„Gärtner führen keine Kriege…“Preußens Arkadien hinter Stacheldraht

Sonderausstellung vom 15. Juli bis 10. September 2017 (Wiederaufnahme)

Die preußischen Schlösser und Gärten entlang der Havel – heute UNESCO-Weltkulturerbe – wurden nach dem 13. August 1961 zu einem der Schauplätze des Kalten Krieges. Hier verlief die deutsch-deutsche Grenze: Mauer, Grenzzäune und Todesstreifen zerstörten über 30 Hektar einer einzigartigen Kulturlandschaft. So wurde der von den Gartenkünstlern im 19. Jahrhundert angelegte romantische Uferweg nach dem Mauerbau zum Patrouillenweg der DDR-Grenztruppen.

Peter Joseph Lennés grandiose Idee der „Sichtachsen“ wurde pervertiert: Denn auch die Grenzer wollten „Sichten“. Allerdings in anderem Sinne: es ging ihnen um „freies Sicht- und Schussfeld“, um Fluchten zu verhindern. Dazu wurden einst kunstvoll geschwungene Wege und Hügel rücksichtslos mit Planierraupen weggebaggert, Parkarchitekturen abgerissen und große Flächen mit Pflanzengift devastiert. Die wundervollen Sichtbeziehungen der Kulturlandschaft rund um die Glienicker Brücke waren durch Streckmetallzäune und Wildwuchs gekappt.

Der fast 30 Jahre andauernden Zerstörung dieses weiträumigen Gesamtkunstwerkes folgte die Heilung, die aufwendige Restaurierung der Gärten nach der Wende. „Das war Zerstörung von Kunst. Als ob man in ein Rembrandt-Gemälde mit einem Messer reingeschlitzt hätte. Und nun galt es das zu reparieren. Es hat mich tief bewegt, dass ich dabei helfen durfte“, sagt der damalige Leiter des Landschaftsparks Babelberg, Karl Eisbein.

Die multimediale Ausstellung wird auf über 400 Quadratmetern im Schloss Sacrow gezeigt. Im Mittelpunkt stehen die Erlebnisse der Gärtner während der Zeit der Zerstörung im Kalten Krieg und der Heilung nach der Wende. Marianne Birthler ist die Schirmherrin der Ausstellung: „Der Ausstellungsort Sacrow könnte nicht besser gewählt sein. Der zur Grenzzeit extrem malträtierte Lenné-Park ist heute wieder in seiner atemberaubenden Schönheit erlebbar. Für die Besucher wird das nicht nur das Erlebnis einer sehr spannenden Ausstellung, sondern auch ein Ausflug in die Traumwelt des Preußischen Arkadiens.“

Der neue Raum

Zur Wiederaufnahme der Ausstellung „Gärtner führen keine Kriege...“ aus dem Vorjahr wird ein völlig neu gestalteter Raum präsentiert. Es geht darin um die spannende Geschichte des Schlosses Sacrow von 1945-61. Während dieser Zeit firmierte es unter dem Namen „Liselotte-Herrmann-Heim“. Bis 1953 waren hier Opfer des Nationalsozialismus – Überlebende der KZ's und Widerstandskämpfer und deren Angehörige in meist sechswöchigem Turnus zur Erholung untergebracht.
Von 1954 bis 1961 wurden dann – organisiert vom Druckerei- und Verlagskontor der DDR – Schriftsteller, Drehbuchautoren und andere Literaten zur Arbeit und Erholung hierher geschickt. Die junge Brigitte Reimann schrieb nach ihrer Zeit in Sacrow 1956 das autobiografisch geprägte Romanfragment „Joe und das Mädchen auf der Lotusblume“.
Zwei Zeitzeugen – die Kinder der damaligen Heimleiterin – tragen mit ihren Erinnerungen und einem als „Schatz“ zu bezeichnenden umfangreichen Fotokonvolut dazu bei, ein wichtiges Kapitel Deutscher Geschichte in Sacrow nachzuerleben.
Die Eintragungen in die Gästebücher und diese Bilder des Lebens der einstigen Verfolgten des Naziregimes als Gäste im Sacrower Schloss, wo kurze Zeit vorher noch NS-Generalforstmeister Friedrich Alpers residierte, sind beeindruckende Zeugnisse einer politisch aufgewühlten Zeit in Deutschland.

