Heitere Antike im Marmorpalais

Der Kloebersaal im Nordflügel ist nach seiner Wiederherstellung erstmals für das Publikum geöffnet

"Fernsehmoderator Günther Jauch gab mit einer Spende von rund 155.000 Euro den Anstoß für die Wiederherstellung des Kloebersaales im Nordflügel des Marmorpalais. Mit der Eröffnung des Kloebersaales im Juni 2003 werden auch das kleine Kabinett, der Vorraum und der Korridor fertiggestellt und mit dem Rundgang im Hauptgebäude des Marmorpalais verbunden sein.

Die Restaurierungskosten im Kloebersaal betrugen 412.300 Euro, die Wiederherstellung des gesamten Nordflügels kostet rund 3,5 Millionen Euro. Die Restaurierung der restlichen acht Räume des Nordflügels soll bis 2004 abgeschlossen sein. Die Arbeiten am gesamten Marmorpalais (rund 16 Millionen Euro) sollen bis 2015 abgeschlossen sein.

Nach Grundsanierungen in den 1990er Jahren begannen 2002 im Nordflügel des Marmorpalais intensive Restaurierungsarbeiten. Vor den Arbeiten an der Decke mit ihrer aufwendigen Kuppelkonstruktion und dem Oberlicht mussten zunächst die Deckenbalken dekontaminiert werden, bevor die raffinierte Oberlichtkonstruktion eingesetzt werden konnte. Durch geätztes Glas fällt Tageslicht ein, das jetzt zum Schutz der Gemälde durch Stahllamellen abgelenkt wird. Die restliche Rekonstruktion orientierte sich an originalen Vorlagen wie historischen Aufnahmen, Planzeichnungen, Abrissfragmenten und Zustandsbeschreibungen. In einer Inventarangabe von 1882 heißt es: "Der Alkoven ist durch zwei Säulen und Pfeiler von gelbem Stuck von dem Zimmer getrennt und es sind die Wände desselben violett auf Papier gestrichen. Der Fußboden ist in Weißbuchen, Rüstern und Mahagoniholz sternförmig ausgelegt".

Bei der Einrichtung eines Kinosaals für das Armeemuseum hatte man 1961 auch die Stuckmarmorsäulen und Alkovenwände aus dem Raum entfernt und zur Anbringung von Holzlatten und Gipskarton Löcher in die Wände gebohrt. Der Fußboden aus Tafelparkett wurde durch einen Betonestrich mit aufgeklebtem Fischgrätparkett ersetzt.

Zu den Rekonstruktionsarbeiten gehörten nun auch der Wiederaufbau der Fachwerkwände am Alkoven sowie der gelben Stuckmarmorsäulen und -pfeiler. Für den Stuckmarmor wurden Gips, Leim und Pigment zu einer Masse geformt und anschließend aufgeschnitten. Scheibenweise brachten die Restauratoren die Masse auf einen Eichenholzkern auf, anschließend wurde geglättet, mehrfach gespachelt und nach dem Trocknen auf Hochglanz geschliffen.

Erhalten war eine Reihe von Originalteilen aus dem Kloebersaal. Dazu zählen der "Kamin von schwarzem gelb geaderten Marmor, mit grauem Sockel und Schutzblech von Metall" (1882) und wieder aufgefundene Stücke wie Türblätter oder Teile des furnierten Sockelpaneels. Die Fehlstellen im Stuckgesims - Blattverzierungen und Karyatiden - wurden ausgefüllt, die Voutenmalerei ergänzt und die Supraporte restauriert.

DIE GEMÄLDE IM KLOEBERSAAL

Die Restaurierung von vier im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten Wandgemälden vollendet die Wiederherstellung des Kloebersaals, des gestalterisch anspruchsvollsten Interieurs im Nordflügel des Marmorpalais. August von Kloeber (1793-1864) schuf die Werke zwischen 1845 und 1847.

"Bacchus“, der Gott des Weines und der Fruchtbarkeit, hat zusammen mit Ariadne seinen von Panthern gezogenen Triumphwagen verlassen und feiert, umringt von weinseligen Verehrern, ein rauschendes Bacchusfest.

„Apollo“, der Gott des Lichtes und Beschützer der Künste, greift in die Leier und lehrt die Hirten Musik.

Der „Traum“, hinter dem eine mit chimärenhaften Figuren besetzte Gloriole erstrahlt, nähert sich dem Betrachter in ganzer Frontalität.

„Venus“, die Göttin der Schönheit und der Liebe, entsteigt auf einer von Tritonen und Nereiden getragenen Muschel dem Meere.

Das Gemälde der „Schlaf“, der seine Augen gesenkt hat und in einer Hand Mohnstengel hält, gilt heute leider als vermisst.

Die Gemälde knüpfen thematisch an die um 1790 von Christian Bernhard Rode und Johann Christoph Frisch im Hauptbau des Marmorpalais geschaffenen Deckenmalereien an, in denen die antiken Götter als gütige Lenker von Natur und Menschenwerk auftreten. Dies entsprach dem Charakter und der Lage des Schlosses, aber auch dem künstlerischen Temperament von Kloeber.

