SPSG übergibt Gemälde an jüdischen Erben

Dank erfolgreicher Provenienzforschung konnte die SPSG den rechtmäßigen Eigentümer ermitteln

"Nach Abschluss zweijähriger Recherchen übergibt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) 66 Jahre nach seiner Enteignung durch das NS-Regime ein Gemälde an den in Großbritannien lebenden 94-jährigen Sohn der Alteigentümer, Rudolf Beran. Bei dem Bild handelt es sich um das 1921 vom Münchner Maler Hugo von Habermann geschaffene Portrait der Irene Beran (1886 - 1979). Die Dargestellte und ihr damaliger Schwager (und späterer Ehemann), der Maler Bruno Beran (1888 - 1979), waren mit dem Bildnismaler Hugo von Habermann befreundet, der Irenes Porträt während ihres München-Aufenthaltes 1921 schuf. Das Gemälde befand sich anschließend in der Kunstsammlung Irene Berans in ihrem Haus in Brno (Brünn). 1941 wurden Haus und Teile der Kunstsammlung aufgrund ihrer jüdischen Herkunft von den deutschen Besatzern enteignet.

Irene und Bruno Beran überlebten den Zweiten Weltkrieg im Ausland und wurden in Abwesenheit enteignet. Das Portrait wechselte in den folgenden Jahren mehrmals den Besitzer. 1948 wurde es zusammen mit anderen Kunstwerken von der Sowjetischen Militäradministration bei einem Transport in das Gebiet der westlichen Alliierten beschlagnahmt und an die Brandenburgische Landesregierung verkauft. Bei deren Auflösung Anfang der 1950er Jahre wurde es den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci übertragen.

Das Bildnis der Irene Beran wird zum Spätwerk des 1929 verstorbenen Münchener Malers und Zeichners Hugo von Habermann (1849 - 1929) gerechnet, der Schüler von Karl Theodor von Piloty war. 1892 war Habermann Mitglied und später Präsident der Münchener Sezession sowie Professor an der Münchener Akademie. Sein Oeuvre umfasst vor allem expressive Frauenbildnisse, Akte und Genredarstellungen. Bruno Beran war ein Schüler Habermanns und malte um 1920 ein Bildnis seines Lehrers. Dieser schuf 1921 im Gegenzug das Bildnis von Berans Ehefrau Irene.

Die Verlustumstände des Gemäldes konnten durch Forschungen in verschiedenen Archiven, wie dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv und dem Bundesarchiv in Koblenz sowie durch die Zusammenarbeit mit dem Documentation Centre for Property Transfer of Cultural Assets of World War II Victims in Prag geklärt werden. Auch der Kontakt zu den Nachfahren, die wertvolle Informationen beisteuern konnten, war hilfreich. Als Ergebnis der Forschungen kann die SPSG das Bild nun dem in Großbritannienen lebenden Sohn der Dargestellten, Rudolf Beran, als rechtmäßigem Eigentümer übergeben.

Provenienzforschung in der SPSG

Die komplexe Geschichte des Beran-Bildnisses ist typisch für die Fälle NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, die sich häufig unter mehreren Schichten späterer Enteignungen, Verkäufen und anderer Eigentumsübertragungen verbergen. So müssen meist verschiedene Zeitebenen durchdrungen werden, um die Provenienz bis auf die Enteignung während der NS-Zeit zurückzuführen.

Seit 2003 untersucht die SPSG ihre Bestände systematisch auf die Existenz unrechtmäßig entzogenen Kunstgutes. Dabei wurde festgestellt, dass ca. 1.000 Objekte vermutlicher Fremdbesitz sind, also die Eigentumsfrage zu überprüfen ist. Viele dieser Objekte zählen zu großen Konvoluten, darunter eine Bibliothek mit über 600 Büchern. Weiterhin sind es u.a. Gemälde, Skulpturen, Möbel, Graphik, Porzellan und Metallgegenstände. In den meisten Fällen - wie auch im Fall des Bildnisses der Irene Beran - befinden sich die Kunstwerke aufgrund ihres geringen künstlerischen Wertes oder der fehlenden Beziehung zum Sammlungszusammenhang der SPSG bereits seit Jahrzehnten in den Depots.

Der Fremdbesitz gelangte aus unterschiedlichsten Herkunftsbereichen in die Bestände der SPSG. Der Großteil stammt aus brandenburgischen Schlossbergungen, die im Rahmen der Bodenreform durchgeführt wurden, anderen Enteignungen der Sowjetischen Militäradministration, aber auch aus fehlgeleiteten Kriegsverlagerungen, sowohl aus privater Hand als auch von anderen deutschen Museen. Auch fehlgeleitete Rückgaben von Museumsgut, das anlässlich der sowjetischen Rückgabeaktion von Beutekunst 1958/59 nach Potsdam kam, konnten in den Beständen identifiziert und restituiert werden. In den vergangenen drei Jahren wurden 70 Kunstwerke an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurück gegeben.

Anfragen jüdischer Alteigentümer bzw. von deren Erben wurden in den ersten Jahren nach der Wende nicht an die Stiftung herangetragen. Die Provenienzforschung der vergangenen drei Jahre eruierte in Selbstinitiative bislang acht Fälle NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kunstgutes in den Beständen der SPSG."