Veranstalter ist der gemeinnützige Verein Ars Sacrow e. V.
Unterstützt wird die Ausstellung von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und der Stiftung Berliner Mauer.

Weitere Informationen zur Ausstellung: Ars Sacrow e. V.

Schloss Sacrow
Krampnitzer Straße 33
14469 Potsdam

Weitere Informationen zum Ort

Wichtige Informationen

So.  23.7. / 15 Uhr (Treffpunkt: Vor dem Schloss Eingang)
Sonder-Führung mit Gärtner Uwe Held durch den Park Sacrow

Eine tausendjährige Eiche, die weiten Blicke nach Potsdam und Berlin, die Romantik der Sacrower Wiesen, das Linden-Rondell, die Heilandskirche am Port und die Geschichte der „Thusnelda“. Ein Spaziergang als intensiver Einblick in die Gartenkunst.
Uwe Held vermittelt praktische und theoretische Aspekte der Arbeit am historischen Garten. Auch über den Umgang mit dem Lenné'schen Erbe und die Auseinandersetzung mit folgenden historischer Epochen, die den Garten geprägt haben.

Sa. 29.7. / Schloss Sacrow – Spiegelsaal / 18:30 Uhr (Einlass ab 18 Uhr)
Die Heilandskirche im Kalten Krieg

Bebilderter Vortrag von Jens Arndt
Sie war ein Symbol der deutschen Teilung – die Kirche im Niemandsland. Der denkmal-geschützte Persius-Bau verschwand nach 1961 hinter der Mauer und verfiel. Mit Hilfe von Spendengeldern aus dem Westen wurde sie in den 80er Jahren restauriert. Doch die Grenztruppen hatten Angst vor republikflüchtigen Arbeitern. Die Heilandskirche wurde zur bestgesichertsten Baustelle Deutschlands. Mit dem ersten Gottesdienst nach 28 Jahren – Heiligabend 1989 – wurde sie auch zu einem wichtigen Ort der Wiedervereinigung.

Sa. 5.8. / Schloss Sacrow – Spiegelsaal / 18:30 Uhr (Einlass ab 18 Uhr)
Fürst Pückler und die DDR

Bebilderter Vortrag von Ulf Jacob
Der Schöpfer der Parkanlagen in Muskau, Babelsberg und Branitz wurde in der DDR zunächst weitgehend beschwiegen, war er doch nach herrschendem Geschichtsverständnis ein reaktionärer Feudalherr. Erst seit Mitte der 1970er Jahre fand er als Reiseschriftsteller und Gartenkünstler erneut Beachtung. Anlässlich seines 200. Geburtstages durfte er 1985 schließlich höchst offiziell in den Olymp des humanistischen Kulturerbes aufrücken.
Der bebilderte Vortrag von Ulf Jacob wirft Schlaglichter auf einige Stationen dieses Annäherungsprozesses

Sa. 12.8. / Schloss Sacrow - Spiegelsaal / 18:30 Uhr (Einlass ab 18 Uhr)
Fluchten und Mauertote in Arkadien

Bebilderter Vortrag von Maria Nooke
Während der bleiernen Mauerzeit starben auch im „Preußischen Arkadien“ rund um den Jungfernsee Menschen an der Grenze. Der Versuch über das Wasser in die Freiheit zu gelangen, kostete im Grenz-Bereich der Kulturlandschaft mindestens neun Menschen das Leben. Andere Fluchtversuche scheiterten durch Festnahmen. Doch es gab auch gelungene Fluchten im Bereich der Kulturlandschaft rund um die Glienicker Brücke.

So.  20.8. / 15 Uhr (Treffpunkt: Vor dem Schloss Eingang)
Sonder-Führung mit Gärtner Uwe Held durch den Park Sacrow

Eine tausendjährige Eiche, die weiten Blicke nach Potsdam und Berlin, die Romantik der Sacrower Wiesen, das Linden-Rondell, die Heilandskirche am Port und die Geschichte der „Thusnelda“. Ein Spaziergang als intensiver Einblick in die Gartenkunst.
Uwe Held vermittelt praktische und theoretische Aspekte der Arbeit am historischen Garten. Auch über den Umgang mit dem Lenné'schen Erbe und die Auseinandersetzung mit folgenden historischer Epochen, die den Garten geprägt haben.