Der in Breslau geborene Maler wurde im Alter von zwölf Jahren auf die Berliner Kadettenanstalt geschickt, die er jedoch 1806 verlassen konnte. 1808 trat Kloeber in die Breslauer Bau- und Gewerbeschule ein, von der er 1812 zur Berliner Akademie wechselte. 1814 zog er als Freiwilliger Jäger mit den siegreichen Truppen der Alliierten in Paris ein und bekam so Gelegenheit, im Louvre die in ganz Europa geraubten Gemälde, vor allem die Werke Raffaels, zu sehen.

Ein Studienaufenthalt führte ihn anschließend nach Wien und zu einer Begegnung mit Beethoven, der dem jungen Maler Modell saß für ein später berühmt gewordenes Porträt. 1818 wurde Kloeber auf Veranlassung Schinkels nach Berlin berufen und zur Ausmalung des neu erbauten Schauspielhauses am Gendarmenmarkt herangezogen. In dieser Zeit begann auch seine Zusammenarbeit mit der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin, für die er bedeutende Entwürfe lieferte.

Staatliche Unterstützung ermöglichte ihm 1821 die ersehnte Reise nach Italien. Für das 1823 dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.) und seiner Braut Elisabeth von Bayern zur Vermählung von preußischen und bayerischen Künstlern aus Rom übersandte Album leistete auch er mit einer sorgfältig gezeichneten Szene aus der Odyssee einen Beitrag. 1828 nach Berlin zurückgekehrt, erhielt Kloeber 1829 die Mitgliedschaft in der Akademie und 1834 eine Professur. Seit 1854 war er Leiter der Klasse für Komposition. Kloeber zählte zu den Künstlern, die sich der besonderen Gunst Friedrich Wilhelms IV. erfreuten.

Kloeber wurde zum konkurrenzlosen Vertreter des mythologischen Historienbildes in Berlin - unberührt vom romantisch-religiösen Geist der Nazarener und fern auch von der gedankentiefen, an einem idealen Griechentum orientierten Bildwelt, die Schinkel in seinen Entwürfen für die Ausmalung des Museums am Berliner Lustgarten als großartiges Vermächtnis hinterlassen hatte.

Kloebers Werke, durch schöne Linien und lichte Farbharmonien gekennzeichnet, zeigen die Antike fast immer als heiter gestimmte Gegenwelt, was ihm den Beifall des Publikums sicherte. In diesem Sinne schuf er auch allegorische Raumdekorationen, zum Beispiel in der königlichen Loge des Opernhauses Unter den Linden und in der Berliner Börse. Daneben bemühte er sich auf Anregung Friedrich Wilhelms IV. um die Entwicklung der Emailmalerei auf Lava, einer 1827 in Frankreich erfundenen Technik zur Herstellung besonders haltbarer und damit für den Schmuck von Außenwänden geeigneter Bilder. Beispiel von Kloebers Hand ist die Christuspforte am Potsdamer Marlygarten.

Zur Restaurierung der Kloeber-Gemälde

Während drei Bilder rechtzeitig zur Eröffnung des Kloebersaales an ihren angestammten Platz zurückkehrten, wird die „Venus“ wegen der enormen Bildgröße - rund 3 x 5 Meter - direkt vor Ort restauriert. Diese öffentliche Restaurierung ab dem 10. Oktober 2003 wird dem Kloebersaal eine zusätzliche Attraktivität verleihen.

Nach dem Brand, den eine Bombe 1944 ausgelöst hatte, gelangten die vier geretteten Bilder unterschiedlich schwer beschädigt in das Depot der Schlösserverwaltung im Neuen Palais. Feuer, Ruß und Löschwasser hatten ihre Spuren hinterlassen, überall zeigten sich Brandblasen und Verwerfungen, Laufspuren, Risse, Fehlstellen und grobe Kittungen mit Retuschen von früheren Restaurierungen. Zwei der auf Leinwand ausgeführten Gemälde waren, bedingt durch ihre Größe, bei der Bergung aus ihren Rahmen herausgeschnitten worden, weil sie nicht durch die Tür gepasst hätten. So haben das Aufrollen und Knickungen zusätzliche Schäden verursacht.

Die Arbeit der drei freiberuflichen Restauratorenteams dauerte gut ein Jahr. Die Leitung hatte Bärbel Jackisch, Leiterin der Potsdamer Gemälderestaurierungs-Werkstatt. Zu den wichtigen Arbeiten gehörten reinigen, die Malschicht festigen, Wachsschichten und frühere Retuschen und Kittungen entfernen, ehe durch neue Farbretuschen die vielen Fehlstellen geschlossen werden konnten. Das „Apollo“-Gemälde wies die größte Fehlstelle auf: Im linken oberen Eckbereich fehlte die komplette Farbschicht auf einer Fläche von etwa 1m². Auch bei der „Venus“ sind 30 Prozent der Malschicht verloren. Als Vorlagen dienten die vor den Kriegszerstörungen angefertigte Messbilder, besonders auch durch Detailvergrößerungen. Sogar für die Farbigkeit gibt es verlässliche Zeugen: kleinformatige Ölskizzen aus Kloebers Hand, die in der Aquarellsammlung der Königin Elisabeth erhalten blieben.

Den inneren Teil des 1944 vernichteten Deckengewölbes hatte August von Kloeber mit den Mitteln der Illusionsmalerei als offene, von Putten und Vögeln bevölkerte Loggia gestaltet. Während die erhaltenen Kloeber-Wandgemälde an ihren angestammten Platz zurückkehren können, ist die Wiederherstellung dieser Deckenmalerei vorerst nicht geplant."