Kronschatz der Hohenzollern geht auf Reisen

Fortgang der Sanierungsarbeiten im Schloss Charlottenburg erfordert Auslagerung der Hoftafel- und Silberkammer - Kostbare Schätze noch bis 02.11.2008 in Charlottenburg zu sehen

"Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) setzt die bauliche Instandsetzung des Schlosses Charlottenburg fort und wird mit dem letzten Bauabschnitt der Dachsanierung des östlichen Seitenflügels des Alten Schlosses ab November 2008 beginnen. Die vorgesehenen Maßnahmen umfassen die Schwammbeseitigung der befallenen Dach- und Mauerwerksbauteile. Zudem werden die Gesimsverankerungen (Verbindung von Dachkonstruktion und Mauerwerkswänden) saniert. Mit der Dachsanierung einher geht die Herrichtung und anschließende Neugestaltung der darunter liegenden Räume, in der das Kronkabinett sowie die Hoftafel- und Silberkammer der Hohenzollern untergebracht sind. Geplant ist, die in insgesamt vier Baubschnitte gegliederte Maßnahme im Herbst 2010 abzuschließen. Die Gesamtbaukosten belaufen sich auf rund 1,5 Mio. Euro, zzgl. Kosten für den Umbau der Ausstellungsräume. Im Planbereich Charlottenburg arbeitet die SPSG derzeit außerdem an der Hüllensanierung des Neuen Pavillons sowie an der Erneuerung der Sicherheitszentrale und Serviceeinrichtungen. Beide Projekte, die u.a. aus EFRE-Mitteln und privaten Zuwendungen finanziert werden, können noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Während der Sanierung des Daches über der Silberkammer ist es notwendig, die Räume für den Besucherverkehr zu schließen. Im Oktober haben die Besucher noch einmal die Möglichkeit, die Porzellan- und Silberschätze in ihrer jetzigen Zusammenstellung zu besichtigen. Der letzte Tag, an dem die Kunstwerke zu sehen sein werden, ist der 2. November 2008.

Zwischenzeitliche Präsentation in anderen Schlössern

Nach Schließung der Charlottenburger Schatzkammer sollen die dort ausgestellten Kunstwerke nicht komplett in den Depots verschwinden. Die SPSG plant, einige der bedeutendsten Objekte vorübergehend in kleineren, thematisch gegliederten Gruppen in anderen Schlössern zu präsentieren, wobei diese Interimsausstellungen auf die Historie bzw. die königlichen Bewohner des jeweiligen Hauses abgestimmt sind.

Als erster Höhenpunkt sollen ab dem 18. Januar 2009 die Kroninsignien, gemeinsam mit einigen der wichtigsten hohenzollernschen Münzhumpen, in das Schlossmuseum Oranienburg gelangen. Hier, im Schloss seiner Mutter, hielt sich Friedrich III./I. nach umfangreichen Umbau- und Erweiterungsarbeiten sehr häufig auf. Neben Charlottenburg und Schönhausen spielte Oranienburg eine wichtige Rolle u.a. beim Empfang ausländischer Gesandter und wurde mehrmals bei großen höfischen Festen mit einbezogen. Das Datum 18. Januar 2008 wurde mit Bedacht gewählt: An diesem Tag jährt sich zum 308. Mal die Krönung des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. zum König Friedrich I. in Preußen. Nach dem Krönungsakt im preußischen Königsberg kehrte Friedrich damals nicht sofort nach Berlin zurück, sondern verbrachte mehrere Wochen u.a. auch in Oranienburg, bevor er im Mai 1701 mit einem prächtigen Festakt in seine Residenz Berlin einzog. Nach Oranienburg waren schon die ersten Gesandten anderer Höfe gekommen, um Friedrich zur neu erlangten Königswürde zu gratulieren. Die Präsentation der Kroninsignien im Schloss knüpft an dieses Ereignis an. Gezeigt werden neben den beiden goldenen Kronkarkassen für König und Königin, Zepter, Reichsapfel, Reichsschwert und Reichssiegel auch einige Münzhumpen aus dem Silberschatz. Die prächtigen Gefäße sind mit silbernen Münzen und Medaillen dekoriert, deren inhaltliches Programm vom Stolz und Selbstbewusstsein Friedrichs III./I. zeugen. Bei feierlichen Anlässen dienten sie als "Willkomm".