Sa. 26.8. / Schloss Sacrow - Spiegelsaal / 18:30 Uhr (Einlass ab 18 Uhr)
Schloss Sacrow 1945-1990

Bebilderter Vortrag von Günter Vögele & Jens Arndt
Schloss Sacrow wurde nach 1945 Volkseigentum und zunächst VVN-Heim. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes beherbergte dort bis 1952 auch ehemalige KZ-Häftlinge. Ab 1953 bis 1961 diente das Schloss als Schriftstellerheim. U.a. schrieb Brigitte Reimann hier ihr Romanfragment Das Mädchen auf der Lotusblume. 1961 zog eine Bootskompanie der NVA ein. Und von 1973 bis 1990 bildete die DDR-Zollverwaltung hier Hunde und Hundeführer für den Einsatz an den Grenzen aus.

Sa. 2.9. / Schloss Sacrow - Spiegelsaal / 18:30 Uhr (Einlass ab 18 Uhr)
Die Wassergrenze. Das Grenzregime der DDR in Berlin am und unter Wasser

Bebilderter Vortrag von Gerhard Sälter & Manfred Wichmann
Von den etwa 155 Kilometern Grenzlinie in Berlin verlief etwa ein Viertel an Seen oder Wasserstraßen. Hierfür erfand die DDR, wie schon bei den unterirdischen Bahntrassen im innerstädtischen Verkehr, besondere Sperranlagen und sie musste ihr Grenzregime modifizieren. Ein Problem bestand anfangs darin, dass die Wasserstraßen für den Gütertransport nach Ost-Berlin und die DDR deutlich wichtiger war als für West-Berlin. Gleichzeitig gab es kaum geklärte Zuständigkeiten und schon die Beschaffung von Booten für die mit den Kontrollen beauftragten Polizeieinheiten war zunächst mit Schwierigkeiten behaftet. Erst mit dem Mauerbau konsolidierte sich das Grenzregime am Wasser weitgehend, blieb aber mit Dysfunktionalitäten behaftet.
Der Vortrag zeigt das Entstehen dieser besonderen Form des Grenzregimes seit den frühen fünfziger Jahren bis 1989. Gleichzeitig nimmt er die damit entstehenden Probleme und Kosten in den Blick.

Eine Filmreihe von Joachim von Vietinghoff und Christina M. Schachtschabel

FILME VOR / ÜBER / AUF / HINTER DER MAUER

Freitag, 21. Juli 2017, 19.30 Uhr
GORILLA BATHES AT NOON
Regie: Dusan Makavejev Produktion: Vietinghoff Filmproduktion D 1993, 103 min
Joachim von Vietinghoff stellt den Film vor
Groteske Komödie über einen Sowjet-Offizier, der nach Abzug seiner Armee in Berlin ein Leben als Stadtstreicher führt. Die historische Zeitenwende 1989/90 mit dem Untergang des Ostblocks wird in all ihrer Komplexität auf humoristische Ebene „erklärt“. Das Chaos dieser epochalen Zeitenwende fängt der Spielfilm mit fiktionalen und teils dokumentarischen Bildern ein, die uns heute eher surreal erscheinen müssen.

Freitag, 11. August 2017, 19.30 Uhr
DIE MAUER
Regie: Jürgen Böttcher Kamera: Thomas Plenert, D 1989/90, 99 min
Als Gast Regisseur und Künstler Jürgen Böttcher
Eine filmische Meditation über die Zeit gegen Jahresende 1989/90, als die Grenzen zwischen Berlin-Ost und -West bereits geöffnet waren, die Mauer jedoch noch stand.  Der Dokumentarist und Maler Jürgen Böttcher (Pseudonym: Strawalde) fängt das historisch belastete Bauwerk in spontanen Beobachtungen wie in kalkulierten Tafelbildern ein. Dabei gelangen ihm u.a. erregende Aufnahmen stillgelegter unterirdischer Bahnhöfe und metaphorische Bilder vom Auseinanderbrechen des „antifaschistischen Schutzwalls“. Die „Aufarbeitung“ ist immer dann reizvoll und interessant, wenn die aus Fernsehfeatures sattsam bekannten Bilder mit experimentellem Mut „überarbeitet“ werden.

