Erfolgreiche Provenienzforschung bei der SPSG

"Einigung mit jüdischen Erben konnte kostbare Meißener Vasen für das

Neue Palais sichern"

"Im Rahmen der bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) systematisch durchgeführten Provenienzforschung konnten in den vergangenen fünf Jahren 146 Kunstwerke an ihre rechtmäßigen Eigentümer restituiert bzw. durch Entschädigungszahlung für den Bestand der SPSG gesichert werden. Aktuell zählen dazu fünf bedeutende Vasen aus Meißener Porzellan, die um 1750 angefertigt wurden und zur Erstausstattung des Neuen Palais gehörten.

Vasen mit Rocaille-Reliefs und besonders aufwendig hergestellten, naturalistisch geformten und plastisch aufgelegten Blumen gehören zu den für die Zeit um 1750-1760 typischen Werken der Meißner Porzellanmanufaktur. Im Neuen Palais waren sie, wie in Interieurs des 18. Jahrhunderts üblich, als Einzelstücke oder in Sätzen von drei oder fünf Vasen vor allem auf Kaminsimsen aufgestellt. Vermutlich stammen die besagten Vasen bzw. Potpourris aus einer der rund 100 Kisten, die Friedrich II. 1763 im besetzten Sachsen mit Meißner Porzellan bepacken und nach Berlin und Potsdam schicken ließ. Vor diesem historischen Hintergrund waren die Porzellane, die nach Vollendung des Neuen Palais dort zur Aufstellung kamen, von Anfang an nicht nur künstlerisch bedeutender Raumschmuck, sondern Kriegstrophäen, die den Sieg Preußens über Sachsen repräsentierten. Für das Neue Palais sind die Vasen zum einen aufgrund dieses historischen Kontextes, der aufs engste mit dem Bau des Schlosses im Zusammenhang steht, zum anderen wegen der ursprünglich intendierten Raumwirkung, die in diesen zur Originalausstattung gehörenden Kunstwerke zum Teil noch vor Augen tritt, von herausragender Bedeutung.

Geschichte der Vasen aus dem Neuen Palais

Die fünf Meißener Vasen des Neuen Palais waren vermutlich in den 1920er Jahren bei den Vermögensauseinandersetzungen dem vormals regierenden Preußischen Königshaus überlassen worden und gelangten anschließend in den Bestand des Berliner Kunsthandels-Konzerns Margraf & Co. GmbH. Dieser umfasste die Kunst- und Antiquitätenhandlungen Galerie Van Diemen & Co GmbH, Altkunst Antiquitäten GmbH, Dr. Otto Burchard & Co GmbH, Dr. Benedikt & Co GmbH sowie den Juwelenhandel Margraf & Co.

Eigentümer des Konzerns waren der Kunst- und Antiquitätenhändler Jakob Oppenheimer (1879–1941) und seine Ehefrau Rosa Oppenheimer (1877–1943). Bereits zu Beginn des Jahres 1933 plante die NS-Regierung, den Kunsthandelskonzern in jüdischem Besitz zu zerschlagen. Wegen ihrer jüdischen Herkunft und um einer bevorstehenden Verhaftung zu entgehen, verließen Jakob und Rosa Oppenheimer bereits Ende März 1933 Deutschland und emigrierten nach Frankreich. Jakob Oppenheimer wurde nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Frankreich interniert, jedoch schwer krank wieder entlassen. Er verstarb 1941. Rosa Oppenheimer wurde von den Nationalsozialisten im Sammellager Drancy bei Paris interniert und am 1943 nach Auschwitz deportiert, wo sie kurze Zeit später ermordet wurde.

Die Kunsthandels-Firmen des Margraf-Konzerns wurden von den Nationalsozialisten ab 1935 "liquidiert", d.h. die im Bestand befindlichen Kunstwerke wurden verkauft.

Der Bestand des Margraf-Konzerns umfasste zu diesem Zeitpunkt eine derart große Anzahl von Kunstwerken, dass er in mehreren Auktionen zur Versteigerung kam. Im Januar 1935 fand die erste Auktion zur Liquidation des Konzerns im Berliner Auktionshaus Paul Graupe statt. Er umfasste 635 Objekte. Der zweite Teil folgte im April desselben Jahres mit über 800 Objekten. Weitere Auktionen erfolgten im Jahr 1937.

Aufgrund ihrer eminenten sammlungsgeschichtlichen und kunsthistorischen Bedeutung wurden die Vasen von der damaligen Schlösserverwaltung zurück erworben und erneut im Neuen Palais aufgestellt. Bereits zehn Jahre später, 1945/46, wurden sie von der sogenannten "Trophäenkommission" der Roten Armee abtransportiert und gelangten erst 1958 im Rahmen der Rückgabeaktion von Beutekunst aus der Sowjetunion zurück nach Potsdam. Im Zuge der seit 2004 bei der SPSG durchgeführten Provenienzforschung konnte die Herkunft der Vasen aufgedeckt und eine Einigung mit den Erben Jakob und Rosa Oppenheimers erzielt werden.

Provenienzforschung bei der SPSG

Die SPSG erkannte bereits vor Jahren ihre moralische Pflicht und schloss sich den Grundsätzen der Washingtoner Konferenz von 1998 und der 2001 verfassten Selbstverpflichtung von Bund, Ländern und Kommunalen Spitzenverbänden an. Diese forderte öffentliche Einrichtungen auf, die eigenen Bestände auf die Existenz von Fremdbesitz zu untersuchen, deren legitime Eigentümer zu unterrichten und gegebenenfalls eine "faire und gerechte Lösung" zu ermöglichen.

2004 wurde aus diesem Grund bei der SPSG eine eigene Stelle für Provenienzforschung eingerichtet. Bereits in den ersten fünf Jahren konnten große Erfolge verzeichnet werden: bislang wurden 146 Kunstwerke restituiert bzw. durch Zahlung einer Entschädigung für den Bestand der SPSG gesichert, darunter 14 Kunstwerke, die 1933–45 NS-verfolgungsbedingt entzogen worden waren."