Tabatièren für den König

Jüngst veröffentlichte Dokumente enthalten weitere Details über die Ausgaben Friedrichs des Großen, u. a. für seine berühmten luxuriösen Tabaksdosen

Nachdem die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) gemeinsam mit dem Geheimen Staatsarchiv zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) und in Zusammenarbeit mit der Online-Publikations-Plattform perspectivia.net der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (DGIA) im Jahr 2011 die Schatullrechnungen Friedrichs des Großen erforscht, digital erschlossen und auf www.perspektivia.net veröffentlicht hat, macht sie nun – ebenfalls in Kooperation mit den beiden genannten Institutionen – weitere im GStA PK befindliche Dokumente zugänglich, die näheren Aufschluss über die privaten Ausgaben Friedrichs des Großen geben: das sog. Journal und die "Rote Schatulle".
Bearbeitet wurde die Edition, wie schon die Schatullrechnungen, von Ralf Zimmer.

Journal
Bei dem Journal handelt es sich um ein Dokument aus der Verwaltung des Hofstaatsrentmeisters Johann August Buchholz (1706–1793) während der letzten Monate des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) und der unmittelbaren Nachkriegszeit. Buchholtz war bis 1786 der private Finanzbeauftragte des Königs. Nach dem Monarchen hatte wohl niemand einen intimeren Einblick in die königlichen Finanzen. Auch der berühmte Fredersdorf nicht.
Das Journal zeigt die genaue Herkunft der Gelder auf, die den monatlichen Schatullrechnungen als Einnahmen zur Verfügung standen und es schließt die zeitliche Lücke, die die Unterlagen der Schatullrechnungen zwischen Dezember 1762 und April 1763 aufweisen. Deutlich wird auch, dass die monatlichen Schatullrechnungen nur ein – wenn auch wesentlicher Bestandteil der Gelder sind, die Friedrich zu "seiner" Schatulle rechnete und über die er frei verfügte. Auch die mittels Journal verwalteten Gelder verwendete der König zumindest teilweise zum Erwerb extrem teurer Kirschen (3 RTl pro Stück) und für den Erwerb von Kunstwerken. Dadurch, dass sich die zeitliche Lücke schließen lässt, wird auch ersichtlich, dass sich der König während des Krieges mit dem Erwerb von Kunst (z. B. Porzellan) und der Anschaffung seltener bzw. wertvoller Pflanzen für die Orangerie beschäftigt hat. Auch sein Hobby, das Flötenspielen, gab er trotz der Verhandlungen in Dahlen nicht auf. Sein Kammerhusar Rüdiger musste Flötenreparaturen begleichen.

"Rote Schatulle"
Zunächst handelte es sich einfach um eine Schatulle im Wortsinn, d. h. um einen Kasten, oder, wie Friedrich schreibt, um einen "rohten Casten" [sic], der zur Aufbewahrung von Geld diente. Seine Farbe gab ihm den Namen. Heute wäre es treffender, von einem Fonds zu sprechen, der sich aus Geldern speiste, die dem König zur unmittelbaren Verfügung standen und die er in diesem Fall zur Befriedigung persönlicher Interessen nutzte, wie den Erwerb kostbarster Preziosen. Bei diesen Kunstwerken handelt es sich um die berühmten Tabaksdosen des Monarchen. In dieser Form ist der Fond heute einzigartig. Die "Rote Schatulle" wurde von Buchholtz im Zeitraum 1770 bis 1772/1773 geführt. Im fraglichen Zeitraum finden sich Aufwendungen für Tabatièren sowohl in den monatlichen Schatullrechnungen als auch in der "Roten Schatulle".
Insofern ergänzt die jetzt erfolgte Edition die von 2011. Allerdings sind die Dosen, die aus der "Roten Schatulle" bezahlt wurden, wesentlich teurer. Da sich unter den Dosen des "Roten Kastens" keine "à la portrait" befindet, wird man annehmen können, dass sie für den persönlichen Gebrauch des Königs bestimmt waren, da die als Geschenk vorgesehenen Stücke in der Regel sein Porträt trugen.

Friedrich nutzte also nicht nur die monatlichen Schatullrechnungen für persönliche Anschaffungen. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass dem König wesentlich umfangreichere Gelder als es die monatlichen Schatullrechnungen suggerieren zur Verfügung standen. Insgesamt wurden 22 Tabatieren erworben. Zudem waren allein 3500 Reichstaler aufzubringen, um eine Dose "reicher zu machen". Aus dem Fonds beglich Buchholtz Zahlungen in Höhe von ca. 200.000 Reichstalern. Der hohe Preis dieser luxuriösen Preziosen zeugt nicht nur von der königlichen Leidenschaft des sonst so sparsamen Monarchen. Sie belegen gleichzeitig die hohe Meisterschaft des Berliner Kunsthandwerks. Die Veröffentlichung der "Roten Schatulle" dient noch einem weiteren Zweck: Für jedes erworbene Objekt sind Rechnungen und Quittungen noch vorhanden, anders als bei den monatlichen Schatullrechnungen, wo diese verloren gingen. Es sind aber eben die Rechnungen und Quittungen, die die Beschreibungen der erworbenen Kunstwerke enthalten. Sie erlauben zudem Rückschlüsse zur Abwicklung des Erwerbs der Tabaksdosen.

Das Projekt wurde gefördert durch die Stiftung "pro Sanssouci".

Weitere Informationen unter:
http://quellen.perspectivia.net/bestaende/spsg-schatullrechnungen/journal
http://quellen.perspectivia.net/bestaende/spsg-schatullrechnungen/rote-schatulle-1770-1773