Eine zweite Schau soll im Juni 2009 im Schloss Babelsberg eröffnet werden. Das Sommerschloss Wilhelms I. von Preußen eignet sich hervorragend, um den Bestand des Tafelsilbers aus seiner Epoche konzentriert vorzustellen. Alle wichtigen Aufträge des Hofes gingen an Johann George Hossauer, der, 1826 zum "Goldschmied Seiner Majestät des Königs" ernannt, die Berliner Gold- und Silberschmiedekunst fast vierzig Jahre lang prägte. Für viele seiner Silberarbeiten nach englischen und gotischen Formen lieferte Karl Friedrich Schinkel die Entwürfe. Anlässlich der Hochzeit des Prinzen Wilhelm (I.) von Preußen mit Prinzessin Augusta zu Sachsen-Weimar am 11. Juni 1829 fertigte Hossauer ein vollständiges Tafelservice, für das bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts Nachbestellungen erfolgten. Die Stiftung will die Ausstellung in Babelsberg zum Anlass nehmen, hier ergänzend zu den Tafelaufsätzen, Terrinen und Wärmeglocken in den letzten Jahren aus dem Kunsthandel erworbene Teile des Hochzeitsservices Wilhelms I. erstmals zu zeigen.

Im benachbarte Schloss Glienicke werden ab April 2009 ausgewählte Stücke aus dem Tafelsilber des Prinzen Carl von Preußen gezeigt. Erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden 20 Teile aus dem silbernen Hochzeitsservice nach Entwürfen Johann George Hossauers. In diesem Jahr erst gelang der Ankauf dieses lange als verschollen geglaubten Services. Hossauer, der zum Prinzen Carl eine persönliche Beziehung pflegte, schuf noch weitere Meisterwerke für ihn wie Weinkühler und Tafelaufsätze, die dann auf einer gedeckten Tafel im Festsaal des Schlosses Glienicke zu sehen sein werden.

Das dritte umfangreiche Hochzeitsservice, das sog. "Berliner Kronprinzensilber", für das Kronprinzenpaar Wilhelm und Cecilie wird für die Dauer der Sanierungsarbeiten in Charlottenburg einer gründlichen und sehr zeitaufwändigen Reinigungs- und Konservierungsmaßnahme unterzogen. Das ursprünglich 2694 Teile umfassende Tafelservice war ein Hochzeitsgeschenk preußischer Städte an das Kronprinzenpaar Wilhelm und Cecilie im Jahr 1905. Als letztes großes Hofsilber des 20. Jahrhunderts widerspiegelt es die traditionsbezogene und kontinuierliche Entwicklung höfischer Tafelkultur.

Geplante Neukonzeption der Hoftafel- und Silberkammer

Nach der Sanierung des Daches und der Renovierung der Innenräume wird die Silberkammer in leicht veränderter Form wieder zugänglich sein. Während zur Zeit Silber, Porzellan und Glas noch räumlich getrennt stehen und sich z.B. im Gegensatz zum Silber die Präsentation der porzellanenen Tafelservice auf jene Friedrichs des Großen beschränkt, wird die zukünftige Ausstellung in thematisch-chronologischer Gliederung insgesamt die Werke zur Tafelkultur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts berücksichtigen. Dem Besucher wird so in anschaulicher Weise der große Aufwand vermittelt, den der preußische Hof für die Pracht der Tafeln und Buffets über zweihundert Jahre lang betrieb. Diesem Bereich angeschlossen wird die "Pretiosenkammer", die mit den preußischen Kroninsignien, den Tabatièren Friedrichs des Großen, Teilen der Ordens- und Medaillensammlung sowie anderen Schätzen einen Höhepunkt bildet.

