königshauses untergebracht. Erst in den 1920er Jahren wurden auch die Wohnungen im Mittelbau des Orangerieschlosses vermietet. Ein erster langjähriger Mieter war beispielsweise der „Königl. Prinzl. Obergärtner i. R.“ Albert Kiekleben, der in der Wohnung im 1. Obergeschoss lebte.
 

Bereits im 19. Jahrhundert musste das Treppenhaus wohl wegen der intensiven Nutzung renoviert werden. Zunächst wurde die aufwändige Bemalung in den bauzeitlichen Farben und Materialien wiederholt, später strich man aber die Wände relativ schmucklos mit einem hohen Ölfarbenpaneel – diese ließ sich besser abwischen – und einfarbigen Oberwandanstrichen in Leimfarbe. Die schönen Natursteintreppen überstrich man ebenfalls mit Ölfarbe. Bei der letzten Sanierung, die wahrscheinlich in den 1990er Jahren durchgeführt wurde, wurde dann das ursprüngliche Farbkonzept komplett verdrängt, die Treppenuntersichten genauso wie die Wände wurden in einem zitronengelben Farbton gestrichen.
 

Erst eine eingehende Untersuchung durch das Restaurator:innen-Team brachte die ursprüngliche Fassung wieder an das Tageslicht. Mit Hilfe von akribischer Detailarbeit der Stiftungshandwerker:innen erhält das Treppenhaus nun wieder diese Fassung zurück und der repräsentative Innenraum ist wieder in seiner ganzen Schönheit zu sehen.
 

Handwerk im Schloss ist ganz schön knifflig, aber nie langweilig: Christian Leubners Chefin, die Malermeisterin Bianca Furkert sucht für den Herbst noch nach einem oder einer Auszubildenden, der – oder die – Lust hat, alte und neue Techniken zu lernen und im historischen Umfeld mit Farbe zu arbeiten.

 

Danke an den fachlichen Input von Daniel Goral (Schlossleiter Orangerieschloss) und Restaurator Ekkehardt Fischer.

 

 

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