Ausstellung im Neuen Palais, Potsdam
16. Juni bis 12. November 2018
Vor 100 Jahren, im November 1918, endete mit der Abdankung Kaiser Wilhelms II. die preußische Monarchie. Der Zusammenbruch des Deutschen Kaiserreichs hatte weitreichende Folgen für Politik, Gesellschaft und die königlichen Schlösser und Gärten, wobei dem Neuen Palais eine besondere Rolle zukam. Bereits seit 1889 war das friderizianische Gästeschloss die bevorzugte Residenz Wilhelms II. Auch während des Ersten Weltkriegs blieb das Neue Palais sein heimatlicher Aufenthaltsort. In den Tagen der Novemberrevolution 1918 wurde das Schloss zu einem Hauptschauplatz des Übergangs von der Monarchie zur Republik.
Das Neue Palais war neben dem Berliner Schloss der bevorzugte Wohnsitz des Kaisers. Während sich Wilhelm II. im November 1918 im Großen Hauptquartier im belgischen Spa aufhielt, blieb seine Gemahlin Auguste Victoria bis Ende des Monats im Neuen Palais. Am Vormittag des 9. November 1918 hatte Reichskanzler Max von Baden die Abdankung Wilhelms II. verkündet. In den Mittagsstunden dieses Tages wurde die Standarte der Kaiserin von Angehörigen des Arbeiter- und Soldatenrates von der Kuppel des Kolonnadenbogens gegenüber dem Neuen Palais eingeholt. Dieser Akt war das erste sichtbare Zeichen der Zeitenwende auf dem sonst ruhigen Schlossareal am westlichen Rand des Parks Sanssouci.
Die Ausstellung umfasst 15 Stationen, die in den Besucherrundgang integriert sind. Eine Station erläutert die Bedeutung des Privatgartens des Kaiserpaares und ist in der Nähe des Antikentempels platziert. Briefauszüge, Listen der Einrichtungsgegenstände, die ins holländische Exil transportiert wurden und Fotografien sowie bedeutende Leihgaben aus dem niederländischen Exilort Huis Doorn vermitteln am authentischen Ort Stimmungsbilder. Es war eine dramatische Phase, in denen die Koffer gepackt, über Kunstwerke verhandelt, der Hofstaat versorgt und das Schloss neu organisiert werden mussten.
Nach "Der Traum vom Orient" im Jahr 2005 thematisiert die SPSG im Neuen Palais erneut die Kaiserzeit in einer Ausstellung. Die Relikte der kaiserlichen Nutzung im Palais werden hervorgehoben oder gezeigt und ihre Bedeutung im Zusammenhang mit den Veränderungen 1918 kommentiert. So kehren beispielsweise aus Huis Doorn einige Uniformen Wilhelms II. zurück; ein Uniformrock kann an den erhaltenen, original beschrifteten Garderobenhaken gehängt werden. Auch der neubarocke Schreibtisch des Monarchen wird 100 Jahre nach seinem Abtransport aus dem Neuen Palais wieder im ehemaligen Arbeitszimmer des Kaisers aufgestellt. Der große "Juwelenschrank" der Kaiserin, Möbelstücke und ein Gemäldezyklus beleuchten die verschiedenen Aspekte der Vermögensauseinandersetzung. Kaiserliches Porzellan, Brotmarken des "Steckrübenwinters" für die hungernde Bevölkerung, ein von Revolutionären beschädigtes Porträt Kaiser Wilhelms II. zeugen anschaulich von den dramatischen Umbrüchen dieser Zeit.
Erstmals wird die verborgene Lebenswelt der Hofdienerschaft an mehreren Beispielen vorgestellt. Zu diesem Bereich gehört der Anrichteraum, in dem die Speisen und Getränke für die kaiserliche Tafel vorbereitet wurden. Wilhelm II. ließ in die friderizianische Wandtäfelung mehrere Schränke einbauen. Einer dieser Schränke wird mit Porzellanen der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin (KPM) bestückt. Schließlich wird auch erzählt, was mit der Hofdienerschaft geschah, deren Mitglieder durch den politischen Umbruch ihre Arbeit verloren hatten.
Bei der Herausgabe der Einrichtungsgegenstände aus den preußischen Schlössern zeigte sich die neue preußische Staatsregierung großzügig. In den Jahren 1919 und 1920 wurden sechs Transporte mit Kunst- und Haushaltsgegenständen aus dem Berliner Schloss, dem Schloss Bellevue und dem Neuen Palais in die Niederlande verbracht. Die Freigabe des Vermögens war auf der Grundlage der Verordnung vom 28. November 1918 erfolgt, in der Wilhelm II. seinen Thronverzicht in der Erwartung vollzogen hatte, dass der Staat große Teile des Vermögens frei gibt. Im Einzelnen bestanden die Transporte aus 36 Möbelwagen, die auf 33 Eisenbahnwaggons verladen wurden. Hinzu kamen 30 Waggons mit Kunstwerken wie Gemälden, Porzellan und Silber. Eine zweite und noch viel umfangreichere Welle des Verlustes an Inventar hatte das Neue Palais im Oktober 1925 zu verzeichnen. Der Vertrag der Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Preußischen Staat und dem vormaligen Königshaus legte fest, dass dem Haus Hohenzollern alle von Wilhelm II. erworbenen Gegenstände, alle Objekte von familiengeschichtlichem Wert, sowie persönliche Gebrauchsgegenstände überlassen werden. Die Anzahl der Gegenstände, die das Neue Palais im Herbst 1925 verließen, übertraf die Zahl der 63 Eisenbahnwaggons aus den Jahren 1919 und 1920 bei weitem.
Von 1918 bis 1927 dauerten die Verhandlungen, in denen die Besitzverhältnisse zwischen dem früheren Königshaus und dem preußischen Staat neu geregelt werden mussten. Schließlich wurde ein Gesetz verabschiedet, das unter anderem die Gründung der "Preußischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten", Vorläufer der heutigen Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, zum 1. April 1927 festlegte: Die Abdankung des Kaisers bedeutete für die Nutzung des Neue Palais eine Zäsur. Aus Königsschlössern wurden Museen für jedermann.
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Brandenburg-Preußen Museum, Wustrau
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