Zwölf Skulpturen kehren restauriert an die Neuen Kammern von Sanssouci zurück

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Neue Kammern von Sanssouci

Zwölf weitere Skulpturen kehren restauriert an die Neuen Kammern von Sanssouci zurück

Die Schar der Göttinnen und Götter, Satyrn und anderen mythologischen Figuren auf der Südseite der Neuen Kammern von Sanssouci in Potsdam wird allmählich größer: Seit dem 27. Oktober 2021 haben sich weitere 12 Skulpturen zu jenen acht gesellt, die bereits in den vergangenen beiden Jahren aufgestellt wurden. Es fehlen noch vier Skulpturen, die derzeit von Bildhauerinnen und Bildhauern nach den Originalen kopiert werden. Damit vervollständigt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) schrittweise das Skulpturenprogramm an den Neuen Kammern. Ermöglicht wird das insgesamt 1,2 Millionen Euro umfassende Restaurierungsprojekt durch Spenden. Dafür hat die Cornelsen Kulturstiftung mit einer großzügigen Fördersumme in Höhe von 278.000 Euro die Initiative übernommen und weitere Spenderinnen und Spender „angestiftet“.

Bereits 2019 kehrten in Anwesenheit der Stifterin Ruth Cornelsen „Endymion“ und „Narziss“ von Asmus Frauen (um 1707- vor 1770), die Antikenkopie „Apoll mit Leier“ von Eduard Stützel (1806- nach 1862) sowie der „Faun“ von François Gaspard Adam (1710-1761) an den Mittelrisalit zurück. Im vergangenen Jahr wurden die beiden Seitenrisalite mit „Meleager“ und dem „Herkules Farnese“ (westlicher Risalit) sowie mit dem „Hermes Andros Farnese“ und der „Venus Kallipygos“ (östlicher Risalit) besetzt. Sie stammen, wie auch die Reihe der jetzt aufgestellten, von namentlich nicht bekannten italienischen Bildhauern und wurden in der Zeit zwischen 1745 und 1749 hergestellt.

Frisch restauriert sind nun Königin Artemisia, eine Amazone, ein gefesselter Satyr, Narziss, Apoll mit Köcher, Bacchus mit kleinem Satyr, Bacchus mit Krug und Becher, Venus mit Delphin, Vertumnus, Flora, Apoll von Belvedere und Fortuna. Zu identifizieren sind sie durch ihre typischen Attribute. Kundige Besucherinnen und Besucher werden ihre Vorbilder in den großen Antikensammlungen – wie etwa in Rom oder Neapel – kennen. Ursprünglich waren es 26 Figuren. Wenn dann die letzten vier jetzt noch fehlenden 2022 durch Kopien ersetzt sind, werden es insgesamt 24 Statuen sein, die die Freiluftgalerie vor den Neuen Kammern vervollständigen. Die jetzt erfolgte Wiederaufstellung zeigt die letzte überlieferte Präsentation von 1929.

Geschichte der Skulpturen
Der preußische König Friedrich der Große (1712-1786) ließ 1749 in Italien bei dem Grafen Francesco del Medico Skulpturen erwerben und in Sanssouci an der 1747 von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699-1753) errichteten Orangerie, die von 1771 bis 1774 zum Gästeschloss Neue Kammern umgebaut wurde, sowie im westlichen Lustgarten aufstellen. Die Marmorskulpturen wurden in bislang noch nicht erforschten Werkstätten in Carrara gefertigt, deren Bildhauer sich meist an berühmten antiken Vorbildern orientierten.

Die Skulpturen wurden passend zur Orangerie-Nutzung des Gebäudes gewählt: Die der Natur verbundenen Gestalten der antiken Mythologie ergänzen die der Sonne, der Zeit und der Gartenarbeit gewidmete Attikakartusche von Friedrich Christian Glume (1714-1752) über dem Mittelrisalit der Neuen Kammern.

Sowohl das Motiv der ungezügelten Natur als auch der kunsttheoretische Ansatz des Antikenzitats stehen in Beziehung zu den Fassadenskulpturen der von 1755 bis 1763 östlich des Schlosses Sanssouci erbauten Bildergalerie. An der Bildergalerie verwirklichte Friedrich der Große ein akademisches Lehrprogramm der Bildenden Künste. Gemeinsam mit den Neuen Kammern bilden diese beiden Gebäude mit ihren Darstellungen von Kunst und Natur also thematische Pendants.

Die Restaurierung
Seit dem Abbau der stark geschädigten Skulpturen 1982 und deren Unterbringung im Depot bestand der Wunsch der SPSG, die Skulpturen restauriert wieder aufzustellen bzw. bei Bedarf durch Marmorkopien zu ersetzen.

Die Erhaltungszustände der Skulpturen und Postamente sind sehr heterogen, obwohl sie in einem engen Zeitraum geschaffen wurden und am gleichen Standort unter gleichen klimatischen Bedingungen 230 Jahre gestanden hatten. Die Gesteinsqualität variiert von sehr gutem bis minder gutem Bildhauerstein mit Äderungen und Störungen wie Rissen, Kavernen oder geringeren Festigkeiten. Die Skulpturen waren durch witterungsbedingte Prozesse sowie durch extreme Temperatur- und Feuchteeinflüsse an der Südfassade massiv gefährdet und wiesen erhebliche Materialverluste auf.

Zunächst reinigten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Skulpturenrestaurierung der SPSG die Skulpturen mit Laser- und Mikrodampfstrahltechnik, um schwarze Krusten und Ablagerungen von den Oberflächen zu entfernen. Mittels Ultraschallmessungen konnten Erkenntnisse über die Strukturfestigkeit des Marmorgefüges gewonnen werden. Darüber hinaus wurden Wasseraufnahme und Absorptionsverhalten der unterschiedlich stark verwitterten Skulpturen untersucht. Ihr Standort direkt unter der Dachtraufe der Neuen Kammern hatte zur Folge, dass Niederschläge auf das Kupferblechdach fielen und kupferhaltiges Wasser über die Tropfkante direkt auf die Skulpturen abfloss. Das führte zu einer sehr hohen Sättigung des Porengefüges mit basischen Kupferverbindungen, was an der starken Grünfärbung deutlich zu erkennen war.

Im Zuge der Entkupferung wurden wasserunlösliche Kupferverbindungen (Azurit, Malachit und Bronchantit) – durch die Reaktion mit Ammoniak – in wasserlösliche Verbindungen umgewandelt. Durch eine gerichtete Feuchteströmung konnten die Kupfersalze dann in eine Kompresse auf der Oberfläche transportiert werden. Nur diese Entkupferung ermöglichte im Anschluss die Acrylharzvollkonservierung, auf die alle vorbereitenden restauratorischen Maßnahmen ausgerichtet waren. So wurden z. B. Risse mit einem Material geschlossen, das bis in den Haarrissbereich eindrang und keine Kunstharze enthielt. Ferner mussten Abbrüche behandelt werden, um die Standsicherheit der Skulpturen im Außenraum gewährleisten zu können.

Ebenso wurden fehlende Details –  wie etwa Finger – ergänzt. Alle flankierenden Maßnahmen konnten in den SPSG-Restaurierungsateliers durchgeführt worden.

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Frank Kallensee
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