Die Präsentation weist insofern bereits auf die Einrichtung der "Königlich Preußischen Hoftafel- und Silberkammer" hin, die in einigen Jahren im Obergeschoss des westlichen Ehrenhofflügels das gesamte Spektrum der höfischen Tafelkultur in Preußen darstellen wird. Dieses Projekt gehört zu den im Rahmen des Entwicklungsplans Charlottenburg vorgesehenen Spezialsammlungen, die zusätzlich zu den königlichen Appartements und den Kunstschätzen einiger Herrscher weitere Facetten der preußischen Hofkultur darbieten. Zu diesen Spezialsammlungen gehört auch der hochkarätige Bestand an Malerei und Plastik der "Schinkelzeit", der zusammen mit ausgewählten Spitzenwerken des Kunsthandwerks dem Besucher einen Überblick über das hochentwickelte Kunstschaffen im Umkreis des Hofes jener Zeit geben wird.

Die Hoftafel- und Silberkammer der Hohenzollern

Alle wichtigen Schlösser der Hohenzollern verfügten einst über Silberkammern, in denen das kostbare Tafelgerät, Gefäße für Silberbuffets aber auch Huldigungsgeschenke, wie sie beim Regierungsantritt oder bei Hochzeiten üblich waren, aufbewahrt wurden. Ein Großteil ist den Einschmelzungen während der Schlesischen Kriege Friedrichs des Großen sowie der patriotischen Aktion "Gold gab ich für Eisen" während der napoleonischen Besetzung Preußens 1809 zum Opfer gefallen. Was sich am Ende der Kaiserzeit 1918 noch in der Silberkammer des Berliner Schlosses befand, gelangte in den Exilsitz Wilhelms II. nach Huis Doorn.

Für die ab 1993 erfolgte Einrichtung der Charlottenburger Silberkammer hat die niederländischen Stichting Huis Doorn bedeutende Stücke aus ihrer Sammlung als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt. Darunter befinden sich Münzhumpen aus dem 17. und frühen 18. Jahrhundert, Teile aus dem einzig erhaltenen silbernen Tafelservice des 18. Jahrhunderts, das Johann Christian Lieberkühn im Auftrag Friedrichs des Großen geschaffen hatte, und Prunksilber, das für Prinz Wilhelm, den späteren König und Kaiser Wilhelm I., geschaffen wurde. Mit Hilfe der Deutschen Klassenlotterie Berlin und der Ernst von Siemens Kunststiftung sowie durch den Verein der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V. und die Ehrhardt-Stiftung gelangen einige spektakuläre Erwerbungen historischer Silberobjekte aus Hohenzollern-Bestand für die Charlottenburger Silberkammer. Einen beeindruckenden Zugewinn bedeutet die Aufstellung des "Berliner Kronprinzensilbers", eine Leihgabe des Landes Berlin. An die Silberkammer schließt sich das Kronkabinett an, in dem die Reste des Hohenzollern-Kronschatzes mit Leihgaben des Hauses Hohenzollern ausgestellt sind.

Die Sammlung Dohna-Schlobitten

Das in den der Hoftafel- und Silberkammer benachbarten drei Räumen untergebrachte Inventar aus dem Schloss Schlobitten in Ostpreußen wird im Jahr 2009 ebenfalls das Schloss Charlottenburg verlassen. Der 1977 erworbene, kunstgeschichtlich bedeutende und über Generationen gewachsene Bestand aus dem Besitz der Familie Dohna wird in einem ersten Schritt ab 2009 im Schloss Schönhausen zu sehen sein, wo sie die politisch und verwandtschaftlich begründeten Beziehungen der Dohnas zum Haus Hohenzollern dokumentieren werden. Die herausragenden Werke der brandenburgisch-preußischen Kunstgeschichte umfassen u.a. Gemälde, Möbel, Tapisserien, Werke der Gold- und Silberschmiedekunst, Porzellane und Gläser. Die durch den Umzug nach Schönhausen frei werdenden Räume im Schloss Charlottenburg stehen dann ebenfalls für die neue Hoftafel- und Silberkammer zur Verfügung.

Schloss Charlottenburg

Altes Schloss

Hoftafel- und Silberkammer mit Kronkabinett: noch bis 2. November 2008

Öffnungszeiten:

bis 31. Oktober 2008: Di bis So, 10 bis 18 Uhr (Kassenschließzeit jeweils 30 Minuten früher)

ab 1. November 2008: Di bis So, 10 bis 17 Uhr (Kassenschließzeit jeweils 30 Minuten früher)

Eintritt:

10/7 Euro (mit Audioguide)"