SPSG hat 17 Kunstwerke an das DHM Berlin übergeben

Die Gemälde konnten im Rahmen der Provenienzforschung identifiziert werden

"Im Rahmen der in der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) systematisch durchgeführten Provenienzforschung konnten in den vergangenen zwei Jahren 67 Kunstwerke an ihre rechtmäßigen Eigentümer restituiert werden. Bei den aufwändigen Recherchen zur Herkunft der Kunstwerke gab es jetzt einen überraschenden Fund: 17 Kunstwerke aus dem Besitz des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda lagerten unerkannt fast 60 Jahre im SPSG-Depot.

SPSG-Generaldirektor Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh konnte die letzten zwei Gemälde an Prof. Hans Ottomeyer, Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums Berlin (DHM), übergeben und damit die Restitution abschließen. Der Bund als jetziger Eigentümer ehemaligen Reichsbesitzes stellt die Kunstwerke dem DHM als Dauerleihgabe zur Verfügung, damit sie dort zukünftig als historische Zeugnisse betreut werden können.

Daten der übergeben Gemälde: Julius Paul Junghanns: "Bauernfuhrwerk", 1942, Leinwand 211 x 278 cm, und Rudolf Hermann Eisenmenger: "Die Nacht begleitet den Morgen" (Allegorie), 1941/2, Leinwand, 200 x 180 cm.

Die 17 Kunstwerke wurden im Zuge der Bodenreform 1947 von der Landesregierung aus dem brandenburgischen Schloss Metzelthin bei Neustadt/Dosse entnommen und Anfang der 1950er Jahre den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci übergeben. Es sind größtenteils Gemälde der Zeit um 1939 bis 1943, die das Propagandaministerium auf den "Großen Deutschen Kunstausstellungen" im Haus der Deutschen Kunst in München erworben hatte. Neben einigen eindeutig NS-propagandistischen Kunstwerken waren auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen größtenteils mittelmäßige Genredarstellungen im Stile des 19. Jahrhunderts ausgestellt, um den "deutschen Kunstgeschmack" zu bilden. Bevorzugt wurden sie von NS-Machthabern wie Hitler und Goebbels erworben. So befinden sich unter den Stücken, die dem DHM übergeben werden, auch Werke unter anderem von Lothar-Günther Buchheim (geb. 1918), Hans Schmitz-Wiedenbrück (1907-1944), Constantin Gerhardinger (1888-1970), Rudolf Hermann Eisenmenger (1902-1994) und Julius Paul Junghanns (1876-1957).

Das Propagandaministerium hatte die Gemälde ca. 1943 zum Schutz vor Kriegseinwirkungen in das Brandenburger Schloss ausgelagert, das bereits zahlreiche private Auslagerungen beherbergte. Das Schloss wurde 1945 von der Sowjetarmee besetzt und im Rahmen der Bodenreform enteignet. Augenzeugenberichten zufolge musste es innerhalb weniger Stunden in einen Kornspeicher umgewandelt werden. Aufgrund der gebotenen Eile wurden die Bilder aus den Fenstern vor das Schloss geworfen, die großformatigen Gemälde dabei aus den Rahmen geschnitten und auf kleinstes Format gefaltet. Auch heute noch lässt sich diese Behandlung an den Objekten ablesen. So ist an den großformatigen Leinwänden beispielsweise noch das Faltmuster zu erkennen. Auch wurden Teile der Leinwände herausgetrennt - Augenzeugenberichten zufolge -, um Toiletten abzudichten.

Provenienzforschung in der SPSG

Seit 2003 untersucht die SPSG ihre Bestände systematisch auf die Existenz unrechtmäßig entzogenen Kunstgutes. Dabei wurde festgestellt, dass um 1.000 Objekte vermutlicher Fremdbesitz sind, also die Eigentumsfrage zu überprüfen ist. Viele dieser Objekte zählen zu großen Konvoluten, darunter eine Bibliothek mit über 600 Büchern. Weiterhin sind es u.a. Gemälde, Skulpturen, Möbel, Graphik und Porzellan. In den meisten Fällen befinden sich die Kunstwerke aufgrund ihres geringen künstlerischen Wertes oder der fehlenden Beziehung zum Sammlungszusammenhang der Schlösser und Gärten bereits seit Jahrzehnten in den Depots.

Der Fremdbesitz gelangte aus unterschiedlichen Herkunftsbereichen in die Bestände der SPSG. Der Großteil stammt aus brandenburgischen Schlossbergungen, die im Rahmen der Bodenreform durchgeführt wurden, aber auch aus fehlgeleiteten Kriegsverlagerungen sowohl aus privater Hand als auch von anderen deutschen Museen sowie fehlgeleiteten Rückgaben von Museumsgut, das im Rahmen der sowjetischen Rückgabeaktion von 1958/59 nach Potsdam kam.

Anfragen jüdischer Alteigentümer bzw. von deren Erben wurden in den ersten Jahren nach der Wende nicht an die Stiftung herangetragen. Erst kürzlich abgeschlossene Nachforschungen ergaben, dass sich in vier Fällen NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kunstgut in den Beständen der SPSG befindet. Dieses wurde teilweise nach 1945 erneut im Rahmen der Bodenreform oder aufgrund anderer SMA-Befehle (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) enteignet. Hier besteht noch Forschungsbedarf, um Alteigentümer oder andere Zeitzeugen und Erben zu ermitteln und die Verlustumstände zu klären.

Darüber hinaus sind auch andere Überschneidungen von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kunstgut und Bodenreformgut vorhanden, beispielsweise im Bereich des preußischen Adels, deren Mitglieder am Attentat des 20. Juli 1944 beteiligt waren. In diesem Zusammenhang konnten bereits sechs Kunstwerke restituiert werden. Der hohe Anteil des Bodenreformgutes in den Beständen der Schlösserverwaltung beruht auf der Tatsache, dass die Provinzialregierung, in deren Auftrag die Schlossbergungen stattfanden, Bodenreformgut auf dem Gelände der heutigen SPSG lagerte und dieses Anfang bis Mitte der 1950er Jahre der Schlösserverwaltung übergab."