Der Staatswagen Friedrich Wilhelms II. und seine Restaurierung

Preußischer Galawagen wird im Luisenjahr 2010 in Paretz präsentiert^

"Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) restauriert derzeit den 1945 schwer beschädigten Staatswagen Friedrich Wilhelms II., eines der wenigen erhaltenen und herausragenden Zeugnisse frühklassizistischer Wagenbaukunst in Europa. Dank der großzügigen gemeinsamen Förderung durch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam (MBS) können die Arbeiten nun zügig fortgesetzt werden.

Kronprinzessin Luise wurde 1793 mit dieser Kutsche als Braut eingeholt, um den späteren König Friedrich Wilhem III. zu heiraten. Ziel ist es, den Staatswagen als Teil des Brautinventars in einer Ausstellung zur Königin Luise der Remise ihres Sommersitzes Schloss Paretz auszustellen. Die Ausstellung findet im Rahmen der Veranstaltungen der SPSG anlässlich des 200. Todestages der preußischen Königin im Jahr 2010 statt. "Mit dieser Förderung ermöglichen wir die Wiederherstellung eines Kunstwerkes von europäischem Rang", sagte Claus Friedrich Holtmann, Vorsitzender des Vorstands der Ostdeutschen Sparkassenstiftung. " Wir finden es außerordentlich spannend, dass bei dieser Restaurierung auch die Spuren der Geschichte einschließlich der des Zweiten Weltkrieges erhalten bleiben."

Walter Schubert, Vorstandsvorsitzender der MBS in Potsdam ergänzt: "Uns liegt das Havelland sehr am Herzen. In Paretz ein solches Kunstwerk, dass auch Freunde des Reisens und der Technik begeistert, dauerhaft wieder zeigen zu können, freut uns sehr."

Der Staatswagen Friedrich Wilhelms II. (reg. 1786-1797), signiert mit "GINZROT A STRASSBURG", wurde im Revolutionsjahr 1789 gebaut. Er verkörpert somit den Anspruch auf Modernität und Repräsentation des preußischen Königtums. Friedrich Wilhelm hatte schon als Prinz von Preußen klare Stilvorstellungen, die sich deutlich vom friderizianischen Rokoko abgrenzten. Nach der Thronbesteigung von 1787 bis 1789 begann der Ausbau der repräsentativen Königskammern im Berliner Schloss, der kostbarsten Raumflucht des Berliner Frühklassizismus. Der Kauf des neuen Staatswagens ist in diesem Kontext zu sehen.

August Christian Ginzrot (1728-1806) führte in Straßburg ein über die Grenzen Frankreichs hinaus bekanntes Wagenbau-Atelier. An der Seite des Vaters arbeitete Johann Christian Ginzrot (1764-1829). Er übernahm 1789 die Leitung des Unternehmens und war später als Wagenbauinspektor am Münchener Hof tätig. Ihm wird der Entwurf des Staatswagen für den preußischen Königs zugeschrieben. Nach dem preußischen König bestellten 1790 Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen (seit 1806 König) und Graf Franz Wilhelm zu Oettingen-Baldern Galawagen bei Ginzrot zur Auffahrt bei der bevorstehende Kaiserkrönung. Ihre Anfertigungskosten beliefen sich auf nur ein Viertel der Summe des für Friedrich Wilhelm II. gebauten Wagens (6286 Reichstaler). Beeindruckend schon in seiner Größe (Höhe: 3,05 m; Länge: 5,25 m, Breite 2,10 m) und ausgeziert mit Symbolen der Macht und Würde (Adler, Kronen, Armaturen) erwies man einem solchen Wagen, auch wenn er leer auffuhr, die Referenz.

