Neue Luisenbüste für Schloss Paretz

Frühwerk des Bildhauers Christian Daniel Rauch schmückt das Sommerschloss der Königin Luise

Ab Saisonbeginn 2013 präsentiert die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) im Schloss Paretz eine Bildnisbüste der Königin Luise, die die Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V. anlässlich ihres 30-jährigen Jubiläums, die Kulturstiftung der Länder und die SPSG gemeinsam für das Schloss erworben haben.

Die Büste aus dem Jahr 1804 ist ein Frühwerk des kunsthistorisch bedeutenden Berliner Bildhauers Christian Daniel Rauch (1777–1857). Es ist das Verdienst des Auktionshauses Villa Grisebach, diese bislang lediglich schriftlich überlieferte Bildnisbüste der Königin Luise von Preußen entdeckt und kunsthistorisch überzeugend zugeordnet zu haben.

Der Reichsgraf Anton Alexander von Magnis bestellte die Büste im Jahr 1804 bei Rauch. Offenbar begann Rauch seine Arbeiten noch in der Werkstatt Johann Gottfried Schadows (1764–1850), ließ sie nach seiner Abreise nach Rom durch andere Hand fertig stellen. Graf Magnis wies diese Büste zurück, weil sie nicht seinen Vorstellungen entsprach. Leider ist bislang vollkommen unbekannt, welche Geschichte diese erste Büste danach genommen hat. Erst Ende des 19. Jahrhunderts konnte sie wieder im österreichischen Privatbesitz nachgewiesen werden. Rauch schuf jedenfalls 1805/1806 in Rom eine zweite Büste nach einem neuen Modell, die auch an den Grafen ausgeliefert und akzeptiert wurde. Diese gilt als verschollen, ist aber zumindest bildlich überliefert.

Das Marmorbildnis stellt ein Schlüsselwerk der Berliner Bildhauerkunst dar, weil es noch stark im Werk Johann Gottfried Schadows verhaftet ist und zugleich den Beginn der Auseinandersetzung Rauchs mit dem Bildnis der Königin und dem Bildnis als einer spezifischen bildhauerischen Aufgabe darstellt.

Mit den Bildnissen, die auf die erste Büste für den Grafen Magnis folgen, hat sich Rauch immer mehr vom Realismus seines Lehrers Schadow entfernt und eine später breite Kreise der Berliner Bildhauerschule auszeichnende abstrahierende Allgemeingültigkeit entwickelt. Gerade in ihrer Ambivalenz zwischen Schadow und Rauch, zwischen dem Realismus des späten 18.Jahrhunderts bzw. dem aufkommenden Klassizismus des 19.Jahrhunderts stellt die erste Büste für den Grafen Magnis ein wichtiges Zeugnis der Kunstentwicklung der Jahrhundertwende dar.

Zugleich ist das Werk für die Entstehung der Luisen-Ikonographie von großer Bedeutung. Luise von Preußen (1776–1810) genoss bereits zu Lebzeiten kultgleiche Verehrung, die sich durch ihren frühen Tod noch verstärkte. Die junge Königin – in der Bevölkerung sehr beliebt – verzauberte mit ihrem Charme, ihrer Schönheit und natürlichen Anmut. Sie wurde zur idealen Repräsentantin weiblicher Tugenden stilisiert und diente bis ins 20.Jahrhundert als Projektionsfläche patriotischer Gefühle. Nicht zuletzt förderten Dichter und bildende Künstler wie der Bildhauer Christian Daniel Rauch mit ihren Werken den Mythos der "preußischen Madonna". Rauch gestaltete auf Wunsch des Königs schließlich auch ihren Sarkophag für das Mausoleum im Park des Schlosses Charlottenburg. Eine zweite Fassung in Lebensgröße ist bis 28.Juli2013 in der Ausstellung "Im weißen Licht" in der Neuen Nationalgalerie zu bewundern.

Das marmorne Bildnis wird fortan im Schloss Paretz, das seit 2001 als Museum zugänglich ist, zu sehen sein. Die Sommerresidenz – 1797 bis 1804 von David Gilly für den Kronprinzen Friedrich Wilhelm (III.) und seine Gemahlin Luise errichtet und häufiger Rückzugsort der Familie – bietet seit seiner Restaurierung einen authentischen Einblick in das königliche Landleben. Das Schloss verkörpert in besonders eindrücklicher Weise den frühen, klaren Klassizismus des Jahrhundertbeginns und erhält nun endlich eine angemessenes, menschlich anrührende Bildnisbüste.

Im diesem Jahr wird die "neue" Luisenbüste zunächst in einer Sonderpräsentation in den Kreis der wichtigsten Bildnisse aus den Beständen der SPSG gestellt, um ihre Bedeutung für Anschauung und Forschung ermessen zu können.

Öffnungszeiten Schloss Paretz:
ab 29. März 2013
10–17 Uhr

ab 1. April
Dienstag bis Sonntag 10–18 Uhr

Ostern geöffnet

Schlösser und Gärten