Freitag, 25. August 2017, 19.30 Uhr
DIE GLIENICKER BRÜCKE – LETZTE HOFFNUNG FÜR SPIONE
ARD – Dokumentation, Regie: Daniel und Jürgen Ast, D 2016, 45 min
Als Gast Regisseur / Dokumentarist Jürgen Ast
„Eine Brücke im Nebel. Die Sicht kaum mehr als ein paar Meter, das Gebiet von „unauffälligen“ Gestalten weiträumig abgeschirmt. Zwei Männer kommen sich auf der  Brücke entgegen, ein Augenblick des Innehaltens, dann ist alles vorbei … Der Klassiker eines Agententhrillers. Immer wieder benutzt, immer wieder inszeniert. Symbol für das Dealen der Geheimdienste im Kalten Krieg. Als am 10. Februar 1962 der erste Agentenaustausch, Powers gegen Abel, auf der Glienicker Brücke stattfand, wurde sie weltberühmt – (als) Umschlagplatz für die Spione…“

ACHTUNG: Beginn 18.00 Uhr mit Pause
Freitag, 1. September 2017, 18.00 Uhr
BRIDGE OF SPIES – DER UNTERHÄNDLER
R: Steven Spielberg, Darsteller u.a. Tom Hanks
USA 2015, 212 min
Die Gastgeber stellen den Film vor.
Vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs erzählt der Thriller BRIDGE OF SPIES – DER UNTERHÄNDLER die Geschichte des Anwalts James Donovan aus Brooklyn, der plötzlich in das politische Geschehen verwickelt wird. Donovan wird vom CIA beauftragt, die Freilassung eines in der UdSSR verhafteten US-amerikanischen U-2-Piloten zu erwirken – eine Aufgabe, die sich als nahezu unmöglich erweist. Diese außergewöhnliche Episode in Donovans Leben haben die Autoren Matt Charman, Ethan Coen und Joel Coen in ein Drehbuch eingebettet, das auf wahren Begebenheiten beruht.

Freitag, 8. September 2017, 19.30 Uhr
VERLORENE LANDSCHAFT – EINE DEUTSCHE ERINNERUNG
Regie: Andreas Kleinert, Kamera: Sebastian Richter, Darsteller: u.a. Sylvester Groth,
D 1992, 163 min
Als Gast Andreas Kleinert
Über das Zustandekommen des Filmes in den Jahren der sog. Wende sprechen Regisseur Andreas Kleinert, Absolvent der damaligen HFF Potsdam und heute Professor an der selben in Filmuniversität Potsdam umbenannten Schule mit Produzent Joachim von Vietinghoff. Innerfamiliäre, surreale Rückblende eines Ausgereisten in seine als verloren beschriebene ostdeutsche Kindheit/Heimat. Im Wechsel zwischen Schwarz-weiß und Farbbildern erzählt der Film die Zeit des Mauerbaus rückblickend kurz nach dem Mauerfall als Familiendrama.

Finissage
Freitag, 29. September 2017, 19.30 Uhr
GOOD BYE, LENIN!
Regie: Wolfgang Becker, Drehbuch: Bernd Lichtenberg, Darsteller: u.a Daniel Brühl, Katrin Sass
D 2004, 181 Min
Als Gast Drehbuchautor Bernd Lichtenberg
Im Publikumserfolg Good Bye, Lenin!, verschläft Katrin Sass als ostdeutsche Lehrerin im Koma die Zeitenwende. Der fast unbeherrschbare Versuch ihres Sohnes (Daniel Brühl), die Zeiten so beibehalten zu wollen, wie sie waren, mündet in ein kurioses Desaster und einen Clash of Cultures zwischen Ost und West.

Eintritt 10 Euro, ermäßigt 5 Euro
Anmeldung und Ticketreservierung: karten(at)ars-sacrow.de
Weitere Informationen unter www.ars-sacrow.de

Impressionen