Vermutlich repräsentierte Preußen mit dem "Straßburger Paradewagen", wie er in den Marstall-Inventaren genannt wird, zur Kaiserkrönung in Frankfurt im Jahr 1790. Als Brautwagen der Kronprinzessin Luise kam er am 22. Dezember 1793 erstmals nachweislich in Berlin zum Einsatz. Auch in den kommenden Jahrhunderten diente er dem Königshaus zur Brauteinholung und für Trauerprozessionen. Höhepunkt war sein Einsatz als Krönungswagen bei den Krönungsfeierlichkeiten Wilhelms I. und seiner Gemahlin Augusta im Jahr 1861. Wie kein anderer verkörperte er den Machtanspruch Wilhelms I. und blieb bis zum Ende der Monarchie der "Galawagen Nr. 1" des Berliner Marstalles. Seit 1902, zuvor ein letztes Mal in Stand gesetzt, konnte er in der neu eingerichteten Galawagenhalle im Marstall des Berliner Schlosses besichtigt werden. Durch Fürsprache des preußischen Finanzministeriums entging er den nach Auflösung des Marstalles groß angelegten Verkaufsauktionen und wurde seit 1927 im Hohenzollernmuseum im Schloss Monbijou in Berlin gezeigt. Während des Krieges im Marstall des Babelsberger Schlosses ausgelagert, wurde er erst in den Nachkriegsmonaten 1945 von Soldaten der sowjetischen Armee schwer beschädigt.

Zweifellos bezieht der Staatswagen Friedrich Wilhelms II. seine kunsthistorische Bedeutung aus seiner frühklassizistischen Formvollendung. Zugleich aber ist er als Herrschaftssymbol wie kein anderer Galawagen des Hofes in seiner Nutzungsgeschichte, mit den sich daraus ergebenen Überarbeitungen an konkrete Ereignisse der preußischen Geschichte gebunden.

Die Restaurierung des Staatswagens Friedrich Wilhelms II.

Arbeiten der verschiedensten Gewerke der Restauratoren für Holz, Fassung, Metall, Textilien und Leder sowie kunsthistorische, geschichtliche und denkmalpflegerische Aspekte fließen bei diesem Projekt zusammen.

Nach einer detaillierten Bestandsaufnahme durch die Restauratoren der SPSG erfolgten bis 2001 konservatorische Maßnahmen zur Substanzsicherung und eine Rekonstruktion der für den Aufbau notwendigen Teile. In diesem fragmentarischen Zustand wurde der Wagen 2001/2002 in einer Ausstellung und 2003 im Rahmen eines internationalen Fachkolloquiums vorgestellt. Im Ergebnis wurde das Konzept für die Restaurierung des preußischen

Staatswagens entwickelt.

Ziel ist es zum einen den repräsentativen Charakter des Wagens als Staatsinsignie und Denkmal der Wagenbaukunst wieder erstehen zu lassen. Das schließt Rekonstruktionen zur visuellen Verständlichkeit und Ablesbarkeit von Funktion und Dekor ein. Zum anderen gilt es, ein kriegsversehrtes Geschichtsdenkmal zu bewahren, an dem die Spuren der Geschichte auch ablesbar bleiben.

Bei jedem Restaurierungsschritt bedarf es einer ständigen Abstimmung zwischen den verschiedenen Gewerken. Anwendung hoher Handwerkskunst bei gleichzeitigem Erhalt von Beschädigungsspuren ist bei der Restaurierung von kunsthandwerklichen Objekten bisher kaum praktiziert worden und bedeutet daher einen Spagat für die verantwortlichen

Restauratoren - insbesondere wenn neben der Konservierung gleichzeitig eine materialgerechte Rekonstruktion in guter Handwerkstradition gefordert ist.

Durch das jetzt - Dank der Förderung durch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die MBS - ermöglichte Wiederherstellen des Staatswagens soll die historische Bedeutung der repräsentativen Kutsche wieder erlebbar werden.

Aktuell arbeiten die Restauratoren an den Dachaufbauten, die einst die Silhouette des Wagens bestimmten. Die ursprünglich vergoldeten Schnitzereien sollen zurückhaltend gefasst werden im Einklang mit der vorsichtigen Retusche der Farbfassung am Wagenkasten. Damit die in Holz nachgeschnitzten Teile als Rekonstruktionen erkennbar bleiben, aber nicht im Vordergrund stehen, müssen Probefassungen angefertigt werden. Die Art der Farbfassungen hat Auswirkungen auf die textile Ausstattung, die nur noch in Fragmenten vorhanden ist. Ziel ist es, möglichst alle Fragmente, die zum Wagen gehören, wieder dort zu platzieren. Der repräsentative Charakter des Staatswagens sollte nicht nur durch seine Silhouette, sondern auch durch seine ehemals reiche Ausstattung erreicht werden."